Entscheidungsstichwort (Thema)
Umgehung des Konkurrenzschutzes bei Gewerberäumen. Forderung und Feststellung
Leitsatz (redaktionell)
1. Die vertragliche Bestimmung des Verwendungszwecks von Gewerberäumen verpflichtet den Vermieter auch ohne eine entsprechende Schutzklausel, nach Treu und Glauben dafür zu sorgen, dass die Geschäftstätigkeit nicht durch den Wettbewerb eines anderen Mieters im selben Haus beeinträchtigt wird.
2. Der Mieter hat Gewährleistungsansprüche und ist insbesondere zur Minderung berechtigt, soweit und solange er einer Konkurrenz im eigenen Haus ausgesetzt ist.
3. Handelt es sich beim Vermieter um eine juristische Person, muss bei der Inhaltsbestimmung von Verträgen ggf. über die rechtliche Verschiedenheit zwischen juristischer Person und den hinter ihr stehenden Personen hinweggegangen werden, wenn deren Betonung rechtsmissbräuchlich wäre (Zulassung des Durchgriffs).
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des Landgerichts Offenburg vom 10.1.1986 wie folgt teilweise abgeändert:
a) Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin DM 2.858,55 nebst 8% Zinsen aus DM 1.429,27 seit dem 5.9.1985 und aus DM 1.429,28 seit dem 6.9.1985 zu bezahlen.
b) Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, für die im Anwesen … im Erd- und Untergeschoß gelegenen Räumlichkeiten
für die Zeit vom 1.10.1985 bis zum 31.7.1986 einen monatlichen Mietzins von DM 2.728,75,
für die Zeit vom 1.8.1986 bis 31.7.1987 einen monatlichen Mietzins von DM 2.655,–,
für die Zeit ab dem 1.3.1987 für die Dauer des Mietvertrages zwischen den Parteien einen monatlichen Mietzins in Höhe von DM 2.581,25 netto
bzw. den im Falle einer Veränderung des Preisindexes für die Lebenshaltung um mehr als 10 Punkte nach oben oder unten gemäß § 6 des Mietvertrages neu festzusetzenden Mietzins, jeweils zuzüglich Mehrwertsteuer nach dem jeweils geltenden Steuersatz, zu bezahlen; die diesen Mietzinsbeträgen zugrunde liegende Minderung des Mietzinses ausgehend von einem Ausgangsbetrag von DM 2.950,– netto greift nur Platz, soweit im Anwesen … ein weiterer Gaststättenbetrieb betrieben wird.
c) Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des Landgerichts Offenburg vom 10.1.1986 wird zurückgewiesen.
2. Von den Kosten des Rechtsstreits – in beiden Rechtszügen – haben die Klägerin 2/9 und die Beklagte 7/9 zu tragen.
3. Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von DM 16.000,– vorläufig vollstreckbar, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Das Urteil ist für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von DM 3.500,– vorläufig vollstreckbar, sofern nicht die Klägerin vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Sicherheit kann auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft eines als Zoll- oder Steuerbürgen zugelassenen deutschen Kreditinstituts erbracht werden.
4. Die Beschwer der Klägerin im Berufungsrechtszug beträgt DM 41.398,53, die der Beklagten DM 134.150,47.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Befugnis der Beklagten, den Mietzins für Räume zum Betrieb einer Gastwirtschaft um 50% zu mindern. Mit Mietvertrag vom 14./28.5.1981 vermietete die Klägerin der Beklagten im Anwesen … in …, …, im Erdgeschoß und Untergeschoß Flächen mit ca. 157 qm und ca. 50 qm vor der Gaststätte zur Betreibung einer Gaststätte mit Biergarten sowie einen Pkw-Abstellplatz in der Tiefgarage. Der Mietvertrag wurde auf 15 Jahre fest abgeschlossen; der monatliche Mietzins sollte DM 2.950,– netto betragen zuzüglich DM 75,– für den Stellplatz. Wegen weiterer Einzelheiten des Mietvertrages wird auf I 25-33 verwiesen.
Die von der Beklagten angemieteten Räumlichkeiten stehen nicht im Eigentum der Klägerin/Vermieterin, sondern eines Herrn D., der sie der Klägerin vermietet hat. Die Klägerin ist eine GmbH, deren Stammkapital sich zu 100 % in den Händen der Wohnbau … AG (in der Folge: AG) befindet. Klägerin und AG haben denselben Geschäftssitz in …; der Geschäftsführer der Klägerin ist zugleich Vorsitzender des Vorstands der AG. Mit Wirkung vom 1.1.1985 ist zwischen den Gesellschaften ein Gewinnabführungsvertrag geschlossen (II 65). Im Rahmen des Unternehmenszwecks hält die AG grundsätzlich den Grundbesitz nebst Bauten, während die Klägerin ausschließlich Vermietungen betreibt (I 105).
Im Jahre 1984 kam der Beklagten zu Ohren, daß in den Erdgeschoßräumen des … eine weitere Gaststätte eröffnet werden solle. Mit Anwaltschreiben vom 22.8.1984 (I 81-85) wandte sich die Beklagte an die Klägerin und wies sie darauf hin, daß sie das Verhalten der Klägerin als grob vertragswidrig ansehe; rechtliche Konsequenzen wurden ausdrücklich angekündigt. Das Schreiben wurde nicht von der Klägerin, sondern von der AG mit Schreiben vom 29.8.1984 (I 87) beantwortet, in dem mitgeteilt wurde, daß die von der Beklagten gesetzte Frist zur Stellungnahme nicht eingehalten werden könne. Wegen des weit...