nicht rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Erbverzicht: Erstreckung eines Erb- und Pflichtteilsverzichtsvertrages auf erfolgte testamentarische Zuwendung
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage des Vorliegens eines Verzichts auch auf eine bereits erfolgte testamentarische Zuwendung, wenn der Begünstigte in einem Erb- und Pflichtteilsverzichtvertrag auf sämtliche ihm zustehende Erb- und Pflichtteilsansprüche verzichtet.
Leitsatz (redaktionell)
Zur Frage des Vorliegens eines Verzichts auch auf eine bereits erfolgte testamentarische Zuwendung, wenn der Begünstigte in einem Erb- und Pflichtteilsverzichtvertrag auf sämtliche ihm zustehende Erb- und Pflichtteilsansprüche verzichtet.
Normenkette
BGB §§ 2346, 2352, 2521, 2232
Verfahrensgang
LG Freiburg i. Br. (Urteil vom 27.09.2001; Aktenzeichen 14 O 257/01) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts F. vom 27.09.2001 wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe des 1,2-fachen des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, es sei denn, die Klägerin leistet vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des 1,2-fachen des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass sie den am 04.04.2000 verstorbenen Vater der Parteien allein beerbt hat. Die Beklagte macht geltend, ein von ihr erklärter Erb- und Pflichtteilsverzicht habe sich nicht auf eine vorangegangene testamentarische Erbeinsetzung erstreckt, mit der Folge dass sie beide aufgrund dieser Erben zu je 1/2 geworden seien.
Durch handschriftliches Testament vom 20.10.1989 hatte der verwitwete Erblasser beide Parteien als Erben zu gleichen Teilen eingesetzt und als Teilungsanordnung – ohne Wertausgleich – der Beklagten sein Anwesen in A. unter Übernahme der darauf lastenden Verbindlichkeiten und der Klägerin sein Anwesen in M. samt allem darin befindlichen Inventar und sonstigen Fährnissen ebenfalls unter Übernahme der Verbindlichkeiten zugewandt. Der Bruder der Parteien wurde mit einem von der Klägerin zu erfüllenden Vermächtnis in Höhe von 25 % des Schätzwertes des Anwesens M. nach Abzug von Pfandlasten, Beerdigungskosten und Kosten der Grabpflege bedacht. Ein eventuell geltend gemachter Pflichtteil des Bruders sollte zwischen den Parteien entsprechend dem Verhältnis der ihnen zugeteilten Nachlassgegenstände erfüllt werden. Mit Testament vom 04.11.1995 verfügte er zu Gunsten seiner Lebensgefährtin über ein Sparkassenzertifikat und eine Lebensversicherung.
Am 29.10.1993 ließ die Beklagte, handelnd für sich und als vollmachtlose Vertreterin des Erblassers, von dem Notar T. in A. einen Überlassungsvertrag nebst Auflassung beurkunden. Der Erblasser übertrug in diesem Vertrag der Beklagten das von ihr seit Jahren bewohnte und ihr zugedachte Grundstück in A. gegen Übernahme einer mit noch ca. 89.000,00 DM valutierten Grundschuld und der Verpflichtung an den Bruder der Parteien nach dem Tode des Erblassers zinslos 50.000,00 DM zu zahlen. Die Beklagte verzichtete in diesem Vertrag auf „sämtliche ihr nach dem Vater zustehenden Erb- und Pflichtteilsansprüche”. Am 03.11.1993 ließ der Erblasser, handelnd für sich und die Beklagte, weil die Beurkundung am 29.10.1993 gemäß § 2347 BGB nichtig war, vor dem Notariat 1 in M. den „Abschluss eines Erb- und Pflichtteilsverzichtsvertrages” beurkunden. Die Beklagte verzichtete in diesem Vertrag gegenüber dem Erblasser auf „sämtliche ihr nach dem Vater zustehenden Erb- und Pflichtteilsansprüche”. Der Erblasser nahm diesen Verzicht an. Am 23.12.1993 gab die Beklagte vor Notar T. in A. die „Vollmachtsbestätigung” zur Urkunde vom 03.11.1993 ab.
In einem Telefonat vom 21.6.2000 teilte die Beklagte Notar Dr. S., Notariat M., mit, dass sie und ihr Vater bei Abschluss des Erb- und Pflichtteilsverzichtvertrages vom 3.11.1993 davon ausgegangen seien, dass hiermit sämtliche Ansprüche am Nachlass des Vaters- auch aus seinem Testament – erledigt seien und sie davon ausgehe, vom Nachlass nichts mehr zu erhalten, da ihr das im Testament genannte Anwesen zuvor übertragen worden sei. Notar T. stellte demgegenüber mit Schreiben an das Notariat M. vom 28.6.2000 für die Beklagte klar, dass sie irrtümlich davon ausgegangen sei, dass sich der Erbverzicht auch auf die testamentarische Erbeinsetzung erstrecke. Das Notariat M. erteilte am 28.09.2000 einen gemeinschaftlichen Erbschein, der beide Parteien als Erben zu je 1/2 auswies. In dem Anschreiben vom gleichen Tage wurde die Klägerin vom Notar darauf hingewiesen, dass durch den Erbschein keine Aussage darüber getroffen sei, wem das Grundstück in M. zustehen solle. Nach seiner Auslegung sei die Beklagte in Erfüllung des Testaments verpflichtet, das Grundstück auf die Klägerin zu übertragen.
Die Klägerin ist der Auffassung, sie sei Alleinerbin nach ihrem Vater geworden, da die Beklagte w...