Leitsatz (amtlich)
1. Art. 82 Abs. 1 und Abs. 2 lit. c) CISG sind nicht in der Weise analog anzuwenden, dass der Verkäufer das Recht, die Vertragsaufhebung gem. Art. 64 Abs. 1 CISG zu erklären, deshalb verliert, weil der Käufer die Ware vor Vertragswidrigkeit (hier: Zahlungsverzug) weiterveräußert hat.
2. Wenn der Verkäufer dem Käufer eine zu kurze Frist zur Zahlung setzt, beginnt damit eine angemessene Nachfrist gemäß Art: 63 Abs. 1 CISG zu laufen.
3. Erklärt der Verkäufer die Vertragsaufhebung gem. Art. 64 Abs. 1 CISG, so kann er vom Käufer im Rahmen der Rückabwicklung der Leistungen den Nettovorteil aus der Weiterveräußerung der Ware in entsprechender Anwendung von Art. 84 Abs. 2 lit. b) CISG beanspruchen.
Normenkette
CISG Art. 63 Abs. 1, Art. 64 Abs. 1 lit. b, Art. 82 Abs. 1, 2 lit. c, Art. 84 Abs. 2 lit. b
Verfahrensgang
LG Konstanz (Urteil vom 24.01.2007; Aktenzeichen 5 O 455/06) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des LG Konstanz vom 24.1.2007 - 5 O 229/06 M - abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 26.500 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 2.5.2006 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz tragen der Kläger 32 % und die Beklagte 68 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung des Klägers gegen Sicherheitsleistung in Höhe des 1,2-fachen des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger, der seinen Oldtimer-Rennwagen der Marke Jaguar C-Type, Baujahr 1953, für 170.000 EUR an die Beklagte, die mit derartigen Fahrzeugen handelt, verkauft hat, verfolgt mit der Berufung seinen erstinstanzlich abgewiesenen Zahlungsantrag weiter. Er begehrt von der Beklagten gemäß Art. 84 Abs. 2 lit. b) CISG analog, alternativ aus Art. 76 Abs. 1 CISG die Zahlung weiterer 28.500 EUR.
Die Beklagte hat das Fahrzeug mit Vertrag vom 14.2.2006 zu einem Gesamtpreis von 198.500 EUR weiterverkauft. Nachdem die Beklagte zunächst insgesamt 70.000 EUR an den Kläger gezahlt hatte, teilte sie ihm am 28.3.2006 mit, sie werde derzeit die Restzahlung von 100.000 EUR nicht leisten. Daraufhin forderte der Kläger die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 13.4.2006 auf, den Restkaufpreis spätestens bis zum 20.4.2006 zu bezahlen. Mit weiterem Schreiben vom 2.5.2006 erklärte der Kläger ggü. der Beklagten den Rücktritt vom Kaufvertrag.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Das LG hat die Beklagte zur Zahlung von 100.000 EUR verurteilt, den darüber hinausgehenden Betrag aber abgewiesen. Es hat ausgeführt, der Kläger könne keine Vertragsaufhebung nach Art. 81 CISG verlangen. Das ergebe sich aus einer analogen Anwendung des Art. 82 Abs. 2 lit. c) CISG. Nach Art. § 82 Abs. 1 CISG verliere der Käufer bei Unmöglichkeit der Rückgabe der Kaufsache grundsätzlich das Recht zur Vertragsaufhebung. Art. 82 Abs. 2 lit. c) CISG formuliere hierzu eine Gegenausnahme dann, wenn der Käufer die Ware gutgläubig vor Kenntnis der Vertragswidrigkeit weiterverkauft hat und ihm die Rückgabe deshalb unmöglich ist. In diesem Fall werde der Käufer privilegiert. Der hier vorliegende Fall der durch den Verkäufer erklärten Vertragsaufhebung wegen einer vom Käufer verursachten Vertragswidrigkeit werde im CISG nicht ausdrücklich geregelt. Damit stelle sich die Frage einer analogen Anwendung des Art. 82 Abs. 2 lit. c) CISG. Wegen der vergleichbaren Interessenlage und der im CISG zum Ausdruck kommenden Privilegierung des gutgläubigen Weiterverkäufers, sei diese geboten. Demnach werde ein Aufhebungsrecht des Verkäufers nicht dadurch berührt, dass dem Käufer die Rückgabe der Ware in unversehrtem Zustand unmöglich geworden ist, es sei denn, der Käufer könne sich nach Art. 82 Abs. 2 CISG entlasten. Die Gefahrverteilung des Art. 82 Abs. 2 CISG passe jedenfalls in den Fällen, in denen der Weiterverkauf der Ware gutgläubig vor Kenntnis der Vertragswidrigkeit erfolgte, da sich der Käufer zu diesem Zeitpunkt noch nicht im Vertragsbruch befunden habe. Wegen der Nichtzahlung des Kaufpreises durch die Beklagte trotz der Nachfristsetzung nach Art. 63 CISG könne der Kläger Schadensersatz wegen Nichterfüllung beanspruchen. Dieser Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung belaufe sich ausgehend von der ursprünglichen Vertragssumme von 170.000 EUR auf 100.000 EUR. Hierdurch werde der Kläger so gestellt, wie er bei ordnungsgemäßer Vertragsdurchführung gestanden hätte. Fiktiven weiteren Schadensersatzanspruch i.H.v. 28.500 EUR könne der Kläger aber nicht verlangen. Ein solcher Anspruch könne lediglich unter den weiteren Voraussetzungen des Art. 76 Abs. 1 CISG zugesprochen werden. Die Vorschrift setze aber eine Vertragsaufhebung voraus, die vo...