Verfahrensgang

LG Konstanz (Aktenzeichen 9 O 40/17 KfH)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Konstanz - Außenstelle Villingen-Schwenningen - vom 09.08.2018, Az. 9 O 40/17 KfH, wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Dieses Urteil und das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Konstanz - Außenstelle Villingen-Schwenningen - sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 13.293,59 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um die Rückzahlung an den Beklagten als Kommanditisten der Insolvenzschuldnerin geleisteter Ausschüttungen, welche der klagende Insolvenzverwalter zur Erfüllung einer Gewerbesteuerverbindlichkeit der Insolvenzschuldnerin aus der Veräußerung des durch diese betriebenen Containerschiffes mit Zustimmung des Klägers vor Eröffnungsbeschluss verwenden will.

Mit dem angefochtenen Urteil, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe für den Sach- und Streitstand im ersten Rechtszug und die getroffenen Feststellungen Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen, da die im Grundsatz gegebene Haftung des Beklagten aus §§ 171 Abs. 2 HGB, 93 InsO die vorliegende, durch den Insolvenzverwalter begründete Masseverbindlichkeit nicht erfasse.

Der berufungsführende Kläger hält die Behandlung der Gewerbesteuerverbindlichkeit der Insolvenzschuldnerin gegenüber dem Finanzamt B. als Masseverbindlichkeit i.S.d. § 55 Abs. 4 InsO, für welche der Beklagte als Kommanditist nicht hafte, für rechtsfehlerhaft. Die in den Urteilsgründen zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 24.09.2009 - IX ZR 234/07 - sei zu § 93 InsO und der Frage der Haftung von Gesellschaftern einer OHG für Verfahrenskosten i.S.d. § 54 InsO und Masseverbindlichkeiten i.S.d. § 55 Abs. 1 Nr. 1

InsO ergangen und auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar.

Zudem beruhe die Veräußerung der MS U. auf einem Beschluss der persönlich haftenden Gesellschafter als Vertreter der Insolvenzschuldnerin, welchem der Kläger als vorläufiger schwacher Insolvenzverwalter lediglich zugestimmt habe. Für diese Entscheidung der Gesellschaft im Rahmen ihrer gewöhnlichen Geschäftstätigkeit müsse der Beklagte gem. §§ 171 Abs. 2, 172 Abs. 4 HGB haften, da er insoweit nicht nach dem Maßstab der zitierten BGH-Entscheidung schützenswert sei.

Auch ergebe sich aus der gegenüber der persönlichen Haftung des OHG-Gesellschafters auf die Einlage beschränkten Haftung des Beklagten als Kommanditisten nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BGH, Urteil vom 20.02.2018 - II ZR 272/16 -), dass eine Beschränkung der Haftung nach § 172 Abs. 4 HGB vorliegend nicht in Betracht komme.

Mit der als Privilegierung des Fiskus gegenüber anderen Insolvenzgläubigern konzipierten Regelung des § 55 Abs. 4 InsO sei vom Gesetzgeber keine Entlastung der Kommanditisten durch Begrenzung ihrer Haftung nach § 172 Abs. 4 HGB beabsichtigt gewesen.

Außerdem stelle die zur Masseverbindlichkeit aufgewertete Gewerbesteuerschuld eine Altverbindlichkeit dar, für welche auch nach der BGH-Entscheidung vom 24.09.2009 eine Inanspruchnahme nach § 93 InsO bzw. entsprechend nach §§ 171 Abs. 2, 172 Abs. 4 HGB möglich wäre.

Schließlich rechtfertige die frühere Optierung der Schuldnerin für Tonnagebesteuerung zur Vermeidung der Gewerbesteuerpflichtigkeit ihrer Erträge nicht den Schutz der Kommanditisten vor der Inanspruchnahme für die Realisierung dieser nicht in der Bilanz ausgewiesenen stillen Last durch die mit der Veräußerung angefallene Gewerbesteuer.

Die sogenannte immanente Haftungsbeschränkung bei Masseschulden könne nach der Rechtsprechung des BFH auch nicht auf Steuerschulden übertragen werden (Urteil vom 28.11.2017, VII R 1/16).

Die durch das Landgericht vertretene Rechtsauffassung würde demgegenüber zu dem Ergebnis führen, dass die Forderung des Finanzamtes mangels Rückforderungsmöglichkeit bezüglich im Grundsatz wieder einforderbarer Auszahlungen nicht bedient werden, das Finanzamt seinerseits aber auch nicht gegen die Kommanditisten vorgehen könne.

Entgegen der Urteilsbegründung sei vielmehr die Gewerbesteuerforderung als Masseverbindlichkeit gem. § 55 Abs. 4 InsO nicht von der Einziehungsbefugnis des Klägers ausgeschlossen, welcher mit der Befugnis nach § 171 Abs. 2 HGB alle den Gesellschaftsgläubigern zustehenden Rechte ausüben könne, da Forderungen des Finanzamtes auf Inanspruchnahme von Kommanditisten der Schuldnerin nicht durch die als Privilegierung konzipierte Vorschrift des § 55 Abs. 4 InsO abgeschnitten werden sollten.

Auch eine etwaige Masseunzulänglichkeit hindere den Kläger nicht an der Geltendmachung dieser Ansprüche (OLG München, Urteil vom ...

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