Leitsatz (amtlich)
Klauseln in einem städtebaulichen Vertrag i.S.v. § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BauGB, welche im Falle der Rückübertragungspflicht eine Verzinsung des zurückzuzahlenden Kaufpreises und die Beteiligung des Verpflichteten an zwischenzeitlich eingetretenen marktbedingten Steigerungen des Grundstückswerts ausschließen, sind wirksam. Dies gilt unabhängig davon, ob ein Wiederkaufsrecht der Gemeinde oder eine andere Art der Rückabwicklung vereinbart ist.
Normenkette
BauGB § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2
Verfahrensgang
LG Freiburg i. Br. (Aktenzeichen 14 O 565/04) |
Tatbestand
Gegenstand des Rechtsstreits ist ein Rückübertragungsanspruch der Klägerin aus einem Kaufvertrag vom 25.11.1998. Darin hatte sie der Beklagten ein Grundstück verkauft und ihr die Verpflichtung auferlegt, das Grundstück nicht in unbebautem Zustand weiter zu veräußern und auf dem Grundstück innerhalb von 2 ½ Jahren ein Wohngebäude zu errichten. Tatsächlich hat die Beklagte erst Ende Mai 2005 die Baugrube ausheben lassen. Bis dahin hatte sie lediglich Ingenieur- und Architektenleistungen in Auftrag gegeben. Auf die tatsächlichen Feststellungen in der angefochtenen Entscheidung wird Bezug genommen. Das LG hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg.
Entscheidungsgründe
1. Die Klägerin hat von ihrem Recht aus § 4 Abs. 1 des Vertrages vom 25.11.1998 wirksam mit Schreiben vom 16.9.2003 Gebrauch gemacht.
2. Die Klägerin hat mit der vorliegenden, zivilrechtlich zu qualifizierenden Vereinbarung (BVerwG v. 11.2.1993 - 4 C 18/91, BVerwGE 92, 56) mit der Beklagten einen städtebaulichen Vertrag i.S.v. § 11 Abs. 1 BauGB i.d.F. vom 27.8.1997 abgeschlossen. Der Vertrag dient nämlich, was zwischen den Parteien unstreitig ist, der Förderung und Sicherung der mit der Bauleitplanung verfolgten Ziele, insb. der Grundstücksnutzung und der Deckung des Wohnbedarfs der ortsansässigen Bevölkerung (§ 11 Abs. 1 Nr. 2 BauGB). Nach Abs. 2 der genannten Bestimmung müssen die vereinbarten Leistungen den gesamten Umständen nach angemessen sein. Die Vereinbarung einer vom Vertragspartner zu erbringenden Leistung ist unzulässig, wenn er auch ohne sie einen Anspruch auf die Gegenleistung hätte.
Entgegen der Auffassung der Beklagten wird die Angemessenheit einer vertraglichen Regelung dagegen nicht schon dadurch in Frage gestellt, dass sie einseitig von der Gemeinde gestellt ist und zu keinem Zeitpunkt zur Disposition auch der Beklagten gestanden hat. Für die nach Kriterien des öffentlichen Rechts bestimmte Angemessenheit ist vielmehr entscheidend, ob bei wirtschaftlicher Betrachtung des Gesamtvorgangs die gegenseitigen Rechte und Pflichten ausgewogen gestaltet sind (BGH v. 29.11.2002 - V ZR 105/02, BGHZ 153, 93 = MDR 2003, 378 = BGHReport 2003, 264 m. Anm. Grziwotz).
Außerdem muss sich der hier zu beurteilende Kaufvertrag an den §§ 5, 6, 8 bis 11 AGBG messen lassen (vgl. § 24a Nr. 2 AGBGB; BGH v. 29.11.2002 - V ZR 105/02, BGHZ 153, 93 = MDR 2003, 378 = BGHReport 2003, 264 m. Anm. Grziwotz).
Entgegen der Auffassung der Beklagten verstößt die Rückübertragungsverpflichtung nicht gegen die zitierten gesetzlichen Vorschriften.
a) Nach § 4 Abs. 1b des Vertrages ist die Beklagte verpflichtet, innerhalb von 2 ½ Jahren ab heute, also dem 25.11.1998, ein Wohngebäude zu errichten. Die Bauverpflichtung gilt hiernach bereits dann als erfüllt, wenn innerhalb der Frist mit dem Bau begonnen und dieser zügig vorangetrieben wird. Bei einem Verstoß hiergegen steht der Klägerin das Recht auf Rückübereignung des Grundstücks zu.
Derartige Klauseln sind, was auch die Beklagte nicht in Abrede stellt, grundsätzlich zulässig, weil erst sie es den Gemeinden ermöglichen, wirksam für die Umsetzung der mit städtebaulichen Verträgen verfolgten Ziele zu sorgen.
Die Rückübereignungspflicht ist die Sanktion für die Nichterfüllung einer vertraglichen Verpflichtung. Es handelt sich somit um ein unselbständiges Strafversprechen i.S.v. §§ 341, 342 BGB. Nach §§ 342, 339 BGB ist die Strafe verwirkt, wenn der Schuldner in Verzug kommt. Verzug setzt Verschulden voraus. Dem Wortlaut des Vertrages ist nicht zu entnehmen, dass von dieser gesetzlichen Regelung abgewichen werden soll. Vielmehr spricht das Verhalten der Klägerin, die nicht unmittelbar nach Ablauf der Frist im Juni 2001 Rückübereignung verlangt hat, sondern erstmals mit Schreiben vom 16.9.2003 und dann nochmals mit Schreiben vom 25.11.2004, dafür, dass auch die Klägerin die Fristüberschreitung als solche nicht alleine als anspruchsbegründend angesehen hat. Die Bedenken der Beklagten, nach den vertraglichen Bestimmungen könne auch ein nicht schuldhaftes Verhalten zur Rückübereignungspflicht führen, sind also nicht begründet.
Allerdings sind vorliegend Umstände, die das Verhalten der Beklagten als entschuldigt erscheinen lassen könnten, nicht ersichtlich. Vielmehr trägt die Beklagte zur Rechtfertigung lediglich vor, dass sie vorgehabt habe, das Wohngebäude gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten größtenteils mit Eigenleistungen zu erstellen. Ihr...