Leitsatz (amtlich)

1. Das Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag auf Erhöhung der von der Klägerin zu erbringenden Vollstreckungssicherheit gem. § 718 ZPO entfällt nicht schon dadurch, dass die Zwangsvollstreckung aus dem angefochtenen Urteil gem. §§ 719, 707 ZPO einstweilen eingestellt worden ist und die Beklagte deshalb die Zwangsvollstreckung durch Erbringung der Sicherheit abwenden könnte.

2. Es ist regelmäßig sachgerecht, die Vollstreckung von Unterlassung, Rückruf, Entfernung aus den Vertriebswegen und Vernichtung als Einheit zu begreifen und deshalb hierfür eine einheitliche Vollstreckungssicherheit anzusetzen.

 

Normenkette

ZPO §§ 707, 718-719

 

Verfahrensgang

LG Mannheim (Urteil vom 25.10.2016; Aktenzeichen 2 O 263/15)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 25.10.2016, Az. 2 O 263/15, teilweise abgeändert und in Ziffer 6 (Vollstreckungsanordnung) wie folgt neu gefasst:

6. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Für die Ansprüche auf Unterlassung (Ziffer 1) sowie Rückruf/Entfernung und Vernichtung (Ziffern 4.a und b) wird die Sicherheitsleistung auf insgesamt 400.000 EUR festgesetzt. Für die vorläufige Vollstreckung der Ansprüche auf Rückruf/Entfernung und Vernichtung (Ziffern 4.a und b) ist eine weitere Teilsicherheit von 25.000 EUR zu leisten. Für die Ansprüche auf Auskunft/Rechnungslegung (Ziffer 2) wird die Sicherheitsleistung auf 25.000 EUR, wegen der Kosten (Ziffer 5) auf 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages festgesetzt.

2. Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

 

Gründe

I. Die Beklagten begehren gemäß § 718 ZPO eine Vorabentscheidung des Berufungsgerichts über vorläufige Vollstreckbarkeit.

Die Beklagten sind durch Urteil des Landgerichts Mannheim vom 25. Oktober 2016 (2 O 263/15) wegen Verletzung des Anspruchs 1 des Klagepatents [...] zu Unterlassung, Auskunft, Rechnungslegung, Rückruf aus den Vertriebswegen und Vernichtung verurteilt. Dagegen wenden sie sich mit ihrer fristgemäß eingelegten und begründeten Berufung, über die noch nicht entschieden ist. In dem das Klagepatent betreffenden Nichtigkeitsverfahren hat das Bundespatentgericht am 31. März 2017 Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 26./27. Juli 2017 bestimmt und mitgeteilt, dass es vorläufig zu der Auffassung neigt, dass der Anspruch 1 des Klagepatents u.a. gegenüber der Entgegenhaltung E 1 ([...]) nicht neu ist oder nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruht (Anlage [...] [EA] 4). Im Hinblick darauf hat der Senat durch Beschluss vom 3. Mai 2017 die Zwangsvollstreckung der Klägerin aus dem erstinstanzlichen Urteil gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 450.000 EUR einstweilen eingestellt.

Das Landgericht hat für die im einzelnen zuerkannten Ansprüche Teil-Vollstreckungssicherheiten festgesetzt, nämlich 400.000 EUR für den Unterlassungsanspruch, 25.000 EUR für die Ansprüche auf Auskunft und Rechnungslegung, 25.000 EUR für die Ansprüche auf Rückruf/Entfernung und Vernichtung und 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages hinsichtlich der Kosten. Die Beklagten beantragen,

die von der Klägerin zu erbringende Sicherheitsleistung für die Vollstreckung der Ziffern 4a und 4b (Rückruf/Entfernung und Vernichtung) auf einen Betrag in Höhe von mindestens 500.000 EUR festzusetzen.

Die Klägerin tritt dem entgegen.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens wird auf die diesbezüglich gewechselten Schriftsätze und die vorgelegten Anlagen Bezug genommen.

II. Der Antrag der Beklagten, über den durch Teilurteil aufgrund mündlicher Verhandlung zu entscheiden ist, ist zulässig und hat in der Sache überwiegend Erfolg.

1. Entgegen der Ansicht der Klägerin steht der Zulässigkeit nicht entgegen, dass der Senat schon mit Beschluss vom 13. Januar 2017 abschlägig über den Antrag entschieden hätte. Dies ist ausweislich des Beschlusses nicht der Fall.

Dem Antrag ist nicht durch die zwischenzeitlich ausgesprochene Einstellung der Zwangsvollstreckung das Rechtsschutzbedürfnis genommen. Das Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag nach § 718 ZPO entfällt grundsätzlich erst, wenn die Zwangsvollstreckung vollständig beendet ist (MüKo.ZPO/Götz, 5. Aufl.,§ 718 Rn. 3; Lackmann in Musielak/Voit, ZPO, 14. Aufl., § 718 Rn. 2; BeckOK.ZPO/Ulrici, 24. Edition [Stand:01.03.2017], § 718 Rn. 5). Daran fehlt es hier.

Die Beklagten können gegenüber dem Antrag aus § 718 ZPO auch nicht auf die ihnen inzwischen durch den Beschluss des Senats vom 3. Mai 2017 eröffnete Möglichkeit verwiesen werden, die Einstellung der Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung abzuwenden. Unabhängig von dieser Möglichkeit kann ihnen ein berechtigtes Interesse an der Klärung der Frage, ob die der Klägerin auferlegte Vollstreckungssicherheit unangemessen niedrig ist, nicht abgesprochen werden. Denn im Erfolgsfall liegt die Entscheidung zunächst bei der Klägerin, ob sie die erhöhte Sicherheit stellt. Damit hätten die Beklagten in jedem Fall eine Besserstellung erreicht, sei es, weil sie die Abwendungssicherheit nicht...

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