Leitsatz (amtlich)
1. Ob die Ausstattung eines Belegkrankenhauses ausreicht, um die nach der Eingangsdiagnose zu erwartende ärztliche Behandlungsaufgabe bewältigen zu können, ist eine dem Aufgabenkreis des Belegarztes zuzurechnende Entscheidung, für die der Träger des Belegkrankenhauses in der Regel nicht haftet.
2. Der Geschädigte, der aus der Verletzung einer Organisationspflicht die Haftung der Trägers des Belegkrankenhauses herleiten will, trägt die Beweislast dafür, dass die Verletzung der Orginisationspflicht für seine Schädigung unrsächlich wurde.
Verfahrensgang
LG Baden-Baden (Urteil vom 19.05.2003; Aktenzeichen 3 O 80/02) |
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG Baden-Baden vom 19.5.2003 - 3 O 80/02 - wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsrechtszugs.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung durch die Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig abwenden, sofern nicht diese vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger nimmt den beklagten Träger des Kreiskrankenhauses G. wegen verschiedener Versäumnisse bei der Organisation der geburtshilflichen Abteilung in Anspruch. Das LG hat eine Haftung verneint und die Klage durch das angegriffene Urteil, auf das wegen der getroffenen Feststellungen und des Sach- und Streitstandes im ersten Rechtszug verwiesen wird, abgewiesen.
Dagegen wendet sich der Kläger mit der Behauptung, eine Haftung des beklagten Kreises aus Organisationsverschulden ergebe sich daraus, dass die EE-Zeit von max. 20 Minuten nicht habe eingehalten werden können, dass die Aufnahme von Risikogeburten in die Belegabteilung nicht unterbunden worden sei und dass mit der - nach den Behauptungen des Klägers - altersbedingt nicht mehr ausreichend fachlich qualifizierten Hebamme kein Beleghebammenvertrag habe geschlossen werden dürfen, und verfolgt sein Feststellungsbegehren weiter.
Der Beklagte verteidigt das angegriffene Urteil.
II. Die zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Der Beklagte schuldet als Träger des Belegkrankenhauses nicht die ärztlichen Leistungen des Belegarztes und der Beleghebamme sondern nur die nichtärztliche pflegerische Betreuung. Die Behandlung der Mutter des Klägers und auch des Klägers selbst gehörte nicht zu den Leistungen, die vom Krankenhausträger zu erbringen waren, sodass der beklagte Kreis nicht für deren Fehler haftet (BGH, Urt. v. 14.2.1995 - VI ZR 272/93, BGHZ 129, 6 ff. = MDR 1995, 698 = VersR 1995, 706 f.; Urt. v. 16.4.1996 - VI ZR 190/95, MDR 1996, 1016 = VersR 1996, 976 [977]; OLG Karlsruhe, Urt. v. 16.5.2001 - 7 U 46/99, OLGReport Karlsruhe 2002, 99 [100]). Die Haftung des Belegkrankenhauses für Fehler des Personals bei der Pflegetätigkeit, für die es ohne weiteres einzustehen hätte, ist hier nicht im Streit und wird vom Kläger auch nicht geltend gemacht. Das Urteil weist weder Rechtsfehler auf noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Feststellungen eine andere Entscheidung (§ 513 ZPO). Organisationsfehler des beklagten Kreises bzw. deren Kausalität für die Schädigung des Klägers hat das LG zu Recht verneint:
1. Ob es - wie vom Kläger behauptet - aus von dem beklagten Kreis zu verantwortenden organisatorischen Gründen ausgeschlossen war, die für eine Not-Sectio einzuhaltende EE-Zeit von höchstens 20 Minuten (Gutachten PD Dr. W. v. 14.10.1997 im Verfahren LG Baden-Baden 3 O 142/01 S. 17) zu gewährleisten, bedarf keiner Aufklärung. Der Kläger, der für die Verletzung einer Organisationspflicht und deren Kausalität für seine Schädigung beweispflichtig ist (BGH, Urt. v. 1.2.1994 - VI ZR 65/93, MDR 1994, 451 = VersR 1994, 562 [563]), hat nicht nachgewiesen, dass von dem die Geburt leitenden Belegarzt eine Not-Sectio angeordnet worden war. Ein solches Beweisangebot wurde trotz des Hinweises im landgerichtlichen Urteil (S. 10) auch im Berufungsrechtszug nicht vorgebracht. Die Behauptung "unter der Geburt" gäbe es keine Differenzierung zwischen Sectio und Not-Sectio bzw. der durchgeführte Kaiserschnitt sei eine Not-Sectio (Schriftsatz v. 9.9.2003, II 55), genügt nicht. Dass in der konkreten Situation die Indikation für eine Not-Sectio bestanden hat, ist übereinstimmende Auffassung des Gerichtsgutachters PD Dr. W. (Gutachten v. 14.10.1997, S. 17) und des Privatgutachters des Klägers Prof. Dr. T. (Gutachten v. 19.1.1996, S. 17). Daraus folgt aber nur, dass eine notfallmäßige Kaiserschnittentbindung hätte angeordnet werden müssen, nicht jedoch, dass der Belegarzt eine notfallmäßig Kaiserschnittentbindung tatsächlich angeordnet hat. Dies bleibt gerade offen, in den Krankenunterlagen finden sich dafür keine Hinweise (Gutachten PD Dr. W. v. 14.10.1997, S. 18). Sonstige Anhaltspunkte dafür, dass der Belegarzt eine Not-Sectio tatsächlich angeordnet hat, werden vom Kläger nicht aufgezeigt und sind auch nicht erkennbar. Ger...