Leitsatz (amtlich)
1. Bei Gemeinschaften von Miteigentümern stimmt die Mehrheitsentscheidung, einen Mietvertrag über die Errichtung einer Mobilfunksendestation auf dem Dach des gemeinschaftlichen Wohnhauses nicht abzuschließen, mit einer dem Interesse aller Teilhaber nach billigem Ermessen entsprechenden Verwaltung und Benutzung i.S.v. § 745 Abs. 2 BGB überein.
2. Auch bei Einhaltung der Grenzwerte der 26. BImSchV kann nach der Verkehrsanschauung bereits die Besorgnis einer Gesundheitsgefahr die Gebrauchstauglichkeit von Mieträumen zu Wohnzwecken beeinträchtigen. Die Nutzung eines Gebäudes durch Vermietung oder seine Verwertung durch Verkauf (von Miteigentumsanteilen) können durch die Installation einer Mobilfunksendeanlage beeinträchtigt werden. Da bereits die ernsthafte Möglichkeit einer Wertminderung ausreicht, kommt es auf deren tatsächliches Eintreten nicht an.
Normenkette
BGB §§ 133, 157, 744 Abs. 2, § 745 Abs. 2; ZPO §§ 296, 520, 530-531; 26. BImSchV
Verfahrensgang
LG Heidelberg (Urteil vom 12.01.2006; Aktenzeichen 1 O 360/04) |
Tenor
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des LG Heidelberg vom 12.1.2006 - 1 O 360/04 - wird zurückgewiesen.
Die Kläger haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Kläger verlangen die Zustimmung der Beklagten zum Abschluss eines Mietvertrages.
Die Parteien sind Miteigentümer des Anwesens X. in Y., wobei die Beklagte Inhaberin eines Anteils von 5/9 ist. Der Kläger Ziff. 1 erhielt im Frühjahr 2004 ein Angebot eines Mobilfunkanbieters zum Abschluss eines Mietvertrages zur Errichtung einer Funkfeststation auf dem Dach des Gebäudes. Der Jahresmietzins sollte 4.500 EUR betragen. Eine Kündigung des Mietvertrages ist nach dem Vertragsentwurf erstmals zum 30.4.2024 möglich. Die Beklagte hat es im Gegensatz zu den Klägern abgelehnt, den Mietvertrag abzuschließen.
Auf die tatsächlichen Feststellungen im Urteil des LG wird Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Die Kläger haben beantragt, die Beklagte zu verurteilen, der Vermietung einer Fläche im Dachgeschoss des Gebäudes X. in Y. zur Errichtung einer Antennenanlage, Versorgungseinheit, Kabelwege und Zuwege in und auf dem Gebäude an die Firma Z.-Mobilfunk zu den im Einzelnen bezeichneten Vertragsbestimmungen des Angebots der Firma Z.-Mobilfunk zuzustimmen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Abschluss des Mietvertrages mit dem Ziel der Errichtung einer Mobilfunkantenne stelle keine zur Erhaltung des Gebäudes notwendige Maßnahme dar. Die Anbringung der Antenne biete lediglich die Möglichkeit, Mieteinnahmen zu erzielen. Dies stelle aber keine Maßnahme dar, die den Wert des Hauses oder die Substanz des Gebäudes erhalte.
Die Kläger könnten die begehrte Zustimmung der Beklagten auch nicht unter dem Gesichtspunkt des § 745 Abs. 2 BGB verlangen. Hier könne unter mehreren zur Auswahl stehenden Maßregeln nur diejenige durchgeführt werden, die das Interesse aller Teilhaber bestmöglich wahre. Voraussetzung einer Regelung durch das Gericht sei allerdings eine Uneinigkeit der Mitberechtigten, die auch durch die Mehrheit nicht behoben werden könne. Die Beklagte habe allerdings als Inhaberin der Mehrheitsbeteiligung den Abschluss des Mietvertrages abgelehnt, so dass ein Mehrheitsbeschluss vorliege. Dieser widerspreche der ordnungsgemäßen Verwaltung nicht. Zwar biete die Vermietung auch Vorteile, indem der erzielte Mietzins der Eigentümergemeinschaft zu Gute komme. Andererseits seien Gesundheitsgefährdungen durch die Mobilfunkantenne nicht auszuschließen. Bereits die Ungewissheit bezüglich einer möglichen Beeinträchtigung reiche aus, die Mehrheitsentscheidung als wirksam anzusehen, da sie dem billigen Ermessen aller Teilhaber entspreche.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Kläger, die ihr erstinstanzliches Vorbringen wiederholen und vertiefen. Zwar sei die Vermietung nicht die einzig zwingende Maßnahme. Entscheidend sei jedoch ein wirtschaftlicher Maßstab. Die Gemeinschaft verfüge über keine anderen finanziellen Mittel, um die bestehende, desolate Lage zu ändern. Im Hinblick auf § 745 Abs. 2 BGB liege zwar ein Mehrheitsbeschluss vor, dieser entspreche aber nicht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung. Das Gebäude sei in höchst sanierungsbedürftigem Zustand. Der Abschluss des Mietvertrages ermögliche hingegen, die ggü. einer Bank bestehenden Verbindlichkeiten zu bedienen. Zudem verhindere er weiteren Wertverlust. Das LG habe zu Unrecht angenommen, dass der Mehrheitsbeschluss der Billigkeit entspreche und hierbei dem Interesse an der finanziellen Sanierung die bloße Möglichkeit einer Gesundheitsgefährdung gegenübergestellt. Demgegenüber beständen tatsächlich keine Risiken für die Gesundheit, weil die Mobilfunkfeststation die maßgeblichen Grenzwerte der 26. BImSchV einhalte. Hieraus ergebe sich, dass die Beeinträchtigung durch die Funkwellen unwesentlich sei....