Entscheidungsstichwort (Thema)
Schadensersatz
Verfahrensgang
LG Freiburg i. Br. (Urteil vom 12.05.1995; Aktenzeichen 1 O 62/95) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Freiburg vom 12.05.1995 – Az. 1 O 62/95 – wie folgt abgeändert:
Es wird festgestellt, daß die Beklagte aufgrund des Unfallereignisses vom 19.10.1992 zum Nachteil des Johann B. auf dem Treppeneingangsbereich des Wohnhauses B.weg … in … F. der Klägerin Versicherungsschutz zu gewähren hat.
2. Die Beklagte trägt die Kosten beider Instanzen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann jedoch die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von DM 6.000,00 abwenden, wenn nicht die Klägerin vor Beginn der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. In beiden Fällen kann die Vollstreckung auch durch unbedingte und unbefristete selbstschuldnerische Bürgschaft eines im Inland als Zoll- und Steuerbürge zugelassenen Kreditinstituts erbracht werden.
4. Die Revision wird zugelassen.
5. Der Streitwert des Berufungsverfahrens und die Beschwer der Beklagten betragen DM 12.600,00.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von der Beklagten Gewährung von Versicherungsschutz aus einer bei dieser abgeschlossenen Privathaftpflichtversicherung. Die Klägerin ist Eigentümerin eines Hauses in F.. Sie behauptet, ihr Sohn Johann sei am 19.10.1992 auf der Außentreppe dieses Hauses gestürzt, weil wegen Bauarbeiten ein Handlauf entfernt worden sei. Zu diesem Zeitpunkt hielt die Klägerin sich mehrere Monate in Australien auf. Zwischenzeitlich hat ihr Sohn gegen sie wegen des Unfalls Schadensersatzklage erhoben.
Die Beklagte vertritt die Ansicht, Versicherungsschutz bestehe bereits deshalb nicht, weil die Klägerin mehr als drei Räume ihres Hauses vermietet habe. Im übrigen bestreitet sie den Unfallhergang. Schließlich sei sie auch deshalb leistungsfrei, weil die Klägerin den Versicherungsfall erst 1 1/2 Jahre nach dem angeblichen Unfall gemeldet habe.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. In der Privathaftpflichtversicherung bestehe nach deren besonderen Bedingungen Versicherungsschutz nur dann, wenn sich der Unfall in dem von der Klägerin selbst zu Wohnzwecken genutzten Gebäude ereignet hätte. Sie habe jedoch mehr als drei Räume zu Wohnzwecken vermietet und nutze selbst nur jeweils vorübergehend ein einziges kleines Zimmer in dem Haus. Abgesehen davon bestünden auch erhebliche Zweifel, ob die Klägerin ihrem Sohn Johann zu Schadensersatz verpflichtet sei. Schließlich sei auch der Einwand einer Obliegenheitsverletzung nicht von der Hand zu weisen.
Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens erster Instanz und der Entscheidungsgründe wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren in vollem Umfang weiter. Sie trägt nunmehr im einzelnen vor, daß im Erdgeschoß des Hauses ihre Tochter Esther mit Kindern gewohnt habe, im ersten Obergeschoß ihre Tochter Martha nebst Kindern. Sie selbst halte sich die Hälfte des Jahres in Australien auf. Wenn sie in F. lebe, wohne sie in einem Zimmer im ersten Obergeschoß des Hauses. Beide Töchter zahlten Miete. Der Sohn Johann habe zum Zeitpunkt des Unfalles noch nicht in dem Hause gewohnt, sondern sich nur an dem Wochenende dort besuchsweise aufgehalten. Erst einen Monat später sei für ihn im Keller des Anwesens ein Raum hergerichtet worden, den er dann angemietet habe. Abgesehen davon habe der Unfall auf der Eingangstreppe des Hauses stattgefunden, so daß es keine Rolle spielen könnte, ob im Hause Wohnräume vermietet gewesen seien. Hilfsweise müsse die Beklagte aus dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluß Versicherungsschutz gewähren. Denn wenn es zutreffen sollte, daß die Haftpflichtrisiken aus dem Besitz des Hauses nur durch eine Grundbesitzerhaftpflichtversicherung gedeckt sein sollten, so hätte der Vertreter der Versicherung, dem die Verhältnisse genau bekannt gewesen seien, zum Abschluß einer derartigen Versicherung raten müssen.
Auch eine Obliegenheitsverletzung liege nicht vor. Der Unfall sei erst deshalb so spät der Beklagten gemeldet worden, weil der Sohn der Klägerin Schadensersatzansprüche erst dann geltend machte, als er erkennen mußte, daß der Bruch seines Handgelenkes zu einem bleibenden Schaden geführt habe. Wäre der Bruch völlig komplikationslos verheilt, hätte er keine Ansprüche gestellt.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils festzustellen, daß die Beklagte aufgrund des Unfallereignisses vom 19.07.1992 zum Nachteil des Johann B. auf dem Treppeneingangsbereich des Wohnhauses B.weg … in … F. der Klägerin Versicherungsschutz zu gewähren hat.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Sie wiederholt und vertieft ihr Vorbringen erster Instanz. In diesem Zusammenhang vertritt sie die Ansicht, durch die Privathaftpflichtversicherung seien auch bei einem Einfamilienhaus nicht die typischen Gefahren aus dem Bereich der mangelhaften baulichen Instandhaltung versichert. Denn dieser Gefahr...