Entscheidungsstichwort (Thema)
Unwirksame Klausel in Versicherungsbedingungen eines Kasko-Vesicherers
Leitsatz (amtlich)
Die Klausel in den Versicherungsbedingungen eines Kasko-Versicherers „Die Mehrwertsteuer ersetzt der Versicherer nur, wenn der Versicherungsnehmer diese tatsächlich bezahlt hat.” verstößt gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB) und ist daher unwirksam.
Verfahrensgang
LG Karlsruhe (Urteil vom 28.01.2002; Aktenzeichen 10 O 348/01) |
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des LG Karlsruhe vom 28.1.2002 – 10 O 348/01 – im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:
1. Der Beklagten wird untersagt, die nachfolgende oder eine inhaltsgleiche Klausel in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Zusammenhang mit Verträgen über die Kasko-Versicherung von Kfz-Schäden zu verwenden oder sich auf diese Klausel zu berufen, ausgenommen Verträge mit einem Unternehmer i.S.v. § 14 BGB, mit einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder mit einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen:
Die Mehrwertsteuer ersetzt der Versicherer nur, wenn der Versicherungsnehmer diese tatsächlich bezahlt hat.
2. Der Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zu 250.000 Euro oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten angedroht, wobei die Ordnungshaft gegen die Vorstandsmitglieder der Beklagten festzusetzen wäre.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann eine Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung i.H.v. 15.000 Euro, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger ist ein rechtsfähiger Verein, der Verbraucherinteressen wahrnimmt. Die Beklagte ist ein Versicherungsunternehmen, welches u.a. Kfz-Kasko-Versicherungen anbietet.
Die Beklagte verwendet für die Kasko-Versicherung Bedingungen (Allgemeine Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung, Stand: 1.8.1999), in denen in „§ 13 Ersatzleistungen” unter der Überschrift „II. Wiederherstellung des Fahrzeuges” geregelt ist:
„Bei Beschädigung des Fahrzeuges ersetzt der Versicherer bis zu dem sich nach I. Abs. 1 bis 4 ergebenden Betrag die erforderlichen Kosten der Wiederherstellung. Bis zum Nachweis einer vollständigen Reparatur in einer Fachwerkstatt beschränkt sich die Höchstentschädigung auf die Differenz zwischen Wiederbeschaffungswert und Restwert. Ohne konkreten Nachweis einer Reparatur gelten mittlere, ortsübliche Stundenverrechnungssätze als erforderlich.
Zu den erforderlichen Kosten einer Wiederherstellung gehören auch die hierfür notwendigen einfachen Fracht- und sonstigen Transportkosten. Nicht dazu gehören die Kosten für die Beauftragung eines Sachverständigen.
Die Mehrwertsteuer ersetzt der Versicherer nur, wenn der Versicherungsnehmer diese tatsächlich bezahlt hat.”
Der Kläger hat erstinstanzlich von der Beklagten verlangt, die Verwendung der zitierten Mehrwertsteuer-Klausel zu unterlassen. Das LG hat die Klage abgewiesen mit der Begründung, die beanstandete Klausel verstoße nicht gegen § 9 AGB-Gesetz. Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Berufung. Er hält die Klausel weiterhin für unwirksam und beantragt, das Urteil des LG Karlsruhe vom 28.1.2002 – 10 O 348/01 – im Kostenpunkt aufzuheben und im Übrigen wie folgt abzuändern:
Der Beklagten wird untersagt, die nachfolgende oder eine inhaltsgleiche Klausel in ihren AGB im Zusammenhang mit Verträgen über die Kasko-Versicherung von Kfz-Schäden zu verwenden oder sich auf diese Klausel zu berufen, ausgenommen Verträge mit einem Unternehmer i.S.v. § 14 BGB, mit einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder mit einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen:
Die Mehrwertsteuer ersetzt der Versicherer nur, wenn der Versicherungsnehmer diese tatsächlich bezahlt hat.
Die Beklagte beantragt, die Berufung kostenfällig zurückzuweisen.
Beide Parteien halten an ihren unterschiedlichen Rechtsauffassungen zu der beanstandeten AGB-Klausel fest.
Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze und die vorgelegten Versicherungsbedingungen (Anlagen LG K2) verwiesen.
II. Die Berufung des Klägers ist begründet. Die von der Beklagten in der Kasko-Versicherung verwendete Mehrwertsteuer-Klausel verstößt gegen § 9 Abs. 1 AGB-Gesetz.
1. Die Klage ist zulässig. Die Prozessführungsbefugnis des Klägers ergibt sich aus § 3 Abs. 1 Ziff. 1 UKlaG. Die Anwendbarkeit der Vorschriften des UKlaG auf das bereits vor dem 1.1.2002 eingeleitete Verfahren ergibt sich aus § 16 Abs. 1 UKlaG.
2. Der Anspruch des Klägers beruht auf §§ 1 UKlaG, 307 Abs. 1 S. 1 BGB. Gemäß Art. 229 § 5 S. 1 EGBGB sind auf den Anspruch des Klägers die ab dem 1.1.2002 geltenden materiellen Vorschriften anwendbar, da es sich bei dem Anspruch des Klägers um einen in die Zukunft gerichteten Unterlassungsanspruch handelt (BGH v. 4.7.2002 – I ZR 55/00, MDR 2003, 40 = BGHReport 20...