Entscheidungsstichwort (Thema)
Gehaltsabfindung – Verteilung – Anforderungen an Erwerbsbemühungen. Unterhaltsabänderung
Leitsatz (amtlich)
1. Die dem Unterhaltsverpflichteten bei Ausscheiden aus einem Betrieb gewährte Gehaltsabfindung hat Lohnersatzfunktion und kann bei älteren Arbeitnehmern bis auf die Zeit zum voraussichtlichen Rentenbeginn verteilt werden.
2. Bei den Anforderungen an die Erwerbsbemühungen des Unterhaltsverpflichteten sind individuelle Merkmale wie die berufliche Qualifikation und das Alter des Verpflichteten von besonderer Bedeutung. Keinesfalls kann vom Verpflichteten verlangt werden, sich auf Stellen zu bewerben, die aufgrund des Anforderungsprofils von vornherein keine Aussicht für den Erfolg der Bewerbung bieten.
Normenkette
BGB §§ 1569 ff.
Beteiligte
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichtes B.-B. vom 17.9.1999 (8 F 108/97 UE) im Kostenpunkt aufgehoben und wie folgt abgeändert:
- Der am 8.7.1994 zwischen den Parteien vor dem Amtsgericht – Familiengericht – N. (9 F 2041/92) abgeschlossene Vergleich wird dahin abgeändert, daß der Kläger ab dem 24.3.1999 an die Beklagte einen monatlichen, monatlich im voraus zahlbaren nachehelichen Unterhalt in Höhe von insgesamt 967,50 DM (Elementarunterhalt: 772,50 DM; Vorsorgeunterhalt: 195 DM) und ab 1.1.2000 monatlich 966,50 DM (Elementarunterhalt 773,50 DM; Vorsorgeunterhalt 193 DM) zu bezahlen hat.
- Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
2. Die weitergehende Berufung des Klägers und die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
3. Von den Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen tragen der Kläger 35 % und die Beklagte 65 %.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Abänderung eines Unterhaltsvergleiches.
Die Parteien wurden durch Urteil des Amtsgerichts N. vom 8.7.1994 (9 F 2041/92) rechtkräftig geschieden. Unter gleichem Datum hatten sie einen Vergleich geschlossen, durch welchen sich der Kläger zu monatlichen Ehegattenunterhaltszahlungen an die Beklagte in Höhe von 2.850 DM (2.300 DM Elementarunterhalt und 550 DM Vorsorgeunterhalt) verpflichtet hat. Nach Ziff. 2 dieses Vergleiches sind die Parteien dabei von einem monatlichen Nettoeinkommen des Klägers von 5.761 DM und einer damals bestehenden Erwerbsunfähigkeit der Beklagten ausgegangen. Mit seinem damaligen Arbeitgeber hat der am 27.8.1942 geborene Kläger 1996 einen Aufhebungsvertrag geschlossen unter Vereinbarung einer Abfindung in Höhe von 104.700 DM brutto bzw. 83.000 DM netto. Seit dem 1.1.1997 ist der Kläger arbeitslos und erhält Arbeitslosengeld, seit 1.1.2000 monatlich im Durchschnitt 2.219,50 DM.
Die am 17.4.1943 geborene Beklagte geht keiner Beschäftigung nach.
Der Kläger meint, wegen seiner fortdauernden Arbeitslosigkeit sei er zu weiteren Unterhaltszahlungen nicht verpflichtet. Er sei trotz aller Bemühungen nicht in der Lage, einen neuen Arbeitsplatz zu finden. Die Abfindung habe er zwischenzeitlich zur Tilgung von Schulden verbraucht. Außerdem sei die Beklagte selbst erwerbsfähig. Ihr sei es möglich, ein Einkommen von mindestens 2.700 DM brutto monatlich zu erzielen.
Der Kläger hat beantragt
den am 8.7.1994 zwischen den Parteien vor dem Amtsgericht – Familiengericht – N. zum Aktenzeichen 9 F 2041/92 abgeschlossenen Vergleich dahingehend abzuändern, daß der Kläger ab 1.1.1997, hilfsweise 15.10.1997 der Beklagten keinen Unterhalt mehr schuldet.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat vorgetragen, der Kläger habe seinen Arbeitsplatz leichtfertig aufgegeben. Seine Bemühungen um einen neuen Arbeitsplatz seien unzureichend. Sie selbst sei nach wie vor erwerbsunfähig.
Nach Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Frage der Erwerbsfähigkeit der Beklagten, welches zum Ergebnis gelangte, die Beklagte sei spätestens zum Untersuchungstermin (24.3.1999) in der Lage, vollschichtig einer leichten Tätigkeit nachzugehen, hat das Familiengericht den Unterhaltsvergleich dahingehend abgeändert, daß der Kläger verpflichtet ist, an die Beklagte ab 24.3.1999 monatlichen Unterhalt in Höhe von 1.850 DM zu bezahlen (1.300 DM Elementarunterhalt und 550 DM Vorsorgeunterhalt).
Es könne nicht von einer Änderung der Leistungsfähigkeit des Klägers ausgegangen werden. Die von ihm entfaltete Tätigkeit zur Erlangung eines neuen Arbeitsplatzes, nämlich 32 Bewerbungen in zwei Jahren, sei nicht ausreichend, um seiner Erwerbsobliegenheit nachzukommen, weshalb weiter von einem durchschnittlichen Nettoeinkommen von 5.761 DM auszugehen sei.
Eine wesentliche Änderung habe sich gleichwohl ergeben, weil die Beklagte erwerbsfähig sei und bei guten Bedingungen vollschichtig arbeiten könne. Allerdings beschränke sich ihre Erwerbsobliegenheit unter Berücksichtigung von § 1574 Abs. 2 BGB auf eine Halbtagstätigkeit, wobei ein Monatsnettoeinkommen von 1.000 DM zugrunde gelegt werden könne.
Hiergegen wenden sich der Kläger und die Beklagte mit ihrer jeweiligen Berufung.
Seinen erstinstanzlichen Vortrag vertiefend trägt der Kläge...