Leitsatz (amtlich)
1. Bei Klagen gegen mehrere einfache Streitgenossen (hier: mehrere Operateure) ist ein Teilurteil wegen der Gefahr einander widerstreitender Erkenntnisse unzulässig, wenn es nicht alle für die Durchführung der Operation verantwortlichen Ärzte erfasst und deshalb bei der Entscheidung über deren Haftung über diese Frage erneut zu entscheiden ist.
2. Die Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts und die damit korrespondierende eingeschränkte Vortragslast beider Parteien setzt der Verwertung von Darlegungen, die sich auf medizinischem Gebiet bewegen, Grenzen, soweit sie nicht durch ärztliche Gutachten bestätigt sind. Welches typische Risiko einem Eingriff anhaftet, kann deshalb regelmäßig nicht ohne sachverständige Beratung getroffen werden.
3. Auch die Feststellung, es habe eine andere Behandlungsmethode mit gleichwertigen Erfolgschancen und/oder andersartigen Risiken zur Verfügung gestanden und deshalb eine Wahlmöglichkeit des Patienten bestanden, kann in der Regel nicht ohne sachverständige Beratung getroffen werden.
Normenkette
ZPO §§ 286, 538 Abs. 2 Nrn. 1, 7; BGB § 823 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Mannheim (Urteil vom 16.07.2003; Aktenzeichen 9 O 55/03) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten zu 1), 3) und 5) wird das Urteil des LG Mannheim v. 16.7.2003 - 9 O 55/03 - samt dem Verfahren aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Entscheidung auch über die Kosten des Berufungsrechtszugs an das LG zurückverwiesen.
Gründe
I. Der Kläger begehrt von der Beklagten zu 1, in deren Klinikum die Beklagten zu 2) bis 6) als Ärzte bei der Behandlung des Klägers tätig waren, Ersatz materiellen und immateriellen Schadens, weil nach Vorstellung bei dem Beklagten zu 3) in der Ambulanz am 21.7.1999 bei der operativen Resektion einer Zyste an der linken Niere des Klägers am 4.8.1999 (Operateur: Beklagter zu 3) unter Assistenz der Beklagten zu 4) der Harnleiter durchtrennt und nach ohne Erfolg von dem Beklagten zu 2) verordneter Harnleiterschiene bei der Revisionsoperation v. 10.8.1999 (Operateur der Beklagte zu 2) unter Assistenz der Beklagten zu 4) die Niere entfernt worden ist.
Der Kläger wirft den Beklagten ungenügende Aufklärung schon am 21.7.1999, bei dem Gespräch vor der ersten Operation mit dem Beklagten zu 5) und bei dem Gespräch mit dem Beklagten zu 6) vor der zweiten Operation sowie grobe Behandlungsfehler vor. Das LG hat mit Teilurteil, auf das wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im ersten Rechtszug und der getroffenen Feststellungen verwiesen wird, die Beklagte zu 1) als Trägerin des Krankenhauses und die Beklagten zu 3) und 5) wegen unzureichender Aufklärung zur Zahlung von Schmerzensgeld i.H.v. 30.000 Euro, von materiellem Schaden i.H.v. 2.004,16 Euro verurteilt und die Pflicht dieser Beklagten zum Ersatz materiellen und immateriellen Schadens nach Maßgabe von Ziff. 3 des Urteilsausspruch ausgesprochen.
Die Berufungen der Beklagten zu 1), 3) und 5) rügen mit den Anträgen auf Abweisung der Klage und hilfsweise auf Zurückverweisung der Sache eine Unzulässigkeit des Teilurteils und die Annahme des LG, der Kläger - den das LG persönlich nicht gehört hat - habe einen Entscheidungskonflikt plausibel dargelegt. Sie wenden sich weiter gegen die Ansicht des LG, die Aufklärung sei unzureichend gewesen und tragen erstmals vor, der Beklagte zu 3) sei nach Beurteilung und Überprüfung durch Vorgesetzte für seine gründlichen und richtigen Aufklärungsgespräche bekannt gewesen, sodass sich die Beklagte zu 4) auf richtige und umfassend erfolgte Aufklärung und wirksame Einwilligung des Klägers in den Eingriff v. 4.8.1999 habe verlassen können.
Wegen der Einzelheiten des beiderseitigen Parteivortrags wird auf die Schriftsätze verwiesen.
II. Die zulässigen Berufungen der Beklagten zu 1), 3) und 5) haben zunächst Erfolg. Das Verfahren des LG leidet an mehreren Fehlern, die die Zurückverweisung der Sache unter Aufhebung des bisherigen Verfahrens begründen (§ 538 Abs. 2 Nr. 1, 7 ZPO).
1. Die Berufung rügt mit Recht, dass das LG ein unzulässiges Teilurteil erlassen hat.
a) Nach der gefestigten ständigen Rechtsprechung des BGH darf ein Teilurteil nur dann ergehen, wenn es von der Entscheidung über den Rest des geltend gemachten prozessualen Anspruchs unabhängig ist, sodass die Gefahr einander widerstreitender Erkenntnisse, auch durch das Rechtsmittelgericht, nicht besteht. Das gilt auch bei Klagen gegen mehrere einfache Streitgenossen. Ein Teilurteil ist schon dann unzulässig, wenn die bloße Möglichkeit besteht, dass es in demselben Rechtsstreit, auch im Instanzenzug, zu einander widersprechenden Entscheidungen kommt (BGH v. 25.11.2003 - VI ZR 8/03, GesR 2004, 132 = BGHReport 2004, 626 = MDR 2004, 589 = VersR 2004, 645 [646] mit zahlreichen Nachweisen).
b) Hier ist diese Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen nicht auszuschließen. Das LG verurteilt die Beklagten zu 1), 3) und 5) ' weil es die Aufklärung des Klägers vor der Operation v. 4.8.1999 für unzureichend hält; denn der Kläger sei über das Risiko eines Verlusts der ...