Leitsatz (amtlich)
›2. Steht von einem Schaden erst ein Teil der Höhe nach fest, so kann der Kläger insgesamt auf Feststellung klagen er ist also nicht verpflichtet, seine Klage in einen Feststellungs- und einen Leistungsantrag aufzuspalten.‹
3. Schmerzensgeld in Höhe von 170 000 DM [85.000 EUR] für schwerverletzte Pkw-Fahrerin bei Schädelhirntrauma, Schädelfraktur, Rippenbrüche, Sitzbeinfraktur, 100 % Minderung der Erwerbsfähigkeit, Rollstuhl, ständig auf Betreuung und Versorgung angewiesen, schleppender Regulierung unter Berücksichtigung eines Mitverschuldens der Klägerin
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4. Eine Zahlung zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus einem nur vorläufig vollstreckbaren Urteil bedeutet grundsätzlich keine Erfüllung mit der Wirkung des Erlöschens des Schuldverhältnisses und der prozessualen Folge der Erledigung der Hauptsache bzw. des Wegfalls der Beschwer. Eine derartige Zahlung führt jedoch zum Ende des Verzugs mit der Geldschuld und auch zum Ende der Verpflichtung zur Zahlung von Prozesszinsen.‹
Verfahrensgang
LG Mannheim (Entscheidung vom 04.07.1989) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 4. Juli 1989 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Mannheim im Kostenpunkt aufgehoben, im übrigen geändert und wie folgt neu gefaßt:
1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von DM 170.000,-- nebst 4 % Zinsen hieraus für die Zeit vom 11. Mai bis 14. August 1989 zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin 2/3 des dieser aus dem Verkehrsunfall vom 5. August 1986 entstandenen materiellen Schadens zu ersetzen, soweit diese Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind.
3. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin sämtlichen zukünftigen immateriellen Schaden aus dem Verkehrsunfall vom 5. August 1986 unter Berücksichtigung eines auf die Klägerin entfallenden Mitverschuldensanteiles von 1/3 zu ersetzen.
4. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
II. Von den Kosten des 1. Rechtszugs haben die Klägerin 38 %, die Beklagten als Gesamtschuldner 62 % zu tragen.
Von den Kosten des 2. Rechtszugs fallen der Klägerin 16 %, den Beklagten als Gesamtschuldnern 84 % zur Last.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von DM 210.000,-- abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von DM 11.500,-- abwenden, wenn nicht die Beklagten zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Sicherheit kann jeweils auch durch unbefristete, selbstschuldnerische Bürgschaft eines inländischen, als Zoll- und Steuerbürge zugelassenen Kreditinstituts erbracht werden.
IV. Der Wert der Beschwer aller Parteien liegt über DM 40.000,--.
Tatbestand
Die Klägerin macht Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall vom 5.8.1986 in ... geltend.
Die Klägerin befuhr mit ihrem PKW Marke ... (amtliches Kennzeichen ...), dessen Halterin sie war, gegen 10.50 Uhr die ... Straße in östlicher Richtung. Im Kreuzungsbereich der ...-Straße, deren Richtungsfahrbahnen in mehreren Spuren durch straßenbahneigene Gleiskörper getrennt verlaufen, der ...-Straße, der ... Straße und der ... Straße herrschte starker Fahrzeugverkehr, der sich gestaut hatte und nur langsam vorankam. Die Klägerin wollte zunächst die in südlicher Richtung (Innenstadt) verlaufenden Fahrbahnen der ...-Straße sowie den Straßenbahngleiskörper überqueren, um dann auf der ...-Straße in Richtung ... zu fahren. Der Kreuzungsbereich war durch eine Lichtzeichenanlage geregelt.
Die Klägerin fuhr als erste in einer Wartekolonne bei grünem Lichtzeichen los, nachdem sie bereits mehrere Grünphasen zur Querung der ...-Straße nicht hatte nutzen können. Infolge des Rückstaus auf der ...-Straße konnte sie jedoch diese nicht überqueren. In dem zwischen den Fahrbahnen liegenden Schienenbereich, der durch ein Andreas-Kreuz am Beginn der die Gleisanlagen querenden Straßenfurt gesichert ist, blieb sie mit ihrem Fahrzeug stehen. Aus Richtung ... kommend näherte sich ein vom Beklagten Ziffer 2 geführter Straßenbahnzug der Beklagten Ziffer 1 und kollidierte mit dem Fahrzeug der Klägerin. Die Straßenbahn prallte mit der Frontseite gegen die linke Längsseite des klägerischen Fahrzeugs im Bereich der Fahrertür. Es trat eine Verhakung beider Fahrzeuge ein. Die Straßenbahn schob den PKW der Klägerin bis zum Erreichen des Endstandes auf einer Strecke von 16,4 m vor sich her. Bei dem Unfall erlitt die Klägerin schwerste Verletzungen, insbesondere ein Schädelhirntrauma mit Schädelfraktur rechts, Brüche der Rippen 6 bis 10, sowie eine Sitzbeinfraktur. Als Folge des Unfalls ist die Klägerin schwerbehindert. Wegen der Unfallfolgen wird auf das fachneurologische Gutac...