Leitsatz (amtlich)
Zur Bestimmung der Höhe des bereicherungsrechtlichen Anspruchs nach Widerruf eines Lebensversicherungsvertrages gem. § 5a VVG a.F. (Fortführung von Senat, Urt. v. 22.5.2015 - 12 U 122/12 [14]).
Normenkette
VVG a.F. § 5a; BGB § 812 Abs. 1, § 818 Abs. 1; ZPO § 287 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Karlsruhe (Urteil vom 28.06.2013; Aktenzeichen 10 O 112/13) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des LG Karlsruhe vom 28.6.2013 - 10 O 112/13 - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 2.519,52 nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.2.2013 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.
3. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 62 % und die Beklagte 38 %.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien können die gegen sie gerichtete Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
5. Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger begehrt nach einem auf § 5a VVG a.F. gestützten Widerruf eines Lebensversicherungsantrags die Rückzahlung von Beiträgen sowie die Herausgabe gezogener Nutzungen.
Zwischen den Parteien bestand ein Versicherungsverhältnis in Form einer fondsgebundenen Lebensversicherung. Versicherungsbeginn war der 1.1.1996. Den Antrag auf Abschluss einer fondsgebundenen Lebensversicherung stellte der Kläger am 13.11.1995. Das Antragsformular enthielt unter der Überschrift "Empfangsbekenntnis des Antragstellers" folgende Passage:
"Hiermit bestätige ich, dass mir die maßgebenden Versicherungsbedingungen (vgl. "Tarife und maßgebende Versicherungsbedingungen", Seite 4) vor der Unterzeichnung des Antrages ausgehändigt worden sind."
Der Kläger unterzeichnete dieses Empfangsbekenntnis ebenfalls am 13.11.1995.
In dem Antragsformular folgt weiter unter der Überschrift "Wichtige Hinweise":
"Sie können innerhalb einer Frist von 14 Tagen nach Erhalt des Versicherungsscheins vom Versicherungsvertrag zurücktreten. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung der Rücktrittserklärung (§ 4 AVB)."
Dem folgte eine weitere Unterschrift des Klägers, die ebenfalls vom 13.11.1995 datiert.
Mit Schreiben vom 8.12.1995 leitete die Beklagte dem Kläger den Versicherungsschein zu. Zwischen dem 1.1.1996 und dem 1.8.2004 bezahlte der Kläger Prämien i.H.v. insgesamt 4.802,33 EUR. Währen der Vertragslaufzeit teilte der Kläger der Beklagten dreimal geänderte Kontoverbindungen mit.
Mit Schreiben vom 18.7.2004 erklärte der Kläger gegenüber der Beklagten:
"(...) Hiermit kündige ich die bei Ihnen bestehende Lebensversicherung mit sofortiger Wirkung. Ebenfalls widerrufe ich hiermit die Ihnen erteilte Einzugsermächtigung. Den originalen Versicherungsschein füge ich Ihnen mit bei.
Ich bitte um Auszahlung des Rückkaufswertes auf mein Konto (...)."
Im August 2004 zahlte die Beklagte einen von ihr berechneten Rückkaufswert von 2.667,30 EUR an den Kläger aus.
Mit Schreiben seiner jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 3.12.2012 widerrief der Kläger seine auf Abschluss des Versicherungsvertrages gerichtete Willenserklärung. Mit weiterem Schreiben vom 28.1.2013 forderte er die Beklagte zur Zahlung von 7.580,73 EUR bis zum 11.2.2013 auf.
Der Kläger hat behauptet, alle relevanten Unterlagen seien ihm erst nach Vertragsschluss zugeleitet worden. Er sei niemals über sein Widerspruchsrecht aufgeklärt worden. Deshalb komme ein Vertragsschluss nur im Policenmodell in Betracht. § 5a VVG a.F. sei teilweise europarechtswidrig, weshalb ihm ein unbefristetes Widerspruchsrecht zustehe. Sein Recht sei auch nicht verwirkt, weil er infolge der fehlenden Belehrung sein Widerspruchsrecht nicht gekannt habe.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, neben den noch nicht ausbezahlten Prämien i.H.v. 2.135,03 EUR (4.802,33 EUR insgesamt gezahlte Prämien abzgl. des erstatteten Rückkaufswertes i.H.v. 2.667,30 EUR) stünden ihm auch noch 4.574,02 EUR an entgangenen Nutzungen zu; die Beklagte habe mit seinen Prämien Rendite i.H.v. jährlich 7 % erwirtschaften können.
Der Kläger hat beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Betrag i.H.v. 6.709,05 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 12.2.2013 zu zahlen,
2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn außergerichtlich angefallene Rechtsanwaltskosten i.H.v. 871,68 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 12.2.2013 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat behauptet, dem Kläger seien mit dem Antragsformular die maßgebenden Versicherungsbedingungen zugeleitet worden. Der Widerspruch des Klägers nach § 5a VVG a.F. sei unwirksam. Dies gelte bereits deshalb, weil der Kläger das Versicherungsverhältnis bereits mit Schreiben vom 18.7.2004 gekündigt habe. Unabhä...