Leitsatz (amtlich)
1. Nur ein Güteantrag, der den geltend gemachten Anspruch hinreichend genau bezeichnet, führt zum Hemmungstatbestand des § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB.
2. Für die erforderliche Individualisierung ist zwar ein bestimmter (bezifferter) Antrag des Gläubigers nicht erforderlich, wohl aber die zumindest schlagwortartige Angabe des konkreten Sachverhalts und der hieraus abgeleiteten Ansprüche.
3. Bei Ansprüchen aus Kapitalanlageberatung genügt zur Identifizierung des Anspruchs nicht schon die pauschale Behauptung einer Falschberatung ohne weitere Hinweise zum Zeitpunkt der Beratung, zum Zeichnungstermin und zur Höhe des Anlagebetrages. Ein formularmäßiger Mustergüteantrag, bei dem lediglich die Person des Anlegers und das Anlageobjekt individuell angegeben werden und der im Übrigen nur allgemeine Vorwürfe enthält, die für alle denkbaren Fallgestaltungen zutreffen und beliebig austauschbar sind, ist zur Hemmung der Verjährung nicht geeignet.
Verfahrensgang
LG Baden-Baden (Urteil vom 15.11.2013; Aktenzeichen 2 O 1/13) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Baden-Baden vom 15.11.2013 - 2 O 1/13 - wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsrechtszuges fallen der Klägerin zur Last.
3. Dieses Urteil sowie das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
Die Vollstreckungsschuldnerin darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
5. Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird auf 19.335,33 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt die beklagte Vermögensberatungsgesellschaft mit der Behauptung fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit dem Beitritt zu einem geschlossenen Immobilienfonds auf Schadensersatz in Anspruch.
Die Klägerin, eine seinerzeit 32 Jahre alte Zahnarzthelferin, zeichnete am 21.11.1988 die Mitgliedschaft an der Beteiligungsgesellschaft "F. F. I KG" mit einer Einlage von 40.000 DM zzgl. 5 % Agio. Sie wurde hierzu von dem für die Beklagte tätigen Vermittler R. R. geworben. Zur Finanzierung der Beteiligung nahm die Klägerin zwei Darlehen auf.
Die Fondsanlage entwickelte sich nicht prospektgemäß. Die Klägerin fühlt sich schlecht beraten. Der Anlageberater habe sie über die Risiken der Anlage und der eingeschränkten Veräußerbarkeit der Anteile sowie über das mögliche Wiederaufleben der Haftung nicht informiert. Ihr hätte der Fondsbeitritt zu dem angestrebten Anlageziel der Altersvorsorge nicht empfohlen werden dürfen. Sie verlangt mit der am 14.1.2013 beim LG eingegangenen und am 21.1.2013 zugestellten Klage im Wege des Schadensersatzes Zug um Zug gegen Abtretung der Fondsanteile Erstattung der geleisteten Darlehenszinsen und Tilgungsaufwendungen, insgesamt einen Betrag von 33.303,82 EUR, worauf sie sich empfangene Ausschüttungen i.H.v. 13.968,49 EUR anrechnen lässt.
Die Beklagte hat u.a. die Einrede der Verjährung erhoben.
Mit Anwaltsschriftsatz vom 22.12.2011 hatte die Klägerin zuvor ein Güteverfahren bei Rechtsanwalt F. X. R. eingeleitet (Anlage K 11), dessen Scheitern mit Zeugnis der Gütestelle vom 20.7.2013 festgestellt wurde (Anlage K 13).
Wegen der Einzelheiten der tatsächlichen Feststellungen und der Anträge wird auf das angefochtene Urteil verwiesen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
Das LG hat die Schadensersatzklage mit der Begründung abgewiesen, unabhängig von dem Zutreffen der behaupteten Pflichtverstöße der Beklagten seien etwaige Ansprüche wegen absoluter Verjährung nicht mehr durchsetzbar. Mangels eines bestimmten Antrags (Bezifferung) habe dem Güteantrag die erforderliche Individualisierung gefehlt, so dass die gewünschte Hemmung nicht habe eintreten können. Außerdem fehle es auch an einem konkreten Sachvortrag im Güteantrag.
Dagegen wendet sich die Klägerin, die mit der Berufung ihre erstinstanzlichen Anträge unverändert weiterverfolgt. Sie bekämpft die Auffassung des LG, der Güteantrag habe eine Hemmung der absoluten Verjährung nicht bewirkt. Mit dem Erfordernis eines bezifferten Antrags habe das LG unter Verkennung der maßgeblichen Verfahrensordnung der angerufenen Gütestelle die Voraussetzungen des gesetzlichen Hemmungstatbestandes in jedem Fall rechtsfehlerhaft überspannt. Die vom LG geforderte Individualisierung des Güteantrags widerspreche dem Ziel des Güteverfahrens. Die Klägerin habe mit dem Güteantrag unter Darlegung des erheblichen Lebenssachverhaltes ihre wirtschaftlichen Interessen hinreichend deutlich gemacht und Rückabwicklung der Vermögensanlage gefordert. Das müsse genügen. Die vom LG erhobene Forderung nach einer konkreteren Benennung der einzelnen Aufklärungspflichtverletzungen würde das Erfordernis der Rechtssicherheit aushöhlen.
Die Beklagte tritt der Berufung entgegen und verteidigt das landgerichtliche Urteil, das sie für richtig hält. Sie beruft sich auf den Eintritt der absoluten Verjährung, weil dem vom Kläger angestr...