Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Prüfung der Gleichwirkung ist die Frage, welche Lösung die wortsinngemäße Lösung bereitstellt, nicht durch isolierte Betrachtung der vermeintlich kennzeichnenden Neuerungen zu beurteilen. Vielmehr ist die spezifische Wirkung, die einer in den Patentanspruch aufgenommenen Ausbildung des wortsinngemäßen Gegenstands für bestimmte von der Erfindung erreichte Wirkungen zukommt, unabhängig davon zu beachten, ob diese für sich genommen im Stand der Technik bekannt gewesen sein mag.
2. Bei der Prüfung der sog. Gleichwertigkeit kann aus der Entscheidung des Patentanspruchs für die Verwendung eines bestimmten Mittels zwar grundsätzlich keine gleichsam umfassende Auswahlentscheidung abgeleitet werden, die sich also von vorneherein gegen jede andere Möglichkeit zur Erreichung des mit diesem wortsinngemäßen Mittel verfolgten Ziels richten würde. Dies bedeutet aber auch nicht umgekehrt, dass der Fachmann jede im Stand der Technik bekannte Lösung zur Erreichung des genannten Ziels als eine der patentierten Erfindung gleichwertige Lösung ansieht.
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 23. Juni 2020, Az. 2 O 83/19, wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten der Berufung einschließlich der durch die Nebenintervention verursachten Kosten fallen der Klägerin zur Last.
3. Dieses Urteil und das zu 1. bezeichnete Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund der Urteile für den jeweiligen Vollstreckungsgläubiger vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen behaupteter unmittelbarer und mittelbarer wortsinngemäßer, hilfsweise äquivalenter Verletzung deutschen Teils des europäischen Patents EP 1 366 823 (nachfolgend: Klagepatent) unter Berufung auf abgetretenes Recht bzw. Ermächtigung durch die Patentinhaberin zuletzt (nach übereinstimmender Erledigungserklärung hinsichtlich der Unterlassung) noch auf Auskunft, Rechnungslegung, Rückruf und Vernichtung patentverletzender Gegenstände sowie im Weg eines Feststellungsantrags auf Schadensersatz in Anspruch.
Das Klagepatent schützt eine Flüssigkeitszufuhranordnung für die Zuführung von Flüssigkeiten in schwerkraftgespeisten Flüssigkeitssprüheinrichtung (Sprühpistolen). Es befasst sich ausweislich seines Titels insbesondere mit der Verbindung zwischen dem zur geschützten Anordnung zählenden Mischbecher und der Sprühpistole. Das Klagepatent wurde aufgrund einer Teilanmeldung aus einer am 11. August 2000 angemeldeten europäischen Patentanmeldung erteilt, welche die Priorität einer US-amerikanischen Patentanmeldung vom 16. August 1999 in Anspruch nimmt. Der Hinweis auf die Erteilung u.a. mit Wirkung für Deutschland wurde am 7. Oktober 2009 veröffentlicht. Eine deutsche Übersetzung der Klagepatentschrift EP 1 366 823 B1, auf die wegen des gesamten Inhalts in der englischen Verfahrenssprache verwiesen wird, liegt als Anlage [...] 3a vor. Der deutsche Teil des Klagepatents war Gegenstand einer mit rechtkräftigem Urteil des Bundespatentgerichts vom 18. Juli 2017 (5 Ni 3/16 (EP); nachfolgend BPatGU) abgewiesenen Nichtigkeitsklage und stand bis zum Ablauf seiner Schutzdauer in Kraft.
Der Anspruch 1 des Klagepatents lautet wie folgt:
A liquid supply assembly (10) for use on a gravity fed liquid spraying device (11), said supply assembly comprising:
a mixing cup (12) of stiff polymeric material comprising a side wall (13) having top and bottom ends (14, 15), and a bottom wall (16) extending across and closing the bottom end (15) of said side wall (13), said top end (14) of said side wall (13) defining an opening into said cup (12), and said side wall (13) bearing indicia (19) indicating the levels to which a plurality of different liquids can be sequentially poured into the cup (12) to achieve a predetermined ratio between the liquids;
a first adapter (20) having opposite inner and outer major surfaces (21, 22), said first adapter (20) comprising a central portion (24) having a through opening (26) and a transverse portion (28) including a peripheral part (30), said transverse portion (28) defining a groove (32) along said inner surface adapted for sealing engagement with said top end of said mixing cup, and;
a second adapter (34) having first and second spaced end portions (36, 38) and a through opening (40) extending through said end portions (36, 38), said first end portion (36) being adapted to releasably engage an inlet port of the gravity fed liquid spraying device (11),
said second end portion (38) of said second adapter (34) and said central portion (24) of said first adapter (20) having connector parts adapted for manually releasable liquid tight engagement between said adapters (20, 34) with said through openings (26, 40) in communication,
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