Leitsatz (amtlich)
Die Einrede der Prozesskostensicherheit kann auch gegenüber einer nicht parteifähigen Klägerin erhoben werden.
Eine Gesellschaft, die ihren tatsächlichen Verwaltungssitz in Kanada hat, ist wie eine Partei zu behandeln, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt außerhalb des Gebiets der Europäischen Union und des Europäischen Wirtschaftsraums hat, auf den satzungsgemäßen Sitz kommt es nicht an.
Verfahrensgang
LG Freiburg i. Br. (Urteil vom 28.02.2007) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Zwischenurteil des LG Freiburg vom 28.2.2007 abgeändert:
Der Klägerin wird aufgegeben, der Beklagten für die Prozesskosten eine Sicherheit i.H.v. 8.200 EUR bis spätestens zum 10.11.2007 zu leisten.
2. Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
Tatbestand
I. Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Kündigung. Der Alleingesellschafter und Geschäftsführer der Klägerin, Herr Dr. G. R. (fortan Schuldner), ist der geschiedene Ehemann der Beklagten.
Die Klägerin ist eine 1993 gegründete Verwaltungs-GmbH. Sie ist alleinige Komplementärin und Geschäftsführerin der Dr. R. GmbH & Co. KG (fortan R. KG). Die R. KG befasst sich ausschließlich mit der Verwaltung von Immobilien, die Klägerin ist lediglich als Geschäftsführerin und Gesellschafterin der R. KG tätig. Die Klägerin hatte ihren Sitz gem. § 1 Nr. 2 des Gesellschaftsvertrags vom 27.9.1993 zunächst in Staufen. Aufgrund einer Änderung des Gesellschaftsvertrags am 25.3.2002 verlegte sie den satzungsmäßigen Sitz 2002 nach Hönow (vgl. Handelsregisterauszug vom 29.11.2006). Der Schuldner verzog im Jahr Herbst 2000 nach Kanada. Inzwischen werden die Geschäfte der Klägerin sowie sämtliche geschäftsführenden Tätigkeiten vom Wohnsitz des Schuldners in Kanada geführt. Geschäftsräume in Deutschland unterhält die Klägerin nicht. Ebenso wenig übt die Klägerin in Deutschland eine eigene Verwaltungstätigkeit aus.
Die Beklagte hat eine durch notarielle Urkunde vom 26.7.2000 titulierte Forderung gegen den Schuldner. Darin hat sich dieser verpflichtet, der Beklagten 1,6 Mio. DM als Zugewinnausgleich zu zahlen. Der Notar erteilte am 31.10.2000 eine vollstreckbare Ausfertigung. Der Vollstreckungstitel wurde dem Schuldner am 12.11.2002 zugestellt. Die Beklagte betrieb die Zwangsvollstreckung und erwirkte zunächst im Wege des Sicherungsarrestes einen Pfändungsbeschluss des AG Riesa vom 4.8.2005, worin u.a. Ansprüche des Schuldners gegen die Klägerin zugunsten der Beklagten gepfändet wurden. Der Pfändungsbeschluss wurde der Klägerin als Drittschuldnerin am 20.12.2005 zugestellt. Mit weiteren Beschlüssen des AG Strausberg vom 17. und 19.1.2006 wurden die gepfändeten Ansprüche der Beklagten zur Einziehung überwiesen. Diese Überweisungsbeschlüsse wurden der Klägerin am 29.5.2006 im Wege der Auslandszustellung zugestellt.
Die Beklagte kündigte als Pfändungsgläubigerin die Gesellschaftsverhältnisse der Klägerin an der R. KG am 17.5.2006 und - durch ihren Bevollmächtigten - am 24.5. und erneut am 27.6.2006 jeweils zum nächstmöglichen Zeitpunkt. Die von der Beklagten geforderte Drittschuldnererklärung gab die Klägerin nicht ab. Vielmehr erhob die Klägerin am 10.7.2006 Klage, mit der sie beantragte festzustellen, dass das Gesellschaftsverhältnis der Klägerin nicht durch die Kündigungen der Beklagten beendet wurde. Die Beklagte beantragte daraufhin, der Klägerin eine Prozesskostensicherheit aufzuerlegen. Nachdem die Beklagte - gestützt auf Pfändungen von Ansprüchen des Schuldners gegen die Klägerin - als Drittschuldnerklage Widerklage auf Auskunft über bestimmte gesellschaftsrechtliche Verhältnisse der Klägerin erhob, hat die Klägerin ihren ursprünglichen Antrag für erledigt erklärt und ihn lediglich hilfsweise - für den Fall, dass die Erhebung der Widerklage die ursprüngliche Klage nicht erledigt haben sollte - aufrecht erhalten.
Das LG hat über die Frage der Prozesskostensicherheit durch Zwischenurteil entschieden und den Antrag der Beklagten zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten mit der sie ihr Begehren, der Klägerin Prozesskostensicherheit aufzuerlegen, weiterverfolgt.
Die Beklagte meint, die Voraussetzungen des § 110 ZPO seien erfüllt, weil die Klägerin tatsächlich ihren Verwaltungssitz in Kanada habe.
Die Beklagte beantragt, das Zwischenurteil des LG Freiburg vom 28.2.2007 abzuändern und die Klägerin zu verurteilen, der Beklagten innerhalb einer vom Gericht zu bestimmenden Frist wegen der Prozesskosten Sicherheit zu leisten.
Die Klägerin beantragt, die Berufung abzuweisen.
Sie verteidigt das landgerichtliche Zwischenurteil.
Entscheidungsgründe
II. Die Berufung ist zulässig. Es handelt sich entgegen der Auffassung der Klägerin um eine unbedingte Berufung. Die Berufung ist auch begründet.
1. Die Beklagte verfolgt mit ihrem Berufungsantrag - trotz der weiten Fassung - nur eine Prozesskostensicherheit für die ihr aufgrund der Verteidigung gegen die Klage entstehenden Prozesskosten, nicht für sämtliche Kosten des Prozesses. Dies folgt aus einer Ausl...