Entscheidungsstichwort (Thema)
Hinzunehmende geringfügige Beeinträchtigung eines Wegerechts durch Errichtung eines Tores
Leitsatz (amtlich)
1. Bei einem Wegerecht ist die Beeinträchtigung der Durchfahrt durch ein Tor nur dann geringfügig, wenn es für jedermann möglich ist, das Tor zu öffnen. Sollte dies nicht der Fall sein, müsste das Tor zumindest einen Briefkasten, eine beleuchtete Klingel und Gegensprechanlage sowie einen elektrischer Türöffner neben einer entsprechenden Beleuchtung der Schlösser für eine Öffnung bei Nacht aufweisen. Für Notlagen wäre die Möglichkeit einer Notöffnung vorzuhalten.
2. Eine blickdurchlässige Ausführung eines Tores ab 1 m Höhe ist nicht notwendig. Bei verkehrsüblicher Sorgfalt lässt sich auch ein entsprechendes blickundurchlässiges Tor im Freien ohne Gefahren öffnen.
3. Zur Verjährung eines Anspruchs auf Beseitigung eines Überbaus in ein Wegerecht.
Verfahrensgang
LG Konstanz (Urteil vom 10.09.2013; Aktenzeichen 3 O 49/11 D) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Parteien wird das Urteil des LG vom 10.9.2013 - 3 O 491 D - unter Zurückweisung ihrer Berufung im Übrigen abgeändert und wie folgt neu gefasst:
a. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, das auf dem Teil ihres Grundstücks, eingetragen im Grundbuch von Nr., Flst. Nr., welcher dem Geh- und Fahrrecht der jeweiligen Eigentümer der Grundstücke, eingetragen im Grundbuch von Nr., Flst. Nr., Nr. und Nr., dient, im Bereich zur Grenze des Grundstücks Flst. Nr. errichtete Tor (hinteres Tor) zu beseitigen, soweit es auf die Grundstücke Nr. und hinüber ragt und eine Höhe von 1,50 m übersteigt.
b. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, den an das oben genannte Tor direkt angrenzenden Holzzaun zu beseitigen, soweit er auf die Grundstücke Nr. und hinüber ragt und eine Höhe von 1,50 m übersteigt.
c. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, durch geeignete Maßnahmen dafür Sorge zu tragen, dass durch das in nordwestlicher Richtung zu den Grundstücken Flst. Nr. und FIst. Nr. errichtete Tor (vorderes Tor) das Geh- und Fahrrecht gem. Ziff. 1a. nicht erheblich beeinträchtigt wird.
d. Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner einen Lichtschacht, Teile einer Außentreppe sowie Steine einer Drainage im Wegeverlauf an und entlang ihrem Wohnhaus, Grundstück Flst. Nr., eingetragen im Grundbuch von Nr., so zu gestalten, dass den jeweiligen Eigentümern der Grundstücke, eingetragen im Grundbuch von Nr., Flst. Nr., Nr. und Nr., zum Befahren mit beliebigen Fahrzeugen eine durchgehende Wegesbreite von 2 m zur Verfügung steht.
e. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
f. Es wird festgestellt, dass die Kläger als Gesamtschuldner verpflichtet sind, den Beklagten 1 der zukünftig erforderlichen Unterhaltungs- und Instandsetzungskosten der Wegerechtsfläche (Grunddienstbarkeit, eingetragen in Abteilung II, lfd. Nr. 1 im Grundbuch, Gemarkung, Blatt, Grundstück Flst. Nr.) zu ersetzen.
g. Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.
2. Die Kosten beider Instanzen tragen die Parteien als Gesamtschuldner jeweils zur Hälfte.
3. Das Urteil ist hinsichtlich des Kostenausspruchs ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Im Übrigen ist das angefochtene Urteil für die Kläger gegen eine Sicherheitsleistung von 20.000 EUR, für die Beklagte von 1.500 EUR vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten um den Bestand und Umfang eines Wegerechts und um nachbarrechtliche Ansprüche.
Die Kläger sind Eigentümer eines Hinterliegergrundstückes, zu dessen Gunsten auf dem Vorderliegergrundstück der Beklagten eine Grunddienstbarkeit lastet. Inhalt der Grunddienstbarkeit ist das Recht, das Grundstück der Beklagten auf eine Breite von 2 m an der westlichen Grundstücksgrenze zu begehen oder mit beliebigen Fahrzeugen zu befahren. Die Kläger begehren ein breiteres Notwegerecht, um den Weg mit üblichen Pkws gefahrlos nutzen zu können. Sie wenden sich außerdem gegen zwei Tore, die die Beklagten angebracht haben, und gegen Gebäudeteile, die unstreitig in den Weg hineinragen. Die Beklagten sind der Auffassung, dass die Kläger etwaige Beeinträchtigungen durch die Tore hinzunehmen hätten. Sie machen widerklagend u.a. geltend, das Wegerecht sei wegen Eintritts der Verjährung teilweise erloschen. Außerdem seien die Kläger verpflichtet, sich an den Unterhaltskosten des Weges zu beteiligen.
Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird auf das Urteil des LG vom 10.9.2013 Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Das LG hat Klage und Widerklage nur teilweise stattgegeben. Es hat die Beklagten u.a. verpflichtet, das hintere Tor und den daran angrenzenden Holzzaun auf ihr Grundstück zu versetzen und nach nachbarrechtlichen Vorgaben zu gestalten. Das vordere Tor sei u.a. mit Klingel, Gegensprechanlage und elektrischem Türöffner auszurüsten. Außerdem seien Beeinträchtigungen des Wegerechts zu beseitigen. Die Kläger wurden auf die Widerklage hin insbesondere dazu verpflichtet, 1 der Unterhaltungskosten für den Weg zu tragen.
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