Entscheidungsstichwort (Thema)
Forderung
Leitsatz (redaktionell)
1. Wird eine komplette Dokumentation mit Schaltbildern und Beschreibungen geschuldet, die eine sachgemäße Bedienung und Wartung ermöglichen soll, so tritt Erfüllung nur bei einer solchen Dokumentation ein, die eine Beschreibung aller Hardware- und Softwarekomponenten enthält, welche so präzise ist, daß die Anlage von dem Personal des Klägers bedient und – bei Bedarf – von einem EDV-Fachmann gewartet werden kann. In diesem Zusammenhang bedeutet (Software-) Wartung nicht nur die Beseitigung vorhandener Fehler, sondern auch die Anpassung an veränderte Bedingungen.
2. Soll die Anlage bei bedarf erweitert werden können, und übernimmt der Unternehmer keine Wartungsverpflichtung, so hat die beschriebene Dokumentation den Quellcode für die Anlage jedenfalls insoweit zu enthalten, wie dieser Voraussetzung für eine Anpassung der Steuerung an in der Praxis üblicherweise auftretende Veränderungen ist.
Verfahrensgang
LG Karlsruhe (Aktenzeichen 8 O 14/96) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 16. August 1996 – 8 O 14196 – teilweise abgeändert und insgesamt neu gefaßt:
Die Klage ist dem Grunde nach gerechtfertigt.
Die Widerklage wird abgewiesen.
Soweit sich der Beklagte mit der Berufung gegen die Abweisung der Widerklage wendet, wird seine Berufung zurückgewiesen.
2. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlußurteil vorbehalten.
3. Die Beschwer des Beklagten übersteigt 60.000 DM
Tatbestand
Der Kläger stellt Schmuck im sogenannten Schleudergußverfahren her. Dabei verwendet er neun Brennöfen, in denen die verschiedenen Gußteile auf bestimmte Temperaturen erhitzt werden. Für diesen Produktionsprozeß ist eine Steuerung der Öfen erforderlich. Bis Anfang 1994 wurden die Öfen einzeln gesteuert. Nachdem der Kläger im Ausland eine Anlage gesehen hatte, die in der Lage war, sämtliche Öfen mittels eines Computers zu steuern, wandte er sich an den Beklagten mit der Anfrage, ob dieser eine solche Anlage bauen könne. Der Beklagte fertigte daraufhin ein Pflichtenheft, in dem die – geplante – Anlage im einzelnen beschrieben ist (I 41).
Dort heißt es:
„1. Projektbeschreibung.
Der gesamte Steuerungsaufbau dient dem automatischen Regeln der Öfen. Durch die Eingabe eines Programmes für jeden einzelnen Ofen werden die Ablaufzeit, die dazu gehörenden Temperaturen, die Klappenstellungen und der Nachbrenner individuell nach den Programmparametern gesteuert und überwacht.
Die Anlage besteht aus:
- dem Leitrechner
- der SPS (Speicher Programmierbare Steuerung)
- den Meßwert-Wandlern
- den Solid State Relais.
Die SPS erhält die Steuerparameter vom Leitrechner und setzt diese in Regelparameter um. Gesteuert werden neun Öfen. Das System ist auf zwölf Öfen erweiterbar.
Es können beliebig viele Steuerungsprogramme erstellt werden.
…
Der Energiebedarf, erzeugt durch alle arbeitenden Öfen, wird auf maximal 50 KW am Versorgungsnetz begrenzt. Dies wird durch einen speziellen Steuerungsprozeß der SPS gewährleistet.
…
Bei Temperaturüber- bzw. -unterschreitung wird ein Alarm ausgegeben.
…
Die Elektroarbeiten im Starkstrombereich wie Schaltschrank, Schütze etc. werden von einer Fremdfirma erstellt.
1.1 Leitrechner
Der Leitrechner setzt sich aus folgenden Komponenten/Funktionsgruppen zusammen:
- Farbbildschirm
…
Empfohlenes Gerät:
Jeder IBM-kompatible Rechner z.B. Fa. Escom, Vobis etc.
1.2 Meßwertwandler und Anzeige
…
Empfohlenes Gerät:
Typ KA-302 Fa. N… Meßsysteme …
1.3 Speicher Programmierbare Steuerung (SPS)
Die SPS hat die Aufgabe, die vom Leitrechner übertragenen Programme zur Ablaufsteuerung der einzelnen Öfen in entsprechende Steuersignale umzusetzen und zu übertragen. Das beinhaltet:
die Temperaturregelung des zugeordneten Ofens:
…
die Klappensteuerung:
…
die Motorsteuerung:
…
die Nachbrennersteuerung:
…
die Energieverteilung:
…
die Heizungssteuerung für den Wachsablaufkanal:
…
Die SPS wird im neu installierten Schaltschrank untergebracht.
…
Empfohlenes Gerät:
SPS Typ Pase E Fa. J… Steuerungstechnik
1.4 Solid State Relais (SSR)
Zur Ansteuerung der Ofenheizung wird ein „intelligentes” Halbleiterrelais eingesetzt. Dies gewährleistet die gewünschten Anforderungen:
…
Empfohlener Typ:
RSDA-660-30-3DO
1.5 Klappen (Rauchabzug)
Die komplette Klappenmechanik wird von einer Fremdfirma bezogen.
…
1.6 Elektroarbeiten
Die anfallenden Elektroarbeiten wie Schaltschrank, Kraftstromverkabelung, Versorgungs- und Betriebsleitungen werden von der Hausfirma der Fa. H… installiert.
Im unteren Teil des Schaltschrankes wird die SPS eingebaut.
1.7 Inbetriebnahme
Die Öfen werden nacheinander in Betrieb genommen, damit kein Produktionsausfall bei der Fa H… entsteht.
1.8 Dokumentation
Es wird eine komplette Dokumentation mit Schaltbildern und Beschreibungen erstellt, die eine sachgemäße Bedienung und Wartung ermöglicht.
…”
Unter dem 04.03.1994 unterbreitete der Beklagte dem Kläger ein „bereinigtes, aktuelles Angebot” (I 245):
„Speicher Programmierbare Steuerung (SPS) bestehend aus: |
Grundgerät für 8 Peripheriemodule, CPU und Netzteil |
DM |
2.3... |