Entscheidungsstichwort (Thema)
Güterrechtsansprüche. Zugewinnausgleich
Leitsatz (redaktionell)
Zur Frage der Berücksichtigung eines Leibgedingsvertrages bei der Zugewinnausgleichsberechnung.
Normenkette
BGB §§ 1373, 1374 Abs. 2, §§ 1375, 1378
Verfahrensgang
AG Karlsruhe (Urteil vom 31.03.1989; Aktenzeichen 2 F 78/84 Gür) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Antragstellerin wird Nr. 1 des Urteils des Amtsgerichts – Familiengerichts – vom … 31.03.1989 – 2 F 78/84 Gür – wie folgt geändert:
Die Antragstellerin wird verurteilt, an den Antragsgegner 52 079,57 DM nebst 4 % Zinsen aus 45 000,00 DM für die Zeit vom 10.12.1985 bis 02.03.1988 und aus 52 079,57 DM seit 03.03.1988 zu bezahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
3. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Antragstellerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 4 000,00 DM abwenden, wenn nicht der Antragsgegner Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Die Sicherheit kann in beiden Fällen auch durch schriftliche selbstschuldnerische Bürgschaft eines in der Bundesrepublik Deutschland als Zoll- und Steuerbürge zugelassenen Kreditinstituts erbracht werden.
5. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien sind seit 10.12.1985 rechtskräftig geschieden. Der Scheidungsantrag ist dem Antragsgegner am 30.11.1984 zugestellt worden (I 25). Durch Beschluß vom 10.12.1985 ist die Folgesache Güterrecht abgetrennt worden (I 43).
Die Parteien hatten bei Eheschließung im Jahr 1954 kein Vermögen. Durch notariellen Übergabevertrag vom 28.06.1971 erwarb die Antragstellerin das Hausgrundstück … in … von ihrem Vater. Zu diesem Zeitpunkt waren die auf dem Haus ruhenden Grundschulden noch mit 14 614,47 DM valutiert. Als Gegenleistung erhielt der Vater ein lebenslängliches Leibgedinge, bestehend aus einem Wohnrecht im Erdgeschoß des Anwesens und dem Recht auf „Kost, Wartung und Pflege”. Außerdem hatte die Antragstellerin an ihre drei Geschwister ein unverzinsliches Gleichstellungsgeld von je 10 000,00 DM innerhalb von sechs Monaten nach dem Tod des Vaters zu zahlen und diesen von der Haftung für die Grundschulden auf dem Grundstück freizustellen (I Gür 193). Der am 23.03.1895 geborene Vater starb am 30.08.1981. Bei Zustellung des Scheidungsantrags war die Antragstellerin noch Alleineigentümerin des Gundstücks. Zur Modernisierung des Anwesens hatten die Parteien ein Darlehen bei der … Baden-Württemberg in Höhe von 13 400,00 DM aufgenommen, das bei Zustellung des Scheidungsantrags noch nicht vollständig zurückbezahlt war. Beiden Parteien gehörte noch zu je 1/2 ein Gartengrundstück.
Der Antragsgegner hat die Antragstellerin auf Zahlung von zunächst 45 000,00 DM und später von 52 500,00 DM, jeweils nebst 4 % Zinsen hieraus seit 21.06.1985, in Anspruch genommen.
Die Antragstellerin hat um Klageabweisung gebeten.
Das Amtsgericht hat zum Verkehrswert des Hausgrundstücks am 28.06.1971 und am 30.11.1984 ein Gutachten des Gutachterausschusses für Grundstückswerte in … eingeholt (I Gür 81). Sodann hat es die Antragstellerin zur Zahlung von 52 079,57 DM Zugewinnausgleich nebst 4 % Zinsen hieraus seit 10.12.1985 verurteilt. Einen Zugewinn beim Antragsgegner hat es verneint. Das Endvermögen der Antragstellerin hat es auf 196 430,75 DM bemessen, nämlich den Wert des Hausgrundstücks von 202 000,00 DM, gemindert um die Hälfte der restlichen Darlehensschuld von insgesamt 11 138,50 DM. Als Anfangsvermögen der Antragstellerin hat es den damaligen Wert des Hausgrundstücks von 97 000,00 DM eingesetzt, ebenfalls vermindert um den Wert des Leibgedinges von 16 500,00 DM und die Gleichstellungsschuld von 30 000,00 DM; den Unterschiedsbetrag von 50 500,00 DM hat es sodann zum Ausgleich des inflationsbedingten Geldwertverlusts auf 92 271,60 DM hochgerechnet. Die Einzelheiten ergeben sich aus den Entscheidungsgründen (I Gür 239).
Hiergegen richtet sich die Berufung der Antragstellerin. Sie rügt den Ansatz des Leibgedinges bei Errechnung des Anfangsvermögens. Sie meint unter Berufung auf ein Urteil des Oberlandesgerichts … (FamRZ 1983, 166), das noch in der Ehezeit erloschene Leibgedinge mindere das Anfangsvermögen nicht. Nichts anderes gelte für die Gleichstellungsschuld. Sie beantragt,
das angefochtene Urteil abzuändern und die Antragstellerin unter Abweisung der weitergehenden Klage zur Zahlung von 9 598,10 DM zu verurteilen.
Der Antragsgegner bittet um
Zurückweisung der Berufung.
Die Einzelheiten des Vortrags der Parteien in beiden Instanzen ergeben sich aus den Schriftsätzen und den Sitzungsniederschriften.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Antragstellerin ist mit Ausnahme des Zinsanspruchs nicht gerechtfertigt. Der Antragsgegner hat gegen sie einen höheren Anspruch auf Zugewinnausgleich, als ihn das Amtsgericht mit 52 079,57 DM zuerkannt hat. Er entspricht der Hälfte des Zugewinns der Antragstellerin (vgl. § 1378 Abs. 1 BGB). Um diesen Betrag übersteigt ihr Endvermögen das Anfangs ver...