Leitsatz (amtlich)
1. Veröffentlicht eine berufliche tätige Influencerin auf ihrem Instagram-Business-Account ein eigenes Foto, auf dem Tap-Tags zum Instagram-Auftritt eines dritten Unternehmens führen, so handelt sie auch dann geschäftlich, wenn sie hierfür keine Geldzahlung des dritten Unternehmens erhält.
2. Zur Frage, ob der kommerzielle Zweck eines solchen Posts, auch die geschäftlichen Interessen der dritten Unternehmen zu fördern, für die Adressaten auf den ersten Blick und ohne jeden Zweifel erkennbar ist (hier verneint, wenn Tap-Tags auch zum Hinweis auf Accounts eingesetzt werden, die keine eigenen Absatzzwecke gegenüber den Nutzern von Instagram verfolgen).
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Karlsruhe (Az.: 13 0 38/18 KfH) vom 21. März 2019 wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte.
3. Dieses Urteils sowie das erstinstanzliche Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung wegen der Unterlassung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000 EUR und wegen Zahlung und der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung wegen Unterlassung Sicherheit in Höhe von 10.000,00 EUR und vor Vollstreckung wegen Zahlung und der Kosten Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten um wettbewerbsrechtliche Ansprüche auf Unterlassung der Verwendung von sog. tap tags in Einträgen auf dem Instagram-Account der Beklagten.
Der Kläger ist ein seit dem Jahr 19[...] eingetragener Verein. Zu seinen satzungsmäßigen Aufgaben gehört die Wahrung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder. Dazu zählt auch die Einhaltung der Vorschriften über einen lauteren Wettbewerb. Die Beklagte unterhält als Influencerin einen Business-Account auf Instagram.
Als Influencer werden Personen bezeichnet, die auf sozialen Netzen in der Lage sind, andere Nutzer bei deren politischer, gesellschaftlicher und insbesondere geschäftlicher Entscheidungsfindung zu beeinflussen (engl. to influence so., jemanden beeinflussen). Diese Möglichkeit entsteht, wenn und weil sie infolge ihrer intensiven Aktivität auf diesen Medien für andere Nutzer attraktiv erscheinen und die letzteren in hoher Zahl ihre Aktivitäten verfolgen (sog. "Follower"). Als Folge dieses selbstgeschaffenen Publikums sind Influencer, insbesondere aus den Bereichen Mode, Schönheit ("Beauty"), Ernährung, Sport, Technik und Lifestyle, potentielle Werbeträger par excellence (sog. Influencer-Marketing).
Instagram ist ein werbefinanzierter Onlinedienst, der es seinen Nutzern ermöglicht, Fotos und Videos untereinander vorzustellen ("zu teilen"). Der Dienst ist über die Website "https://www.instagram.com/" zu erreichen und kann von Nutzern von Smartphones mit den Betriebssystemen Android, iOS oder Windows Phone zudem als Anwendung ("App") heruntergeladen werden. Dem Netzwerk kann jedermann beitreten, indem er oder sie kostenfrei ein Profil anlegt. Dazu müssen wahlweise einige Informationen über die eigene Person angegeben werden. Zudem kann ein Profilfoto hinzugefügt werden. Auf dem eigenen Profil kann der Nutzer Fotos und Videos hochladen ("posten"). Die einzelnen Beiträge werden als "Posts" bezeichnet. Instagram bietet seinen Nutzern an, einen Post mit einem Begleittext von bis zu 2.200 Zeichen zu versehen, der unter dem Foto bzw. Video erscheint.
Jedes Mitglied kann entscheiden, ob es sein Profil öffentlich unterhält oder privat schaltet. Unterhält ein Nutzer ein öffentliches Profil, so sind seine Posts für jedermann sichtbar. Entscheidet ein Nutzer sich hingegen für ein privates Profil, so sind seine Posts nur für seine "Abonnenten" sichtbar: Instagram ermöglicht es seinen Mitgliedern, über eine Suchfunktion weitere Nutzerprofile aufzufinden. Bei dem Besuch des Accounts eines anderen Nutzers besteht die Möglichkeit, durch Anklicken des Buttons "Folgen" den fremden - öffentlichen oder privaten - Account zu abonnieren. Das hat zur Folge, dass Posts des Accountinhabers auf der persönlichen Startseite nach dem Einloggen des Nutzers in die Plattform erscheinen. Wer sein Profil abonnieren darf, entscheidet der Inhaber eines privaten Profils selbst: Klicken andere Nutzer den Button "Folgen" auf seinem Account an, so erhält der Accountinhaber eine Abo-Anfrage, die er annehmen oder ablehnen kann. Öffentliche Accounts können unbegrenzt abonniert werden.
Die Beklagte veröffentlicht auf ihrem Account mehrere hundert Bilder pro Jahr, auf denen sie selbst abgebildet ist und die sie häufig mit kurzen Begleittexten versieht. Die Beklagte behandelt in ihren Begleittexten Themen zu Mode, Ernährung, Fitness und Lifestyle. Die Posts der Beklagten sind darüber hinaus zum Teil mit Hinweisen auf die Hersteller der von ihr getragenen Kleidung oder sonstiger im Bild zu sehender Gegenstände versehen. Dies...