Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachbarrechtlicher Anspruch auf Kürzung von Gehölzen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Höhenbeschränkung in § 16 Absatz 1 Nr. 1, 2 und 4 des baden-württembergischen Nachbarrechtsgesetzes (NRG) bezieht sich nur auf die in der jeweiligen Ziffer bezeichneten Gehölzarten. Andere, artgemäß größere Gehölze unterliegen, sofern sie im zu geringen Grenzabstand stehen, zwar einem verjährbaren Beseitigungsanspruch, nicht aber dem unverjährbaren Kürzungsanspruch.

2. Maßgeblich für die Höhenbeschränkung gemäß § 16 NRG ist die Höhe der Pflanze, gemessen ab deren Austritt aus dem Boden. Auf das Niveau des tiefer gelegenen Nachbargrundstücks kommt es nicht an.

 

Normenkette

NRG BW §§ 16, 22, 26

 

Verfahrensgang

LG Heidelberg (Urteil vom 05.09.2022; Aktenzeichen 5 O 170/18)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Heidelberg vom 05.09.2022, Az. 5 O 170/18, wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagten haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Heidelberg ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten in einem Nachbarschaftsverhältnis.

Die Beklagten sind Eigentümer des Hausgrundstücks L-Straße 14, der Kläger ist Eigentümer des Nachbargrundstücks L-Straße 12 in Heidelberg. Die Gärten der streitgegenständlichen Grundstücke grenzen in Hanglage unmittelbar aneinander und werden durch einen Maschendrahtzaun abgegrenzt. Das Grundstück der Beklagten liegt tiefer. lm Grenzbereich besteht eine Bepflanzung mit verschiedensten Gewächsen. Gegenstand des Berufungsverfahrens sind lediglich noch zwei Anträge der Widerklage:

Die Beklagten und Widerkläger haben hierzu erstinstanzlich vorgetragen:

Im Abstand von weniger als einem Meter zur Grundstücksgrenze auf Klägerseite befänden sich einige Gehölze, bei denen es sich um mehrere Meter hohe Bäume handele. lnnerhalb von 1 bis 3 Metern stünden weitere Bäume, die eine Höhe von 4 Metern überschritten hätten. Hinsichtlich der Gehölze bestünden Rückschnittansprüche. Dabei sei insbesondere das Niveau der betroffenen Grundstücke zu berücksichtigen und ein Höhenunterschied miteinzubeziehen. Rückschnittansprüche seien ferner auch in Bezug auf die Gehölze und weiteren Gewächse gegeben, die unzulässig an dieser Stelle stünden und nicht unter die Aufzählung des § 16 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 NRG und die entsprechende Höhenbegrenzung fielen. Sofern der Anspruch auf Beseitigung verjährt sei, sei nach Ansicht der Beklagten ein Rückschnitt aber weiterhin möglich. Pflanzen, die in einem gewissen Abstand zur Grenze unzulässig seien, dürften jedenfalls nicht die für die dort zulässigen Pflanzen geltenden Maximalhöhen überschreiten.

Die Beklagten haben insoweit beantragt:

3. Der Kläger wird verurteilt, die sich auf seinem Grundstück in einem Abstand von weniger als einem Meter zur Grundstücksgrenze zum Grundstück der Beklagten befindlichen Gehölze, konkret die in der Tabelle 1 des Sachverständigengutachtens vom 13.05.2021 mit den Lfd. Nrn. 2 (Obstbaum) und 8 (Eibe) aufgeführten und in Plan 1.02 des Sachverständigengutachtens vom 13.05.2021 unter den Nrn. 2 (Obstbaum) und 8 (Eibe) eingetragenen Gehölze, auf eine Höhe von maximal 1,80 Metern, gemessen am Grundstücksniveau des nächstangrenzenden Bereichs des Grundstücks der Beklagten, zurückzuschneiden, wobei dieser Rückschnitt nicht in der Zeit vom 1. März bis 30. September zu erfolgen hat.

4. Der Kläger wird verurteilt, die sich auf seinem Grundstück in einem Abstand von mehr als einem aber weniger als 3 Meter befindlichen Gehölze, konkret die in der Tabelle 1 des Sachverständigengutachtens vom 13.05.2021 mit den Lfd. Nrn. 1 (Holunder), 3 (Eibe) und 5 (Obstbaum) und in Plan 1.02 des Sachverständigengutachtens vom 13.05.2021 unter den Nrn. 1 (Holunder), 3 (Eibe) und 5 (Obstbaum) eingetragenen Gehölze, auf eine Höhe von maximal 4 Metern, gemessen am Grundstücksniveau des nächstangrenzenden Bereichs des Grundstücks der Beklagten, zurückzuschneiden, wobei dieser Rückschnitt nicht in der Zeit vom 1. März bis 30. September zu erfolgen hat.

Der Kläger hat beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Der Kläger hat hinsichtlich der Widerklageforderungen die Einrede der Verjährung erhoben. Die Gehölze seien jedenfalls älter als zehn Jahre. Hinsichtlich der Gehölze bestreite er sowohl die Kategorisierung, als auch die Abstände zur Grenze und die behaupteten Höhen. Ein etwaiger Rückschnittsanspruch habe sich hinsichtlich der Höhe des Gewächses an der Austrittshöhe zu orientieren, mithin die Pflanze vom Boden ab zu messen. Ein Geländeunterschied sei nicht zu berücksichtigen. Ferner würden einige Bäume der Baumschutzsatzung der Stadt Heidelberg unterliegen, die einem Rückschnitt entgegenstehe.

Das Landgericht hat den Widerklageanträgen zu 3. und 4. auf Rückschnitt mehrerer Gehölze nur teilweise stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Dabei hat es den Anspruch auf Rückschnitt von zwei...

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