Leitsatz (amtlich)
Der am Telefon oder per E-Mail abgeschlossene Kauf von Zertifikaten kann nicht nach den Bestimmungen über Fernabsatzverträge widerrufen werden.
Normenkette
BGB § 312b Abs. 1, 4, § 312d Abs. 3, 4 Nr. 6
Verfahrensgang
LG Mannheim (Urteil vom 07.04.2010; Aktenzeichen 8 O 282/09) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Mannheim vom 7.4.2010 - 8 O 282/09 - wird, soweit sie die Beklagten zu 2 und 3 betrifft, als unzulässig verworfen und im Übrigen zurückgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagten zuvor Sicherheit i.H.v. 120 % des beizutreibenden Betrages leisten.
4. Die Revision wird zugelassen.
5. Der Streitwert wird unter Abänderung des Beschlusses vom 19.4.2010 für beide Instanzen auf insgesamt EUR 87.142,96, und zwar für den Antrag Ziff. 1 auf EUR 41.830,89, für den Antrag Ziff. 2 auf EUR 40.692,07 und für die Anträge 4 und 5 auf zusammen EUR 4.620 festgesetzt.
Gründe
A. Die Klägerin klagt aus abgetretenem Recht ihres Ehemannes (künftig Zedent) auf Schadensersatz im Zusammenhang mit Anlagegeschäften.
Der Zedent, der Diplom-Wirtschaftsingenieur der Fachrichtung Informatik ist und in der Position eines Abteilungsleiters bei einem großen Softwarehersteller arbeitet, unterhielt bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1, der D. Bank (künftig Beklagte zu 1), bei der die Beklagten zu 2 und 3 als Bankberater beschäftigt waren, ein Konto und tätigte Anlagegeschäfte über sie. Hierbei wurde er bis Mai 2008 vom Beklagten zu 2 beraten, danach übernahm der Beklagte zu 3 diese Aufgabe. Seit 1988 verwaltete der Zedent das bei der Beklagten auch in Aktien und Rentenfonds angelegte Vermögen seiner Großmutter. Für sich investierte er bereits vor den streitgegenständlichen Geldanlagen in neun Investmentfonds, die in in- und ausländische Aktien investierten oder die Wertentwicklung verschiedener Indizes abbildeten, sowie in zehn nicht streitgegenständliche Zertifikate, bezogen auf Aktien, Gold oder verschiedene Aktienindizes, Geld an und hielt in- und ausländische Aktien, wie im Schriftsatz v. 15.1.2010 S. 7 ff. (AS I 98 ff.) dargestellt. Er telefonierte etwa einmal im Monat mit seinen Bankberatern und besprach mit ihnen, ob Änderungen seiner Geldanlagen ratsam seien.
Auf Empfehlung der Beklagten erwarb der Zedent für sich:
1. aufgrund Telefonats vom 12.12.2006 am 13.12.2006 22 Wertpapiere ... "D. Bank Kapitalmarkt Zertifikat", ein aktienindexbasiertes Zertifikat mit Kapitalgarantie der Beklagten zu 1 mit 3-jähriger Laufzeit (K 5), für EUR 22.090,20, die er auf Anraten des Beklagten zu 3 im Mai 2008 für EUR 20.818,09 verkaufte.
2. aufgrund E-Mail vom 30.01 und Telefonats vom 6.2.2007 am 7.2.2007 10 Wertpapiere ... "L. B. G. C. Zertifikat I", ein aktienindexbasiertes Bonuszertifikat mit Kapitalgarantie der L. B. V. (K 10,11), für EUR 10.085,30. Die Emittentin ist insolvent.
3. aufgrund Telefonats vom 17.4.2007 (K 16) am 24.4.2007 320 Wertpapiere ... "D. A. E. Zertifikat II", ein aktienindexvergleichendes Zertifikat mit einem Sicherheitspuffer von 40 %, für EUR 32.000, verkauft am 7.10.2008 für EUR 21.728,49.
4. aufgrund E-Mail vom 13.7.2007 und 16.7.2007 am 25.7.2007 Fondsanteile ... "A. E. Strategie" (K 20, 21, 22) ein in verschiedene Geldmarktprodukte, insbesondere Zertifikate anlegender Fonds, für EUR 31.500, die am 3.3.2008 für EUR 26.487,41 verkauft wurden.
5. aufgrund E-Mail vom 30.10.2007 (K 24, 25) und Telefonats vom 5.11.2007 am 8.11.2007 100 Wertpapiere ... "U. C.-Zertifikat D.", ein aktienbasiertes Bonuszertifikat mit einem Sicherheitspuffer von 40 %, für EUR 10.223, die am 5.11.2008 für EUR 2.768,67 verkauft wurden.
6. aufgrund Telefonats Ende Mai am 27.5.2008 117 und am 3.6.2008 204 Wertpapiere ... "D. E. E. Zertifikat V", ein aktienindexbasiertes Bonuszertifikat mit einem Sicherheitspuffer von 20 %, für EUR 11.970,27 und EUR 21.063,75, verkauft am 16.10.2008 für EUR 20.860,24.
7. aufgrund zweier E-Mails (K 28, 29) am 30.7.2008 255 Wertpapiere ... "D. B. S. Zertifikat", ein aktienindexbasiertes Zertifikat mit Kapitalgarantie, für EUR 26.124,75.
Der Zedent hat behauptet, die Anlagen hätten auch der Altersvorsorge und der Finanzierung des Studiums seiner Töchter dienen sollen. Kenntnisse über die Risiken der Zertifikate habe er nicht gehabt, ihre Funktionsweise auch nicht verstanden. Die Beklagten hätten ihn insoweit nicht aufgeklärt. Rückvergütungen und Gewinnmargen habe man ihm nicht mitgeteilt.
Das LG hat die auf Erstattung des verlorenen Anlagekapitals nebst entgangenen Zinsgewinns i.H.v. EUR 41.830,89 gegen die Beklagten zu 1 und 2 und EUR 40.692,07 gegen die Beklagten zu 1 und 3 zzgl. Rechtshängigkeitszinsen, Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten ( EUR 3.366,99) und Feststellung der Erstattungspflicht für k...