Leitsatz
- Vermietung eines Teils des Einfamilienhauses verliert dieses nicht den Charakter als Einfamilienhaus.
- "Ausschließlich zu Wohnzwecken genutzt" i. S. v. Ziff. I. 3 BBR AHV ist das Einfamilienhaus auch dann, wenn es überwiegend zu Wohnzwecken vermietet ist und der Eigentümer sich nur noch in einem Raum des Hauses aufhält.
- Bei Vermietung von mehr als drei Räumen eines Einfamilienhauses ist nur das spezielle Vermieterrisiko aus dem Versicherungsschutz ausgenommen; im übrigen besteht der Versicherungsschutz fort.
Normenkette
I 3 BBR, § 6 AHB
Sachverhalt
Die Kl. begehrt von der Bekl. Gewährung von Versicherungsschutz aus einer bei dieser abgeschlossenen Privathaftpflichtversicherung. Die Kl. ist Eigentümerin eines Hauses. Sie behauptet, ihr Sohn sei auf der Außentreppe des Hauses gestürzt, weil wegen Bauarbeiten ein Handlauf entfernt worden sei. Zu diesem Zeitpunkt hielt die Kl. sich für mehrere Monate in Australien auf. Zwischenzeitlich hat ihr Sohn gegen sie wegen des Unfalls Schadenersatzklage erhoben. Die Bekl. vertritt die Ansicht, Versicherungsschutz bestehe bereits deshalb nicht, weil die Kl. mehr als drei Räume ihres Hauses vermietet habe.
Entscheidung
Gemäß den Versicherungsbedingungen und der Risikobeschreibung der Bekl. ist durch die Privathaftpflichtversicherung auch versichert das Risiko "als Inhaber eines im Inland gelegenen Einfamilienhauses", sofern es "vom VN ausschließlich zu Wohnzwecken verwendet wird". Dabei ist "mitversichert" das Risiko "aus der Vermietung von nicht mehr als drei einzelnen vermieteten Wohnräumen - nicht jedoch von Wohnungen, Räumen zu gewerblichen Zwecken und Garagen".
Bei dem Haus der Kl. handelt es sich nach Auffassung des OLG um ein Einfamilienhaus. Dem stehe nicht entgegen, dass zum Zeitpunkt des behaupteten Unfalls im Erdgeschoss die Tochter E. mit Kindern und im Obergeschoss die Tochter M. mit Kindern zur Miete wohnte und dass deshalb im ersten Obergeschoss eine weitere Küche eingerichtet wurde. Denn für die Unterscheidung von Einfamilien- und Mehrfamilienhaus komme es allein auf die Bauweise an. Charakteristisch für ein Mehrfamilienhaus seien mehrere jeweils für sich abgeschlossene Wohnungen mit gesonderter Wohnungstür. Durch die spätere Vermietung zweier Stockwerke des als Einfamilienhaus konzipierten Hauses habe es diesen Charakter nicht verloren.
Dieses Einfamilienhaus sei auch von der Kl. ausschließlich zu Wohnzwecken genutzt worden. Dem stehe nicht entgegen, dass die Kl. selbst sich damals allenfalls die Hälfte des Jahres im Hause aufgehalten habe, und zwar in einem Raum im ersten Obergeschoss, während sie die übrige Zeit in Australien verbrachte. Vielmehr genüge es, dass das Haus zu Wohnzwecken und nicht etwa zu gewerblichen Zwecken genutzt wurde. Eine persönliche Nutzung durch den VN sei nicht in jedem Fall erforderlich, z. B. genüge es auch, Verwandte oder Bekannte darin wohnen zu lassen. Fraglich erscheine allerdings, ob der VN auch dann noch "Inhaber" i. S. d. Versicherungsbedingungen sei, wenn er das ganze Haus vermietet hat und sei es auch wie hier nur an die eigenen Kinder. Dies könne jedoch offengelassen werden, denn die Kl. habe das Haus auch persönlich genutzt und sei deshalb auf jeden Fall "Inhaber". Es schade nicht, dass die Kl. während ihres Aufenthaltes im Inland nur ein Zimmer bewohnte und die Gemeinschaftsräume mitbenutzte.
Der Versicherungsschutz sei auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Kl. mehr als drei Räume des Hauses an ihre beiden Töchter vermietet habe. Grundsätzlich sei das Risiko aus dem Besitz eines Einfamilienhauses versichert. Durch die Vermietung von mehr als drei Räumen werde dieser Versicherungsschutz nicht etwa in vollem Umfang wieder beseitigt, sondern es entfalle nur die "Mitversicherung" des besonderen Vermieterrisikos. Zu diesem besonderen - nicht gedeckten - Vermieterrisiko gehörten sicherlich Schäden, die der Mieter in den gemieteten Räumen erleidet, aber wohl auch Schadenfälle im Hauseingang oder auf dem Gehweg vor dem Haus (Heimbücher VW 78, 196; a. A. insoweit Kuwert/Erdbrügger, Privathaftpflichtversicherung, Anwendung der BBR in der Praxis, 1984, 74 und Späte, Haftpflichtversicherung AHB-Kommentar 1993, 686, beide unter fälschlicher Berufung auf Heimbücher). Dies ändere aber nichts daran, dass im übrigen trotz Vermietung der Versicherungsschutz bestehen bleibt, also z. B. dann, wenn ein Passant durch einen herabfallenden Ziegel verletzt wird.
Der angebliche Unfall des Sohnes der Kl. falle nicht unter das vom Versicherungsschutz ausgenommene Vermieterrisiko. Der angebliche Unfall habe zu einem Zeitpunkt stattgefunden, als der Sohn noch nicht im Hause wohnte. Vielmehr habe er sich an dem fraglichen Wochenende nur besuchsweise dort aufgehalten. Der Versicherungsschutz sei auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil der Sohn damals seine Schwestern und nicht etwa die Mutter, die sich in Australien aufhielt, besuchte. Nach Ansicht des Senats gehörten nämlich zu dem ausgeschlossenen Vermieterrisiko nicht Unfälle, die Bes...