Verfahrensgang
LG Konstanz (Aktenzeichen C 4 O 406/20) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 06.04.2021, Az. C 4 O 406/20, im Kostenpunkt aufgehoben und wie folgt abgeändert:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei 25.242,98 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz vom 30.12.2020 bis 30.06.2021 aus einem Betrag in Höhe von 25.396,76 Euro und seit dem 01.07.2021 aus einem Betrag in Höhe von 25.242,98 Euro Zug-um-Zug gegen Übergabe und Übereignung des PKW, Typ VW Touran, mit der Fahrzeugidentifikationsnummer ... zu zahlen.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die weitergehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
III. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz trägt die Beklagte 4/5 und die Klagepartei 1/5. Von den Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz trägt die Beklagte 9/10 und die Klagepartei 1/10.
IV. Das Urteil und die angefochtene Entscheidung sind vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können jeweils die Vollstreckung der Gegenseite abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags, wenn nicht die Gegenseite Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Die Klagepartei begehrt von der Beklagten im Wege des Schadensersatzes die Rückgängigmachung eines mit der Beklagten geschlossenen Kaufvertrages über ein von der Beklagten hergestelltes Fahrzeug im Zusammenhang mit dem sog. Dieselabgasskandal.
Die Klagepartei erwarb mit verbindlicher Bestellung vom 04.05.2015 bei der Fa. ..., die das Fahrzeug ausdrücklich im Namen der Beklagten veräußerte (s. Anlage K 1 = AS I 62), einen VW Touran zu einem Kaufpreis von 33.372,70 Euro. Bei dem Fahrzeug handelte es sich um einen Neuwagen. Zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 23.03.2021 hatte das Fahrzeug einen Kilometerstand von 59.749 km. Zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 30.06.2021 wies das Fahrzeug des Klägers einen Kilometerstand von 60.901 km auf.
In den Fahrzeugen des streitigen Typs war - beginnend im Laufe des Jahres 2008 - eine Software zur Steuerung des Motors installiert, die erkennt, ob sich das Fahrzeug im Testlauf unter Laborbedingungen oder im normalen Straßenverkehr befindet. Während im Testlauf die Motorsteuerung dergestalt erfolgt, dass mittels einer Abgasrückführung die Abgase zusätzlich gereinigt werden und die Emissionsgrenzwerte entsprechend der genannten Verordnung eingehalten werden (Abgasrückführungsmodus 1), ist im Betriebsmodus des normalen Straßenverkehrs der Abgasrückführungsmodus 0 aktiv, in dem keine oder eine deutlich geringere Abgasrückführung stattfindet.
Die Beklagte informierte die breite Öffentlichkeit in Form von Pressemitteilungen ab Ende September 2015 - erstmals mittels einer Ad-hoc-Mitteilung vom 22.09.2015 - darüber, dass der Motor EA 189 mit einer Abschalteinrichtung versehen sei, die vom Kraftfahrtbundesamt (KBA) als nicht ordnungsgemäß angesehen werde und daher zu entfernen sei. Auch durch das KBA wurde die Öffentlichkeit informiert. Zeitgleich war der sogenannte Dieselskandal Gegenstand einer sehr umfassenden Presseberichterstattung. Im Einzelnen wird insofern auf die Ausführungen der Beklagten in der Klageerwiderung vom 05.01.2021 (S. 18 - 25 = AS I 158 - 165) verwiesen. Der Kläger hat nach dem insoweit unbestritten gebliebenen Vortrag der Beklagten Kenntnis von den Berichterstattungen erlangt.
Die Beklagte hat vor dem Hintergrund des Bescheides des Kraftfahrtbundesamtes vom 15.10.2015 mit öffentlicher Erklärung vom 16.12.2015 die Umsetzung technischer Maßnahmen an von dem angeordneten Rückruf des KBA betroffenen Fahrzeugen angekündigt.
Nach Erhalt der Halterdaten informierte die Beklagte in Bezug auf die von ihr hergestellten Fahrzeuge alle Halter mit Schreiben vom Februar 2016 darüber, dass "der in seinem Fahrzeug eingebaute Dieselmotor mit einer Software ausgestattet sei, durch die die Stickoxidwerte (NOx) im Vergleich zwischen Prüfstand (NEFZ) und realem Fahrbetrieb verschlechtert würden" sowie über die Entwicklung und den weiteren Zeitplan für die konkrete Zurverfügungstellung des Updates.
Der Kläger hat das Software-Update aufspielen lassen.
Die Klageschrift vom 11.12.2020 wurde der Beklagten am 30.12.2020 zugestellt.
Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes, der in erster Instanz gestellten Anträge sowie der erstinstanzlichen Feststellungen wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage wegen Verjährung abgewiesen und einen Anspruch des Klägers auf (Rest-)Schadensersatz nach § 852 BGB abgelehnt.
Hiergegen hat die Klagepartei Berufung eingelegt, mit der sie ihre erstinstanzlich gestellten Anträge weiterverfolgt.
Die Klagepartei beantragt:
1. Auf die Berufung der Klagepartei wird das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 06.04.2021 (Az. C 4 O 406/20...