Verfahrensgang
LG Mannheim (Aktenzeichen 14 O 93/21) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 06.10.2021, Az. 14 0 93/21, wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten der Berufung fallen dem Kläger zur Last.
3. Dieses Urteil und das zu 1. bezeichnete Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des nach dem jeweiligen Urteil vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 125.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Unterlassung der Verbreitung einer "Regional-App" in Anspruch.
Der Kläger vertritt die Interessen der baden-württembergischen Zeitungsverlage und Digitalpublisher. Nach seinem - von der Beklagten bestrittenen - Vortrag gehören ihm 48 der insgesamt 50 selbstständigen Tageszeitungsverlage in Baden-Württemberg sowie eine Redaktionsgemeinschaft an (vgl. das auszugsweise Mitgliederverzeichnis, Anlage K 52), die alle auch Digitalinhalte über ein Internetportal anbieten. Die Beklagte vermarktet und gestaltet die im Aufbau befindliche Anwendungssoftware ... (im Folgenden auch: "App"; vgl. § 1 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags [im Folgenden: "GV"], Anlage B 4), über die unter anderem Regionalnachrichten, Veranstaltungshinweise und Angebote regionaler Einzelhändler nach Registrierung kostenlos abrufbar sein werden (vgl. Anlagen K 7, K 9 - K 34). Kommanditisten sind die Sparkasse ... (im Folgenden auch: "Sparkasse") und die ... GmbH, deren Alleingesellschaftergeschäftsführer der Digitalunternehmer ... ist, zu je 49 Prozent sowie die ... ein Bankenberatungsunternehmen, zu 2 Prozent (vgl. § 4 Abs. 3 GV). Das Stimmgewicht bei Gesellschafterbeschlüssen, die grundsätzlich zumindest einer einfachen Stimmenmehrheit bedürfen, richtet sich nach den vorgenannten Anteilen (§ 8 Abs. 1, Abs. 4 GV). Zur Geschäftsführung und Vertretung der Beklagten ist deren Komplementärin, die ... GmbH, ermächtigt ([im Folgenden auch: "Komplementärin"]; vgl. §§ 4 Abs. 1, 6 GV sowie Anlage B 1). An dieser halten die Sparkasse ... die ... GmbH und die ... AG Kapitalanteile in ihrer Beteiligung an der Beklagten entsprechender Höhe (vgl. Anlagen B 2 und B 3). Die Führung ihrer Geschäfte durch die beiden Geschäftsführer ... und ... der gleichzeitig Bereichsleiter Eigenanlage der Sparkasse ... ist, ist in einer Geschäftsordnung (Anlage B 5) näher geregelt.
Der Klägerin hat geltend gemacht, die Beklagte verstoße gegen das Gebot der Staatsfreiheit bzw. Staatsferne der Presse aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG. Die mit der App abrufbaren, öffentlich-rechtlich verantworteten Inhalte überschritten die Grenzen zulässiger staatlicher Öffentlichkeitsarbeit "massiv" und seien geeignet, Tageszeitungen bzw. Onlineangebote zu substituieren. Die Inhalte hätten insbesondere keinen Bezug zu den Aufgaben der Sparkasse ... einer Anstalt des öffentlichen Rechts. Dennoch übe diese nicht nur mittelbar, sondern unmittelbar erheblichen Einfluss auf die Beklagte aus, weshalb eine Beherrschung durch die öffentliche Hand anzunehmen sei. Die Sparkasse habe die App ursprünglich ins Leben gerufen und konzipiert. Die anschließende Aufnahme weiterer Gesellschafter und der gesellschaftsvertragliche Verzicht auf Mitbestimmung in redaktionellen Angelegenheiten bei unveränderter Fortführung der Konzeption seien ein offenkundiger Umgehungsversuch. So seien die (wirtschaftlichen) Interessen der Gesellschafter der Beklagten gleichgerichtet (vgl. Anlagen K 53 und K 54). Jedenfalls könne die Sparkasse etwa jederzeit die ... auf ihre Seite ziehen, um Mehrheitsentscheidungen herbeizuführen, ihre Kunden bildeten die Basis für den wirtschaftlichen Erfolg der App und sie werbe "massiv" für diese als eigene Aktivität. Auch habe die Beklagte ihre Geschäftsräume im selben Gebäude wie die Sparkasse, sei der Geschäftsführer deren Komplementärin ... gleichzeitig für diese tätig und habe die Sparkasse im eigenen Namen Vertriebsmitarbeiter für die Beklagte gesucht.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 30.03.2021 (Anlage K 5) forderte der Kläger die Beklagte erfolglos zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung bis 06.04.2021 auf.
Die Klägerin hat beantragt:
1. Der Beklagten wird es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten untersagt, das Telemedienangebot "..." zu verbreiten/verbreiten zu lassen und/oder öffentlich zugänglich zu machen/machen zu lassen, wenn dies geschieht wie in den als Anlage K 7 und K 9 bis K 34 beigefügten Screenshots von dem am 30.3.2021 abrufbaren Angebot wiedergegeben.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 2.729,50 zu zahlen. Hilfsweise, den Kläger von der Honorarforderung freizustellen.
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