Leitsatz (amtlich)
Eine Bestandsstreitigkeit i.S.d. § 42 Abs. 2 GKG ist nicht gegeben, wenn der Bestand des Arbeitsverhältnisses nach den konkreten Umständen des Falles nicht in Streit steht und sich die Beauftragung des Rechtsanwalts auf die Modalitäten des Abfindungsangebots beschränkt.
Verfahrensgang
LG Mannheim (Urteil vom 31.07.2014; Aktenzeichen 3 O 59/13) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Mannheim vom 31.7.2014 - 3 O 59/13 - wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Dieses Urteil und das angefochtene Urteil des LG sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
5. Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird auf 6.884,86 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt Anwaltshonorar wegen Beratung und Vertretung in einer arbeitsrechtlichen Angelegenheit.
Die Beklagte war seit 1.7.1996 bei S.-A. beschäftigt. Im Zusammenhang mit einem geplanten Personalabbau schloss ihre Arbeitgeberin mit dem Betriebsrat Ende 2010/Anfang 2011 mehrere Betriebsvereinbarungen, die den Arbeitnehmern verschiedene Varianten einer vorzeitigen Ruhestandsregelung unter Einbeziehung einer Transfer-Gesellschaft ermöglichten (Anlage D 02). Die Beklagte signalisierte ihr Interesse an einer solchen Regelung. Mit E-Mail vom 18.3.2011 kündigte die Arbeitgeberin der - im Außendienst tätigen - Beklagten ein verbindliches Angebot zum Vorruhestand an und stellte sie von der Arbeitsleistung frei. Zugleich räumte sie der Beklagten die Möglichkeit ein, das Einverständnis mit der Freistellung zu widerrufen. Das Unternehmen werde ihr dann binnen drei Wochen einen zumutbaren Bezirk zuweisen. Das Gleiche gelte, wenn die Beklagte das Angebot eines Vorruhestands endgültig ablehne (Anlage D 01).
Am 17.3.2011 suchte die Beklagte die Kanzlei der Klägerin auf, wo sich der seinerzeit bei dieser tätige Rechtsanwalt R. ihrer annahm. Die Beklagte wünschte zumindest eine Beratung über die verschiedenen Varianten des ihr angebotenen Aufhebungsvertrages (Einmalzahlung oder monatliche Auszahlung). Im Übrigen war zwischen den Parteien erstinstanzlich streitig, welchen Auftrag die Beklagte erteilte.
Rechtsanwalt R. zeigte für die Klägerin die Vertretung der Beklagten gegenüber ihrem Arbeitgeber an (Anlage D 03). Im weiteren Kontakt der Klägerin mit der Personalabteilung der Arbeitgeberin der Beklagten wurde eine Erhöhung der ursprünglich angebotenen Einmalzahlung für den Fall des vorzeitigen Ausscheidens von 232.853,36 EUR auf 238.775,96 EUR erreicht. Im Juni 2011 unterzeichneten die Beklagte und ihre Arbeitgeberin den Aufhebungsvertrag (Anlage D 05).
Mit Datum vom 10.8.2011 rechnete die Klägerin 1,3 Geschäftsgebühr aus dem Gegenstandswert von 238.775,99 EUR ab, was einschließlich Mehrwertsteuer und Pauschale einen Rechnungsbetrag von 3.198,24 EUR ergab (Anlage D 06). Die Rechtsschutzversicherung erklärte sich lediglich bereit, einen Betrag von 250 EUR zzgl. Mehrwertsteuer zu tragen. Am 17.4.2013 stellte die Klägerin eine ergänzende Kostenrechnung, in welcher auch ihre Mitwirkung beim Abschluss der Vorruhestandsvereinbarung mit einer 1,5 Einigungsgebühr aus dem vorgenannten Gegenstandswert abgerechnet wurde, insgesamt 3.886,62 EUR (Anlage D 09).
Die Klägerin hat vorgetragen, die Beklagte habe ihr den Auftrag zur Überprüfung und Beratung hinsichtlich der verschiedenen Varianten des Vorruhestandsangebots erteilt. Über den Auftrag zur Beratung hinaus habe sie die Klägerin auch mit der Vertretung gegenüber ihrer Arbeitgeberin beauftragt. Die mit einem Satz von 1,3 in Rechnung gestellte Geschäftsgebühr sei ordnungsgemäß ermittelt, insbesondere sei der zutreffende Gebührenstreitwert zugrunde gelegt. Neben der Geschäftsgebühr habe die Beklagte auch die Einigungsgebühr zu tragen.
Die Klägerin hat beantragt:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 6.884,86 UER nebst Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz jeweils aus 3.198,24 EUR seit dem 11.9.2011 sowie aus 3.686,62 EUR seit Rechtshängigkeit der Klage zu bezahlen.
Die Beklagte hat Klagabweisung beantragt.
Sie hat behauptet, sie habe lediglich den Auftrag zu einer Beratung erteilt und auch dies nur in dem Umfang, wie die Kosten durch ihre Rechtsschutzversicherung gedeckt seien. In jedem Fall sei der Gebührenstreitwert bei Bestandsstreitigkeiten - wie hier - nach § 42 Abs. 3 GKG a.F. auf maximal drei Monatsgehälter (= 16.037,16 EUR) gedeckelt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Tatbestand des angegriffenen Urteil nebst in Bezug genommener Anlagen verwiesen.
Das LG hat der Klage nach informatorischer Anhörung der Beklagten, Vernehmung des Zeugen A. R. sowie Einholung eines Gutachtens der Rechtsanwaltskammer Zweibrücken über die Angemessenheit des Faktors von 1,3 für die Geschäftsgebühr im Wesentlichen stattgegeben. Insbesondere habe es sich um keine Bestandsstreitigkeit i.S.d. § 42 Abs. 3 GKG a.F. gehandelt.
Hinsichtlich der Ausführungen des LG im Einzelnen wird auf die Ent...