Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsberatung als Nebenleistung eines Versicherungsmaklers
Leitsatz (amtlich)
1. Hat ein Versicherungsmakler den Auftrag, seinem Kunden Verträge für eine private Altersvorsorge vorzuschlagen bzw. zu vermitteln, so ist er im Zusammenhang mit diesem Auftrag auch berechtigt, über diejenigen Fragen der Sozialversicherung zu beraten, die für den Kunden bei der Altersvorsorge eine Rolle spielen können. Die sozialversicherungsrechtliche Beratung ist in diesem Fall für den Versicherungsmakler eine erlaubte Nebenleistung i.S.v. § 5 Abs. 1 RDG.
2. Ohne einen konkreten Bezug zu einer maklertypischen Hauptleistung (Konzeption und Vermittlung privater Verträge) ist der Versicherungsmakler nicht berechtigt, über Fragen der Sozialversicherung zu beraten.
3. Soweit der Versicherungsmakler im Bereich des Sozialversicherungsrechts tätig werden darf (oben Leitsatz 1), sind seine Befugnisse auf eine Beratung des Kunden beschränkt. Der Versicherungsmakler ist in keinem Fall berechtigt, den Kunden bei Anträgen gegenüber einem Sozialversicherungsträger zu vertreten.
Normenkette
RDG § 5 Abs. 1; UWG § 3 Abs. 1, § 5 Abs. 1, § 8 Abs. 1, 3
Verfahrensgang
LG Konstanz (Urteil vom 25.05.2009; Aktenzeichen 9 O 32/09 KfH) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des LG Konstanz vom 25.5.2009 - 9 O 32/09 KfH - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:
1. Den Verfügungsbeklagten wird untersagt, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Dienstleistungen mit folgenden Formulierungen anzubieten:
"Was müssen Sie tun? Uns den Auftrag erteilen
Kosten entstehen nur, wenn sie sozialversicherungsfrei und wenn Beitragsrückerstattungen durch uns erreicht werden Vollmachten unterzeichnen, damit wir direkt mit den Sozialversicherungsträgern in Kontakt stehen ..."
2. Den Verfügungsbeklagten wird weiter untersagt, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs ihre gewerbliche Dienstleistung mit folgender Formulierung anzubieten:
a) "Sozialversicherungs-Befreiung", wenn dies geschieht, wie auf der Seite "Altersversorgung" der Homepage der Beklagten Ziff. 1, oder
b) "... Sie überlassen das Spezialgebiet den Profis, die mit spezifischer EDV und Fachwissen Ihnen die rechtliche Sicherheit über Ihren aktuellen Sozialversicherungsstatus geben", wenn dies geschieht wie in der von der Homepage der Beklagten Ziff. 1 als PDF-Datei herunterzuladenden Werbebroschüre "...-INFO zur Sozialversicherungspflicht".
Den Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtungen gem. Ziff. 1 und Ziff. 2 ein Ordnungsgeld bis zu 250.000 EUR oder Ordnungshaft von bis zu 6 Monaten - Ordnungshaft auch für den Fall, dass das Ordnungsgeld nicht beigetrieben werden kann - angedroht, wobei die Ordnungshaft bei der Verfügungsbeklagten Ziff. 1 am Geschäftsführer zu vollziehen ist.
4. Der weitergehende Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.
II. Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.
III. Die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen tragen der Kläger zu 1/4, die Beklagte Ziff. 1 zu 3/8 und der Beklagte Ziff. 2 zu 3/8.
Gründe
I. Der Verfügungskläger (im Folgenden: Kläger) ist von Beruf Rechtsanwalt. Er ist berechtigt, die Bezeichnung Fachanwalt für Sozialrecht zu führen. Die Verfügungsbeklagte Ziff. 1 (im Folgenden: Beklagte Ziff. 1) ist eine Versicherungsmaklerin in der Rechtsform einer GmbH. Der Verfügungsbeklagte Ziff. 2 (im Folgenden: Beklagter Ziff. 2) ist Gesellschafter und Geschäftsführer der Beklagten Ziff. 1.
Die Beklagte Ziff. 1 stellt auf ihrer Homepage u.a. die Leistungen dar, die sie anbietet. Wenn man auf der Startseite den Begriff "Altersversorgung" anklickt, öffnet sich eine neue Seite mit folgender Überschrift:
"Altersversorgung: Kompetente und ausführliche Beratung für alle Durchführungswege erhalten sie durch unsere geschulten Spezialisten."
Sodann werden auf dieser Seite - senkrecht untereinander, jeweils korrespondierend mit einem Bild - bestimmte Stichworte aufgeführt. Eines dieser Stichworte ist "Sozialversicherungs-Befreiung". Die weiteren Stichworte lauten: "Pensionszusagen", "Entgeltumwandlung", "Direktversicherung", "Pensionskasse/-fonds", "Altersteilzeit-Versicherung", "Förderrente" und "Info-Briefe". Im Übrigen wird auf den vom Kläger vorgelegten Auszug aus dem Internet Anlage A 1 verwiesen. Die Beklagte Ziff. 1 bietet zudem auf ihrer Homepage eine Informations-Broschüre (19 Seiten) an, die auf dem Deckblatt den Titel "...-INFO zur Sozialversicherungspflicht" trägt. Die Broschüre kann als PDF-Datei aus dem Internet heruntergeladen werden, wenn man auf der Seite "Altersversorgung" die Stichworte "Sozialversicherungs-Befreiung" und "Sozialversicherung" anklickt. Wegen der Einzelheiten der Broschüre wird auf den vom Kläger vorgelegten Ausdruck Anlage A 2 verwiesen. Der Kläger hat erstinstanzlich im Wege der einstweiligen Verfügung Unterlassungsansprüche gegen die Beklagten geltend gemacht. Die Beklagte Ziff. 1 biete auf ihrer Internet-Seit...