Verfahrensgang

LG Freiburg i. Br. (Entscheidung vom 21.09.2011; Aktenzeichen 12 O 82/11)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Vorsitzenden der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Freiburg vom 21. September 2011 - 12 O 82/11 - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen abgeändert:

Der Antragsgegnerin wird bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der künftigen Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an den Geschäftsführern der persönlich haftenden Gesellschafterin, untersagt, im geschäftlichen Verkehr für die Produkte "Logona Pflegeshampoo Brennnessel" und/oder "Lavera Basis Sensitiv Mint Zahncreme" mit der Wiedergabe von Testurteilen zu werden, ohne die Fundstelle der Veröffentlichung des Test in leicht und eindeutig lesbarer Druckgröße wiederzugeben, sofern dies geschieht wie folgt:

2. Die Beklagte trägt die Kosten beider Rechtszüge.

 

Gründe

I. Der Verfügungskläger (i. F. "Kläger") fordert von der Verfügungsbeklagten (i. F. "Beklagte") Unterlassung von Werbung mit Testurteilen ohne lesbare Fundstellenangabe.

Von der Darstellung des Sachverhalts wird abgesehen, §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 ZPO.

II. Die zulässige Berufung hat Erfolg. Der Kläger kann aus §§ 3 Abs. 1, Abs. 2, 5 a Abs. 2, Abs. 3 Nr. 1, 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 2 UWG verlangen, dass die Beklagte die beanstandete Werbung in der konkreten Verletzungsform unterlässt. Die Werbung in dem Prospekt "..." (Beilage zur Zeitschrift "Ökotest", August 2011) für das "Logona Pflegeshampoo Brennnessel" (S. 22) und für die "Lavera Basis Sensitive Mint Zahncreme" (Bestellzettel Rückseite) ist unlauter.

1. Wie das Landgericht im Ausgangspunkt zutreffend erkennt, verstößt die Werbung mit Testergebnissen ohne Angabe der Fundstelle gegen § 3 Abs. 2 UWG i.V. mit § 5a Abs. 2 UWG (vgl. für § 1 UWG a.F. BGH GRUR 1991, 679 - Fundstellenangabe). Der fehlenden Fundstellenangabe steht eine nicht oder schlecht leserliche Angabe gleich. Es ist Gebot der fachlichen Sorgfalt, mit Testergebnissen nur zu werben, wenn dem Verbraucher dabei die Fundstelle eindeutig und leicht zugänglich angegeben und ihm so eine einfache Möglichkeit eröffnet wird, den Test selbst zur Kenntnis zu nehmen. Fehlt es daran, so beeinträchtigt dies spürbar die Fähigkeit des Verbrauchers, eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen (vgl. BGH GRUR 2010, 248 - Kamerakauf im Internet - Rn. 29ff.).

Schlecht leserlich ist eine Angabe dann, wenn ein nicht unerheblicher Teil der Durchschnittsleser die Angabe auch bei situationsadäquater Aufmerksamkeit allenfalls mit Mühe entziffern kann. Für dieses Kriterium bietet die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Lesbarkeit der Pflichtangaben nach § 4 Abs. 1 HeilmittelwerbeG einen brauchbaren Anhaltspunkt (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 13.10.2011, 4 U 141/11; KG GRUR 2011, 278). Hiernach müssen die betreffenden Texte ohne besondere Konzentration und Anstrengung lesbar sein (vgl. BGH GRUR 1987, 301 - 6-Punkt-Schrift; GRUR 1988, 68 - Lesbarkeit I; GRUR 1993, 52 - Lesbarkeit IV). Ohne besondere Konzentration und Anstrengung ist im Regelfall nur eine Schrift zu lesen, deren Größe 6 Punkt nicht unterschreitet. Allerdings kann aufgrund besonderer Umstände ausnahmsweise auch eine kleinere Schrift die Anforderungen erfüllen (BGH aaO.). Eine Werbung, die sich an das breite Publikum wendet, muss auch für diejenigen lesbar sein, die im medizinischen Sinne nicht 100 % sehfähig sind, in Publikumszeitschriften übliche Schriftgrößen aber noch mühelos lesen können (vgl. BGH GRUR 1988, 68 - Lesbarkeit I; OLG Karlsruhe aaO.).

Die Einwände der Beklagten gegen die Übertragung dieser Rechtsprechung auf die Werbung mit Testergebnissen überzeugen nicht. Auch wenn Belange des Gesundheitsschutzes bei Fundstellenangaben regelmäßig keine Rolle spielen, ist Lesbarkeit hier ebenso gefordert wie im geltenden Heilmittelwerberecht. Auf die Frage, ob das Lesbarkeitskriterium bei Heilmittelwerbung europarechtlichen Vorgaben standhält (vgl. EuGH GRUR 2008, 1014 - Gintec), kommt es für die Zulässigkeit einer Werbung mit Testergebnissen nicht an. Der unterschiedlichen grafischen Gestaltung von Heilmittelwerbe- und Fundstellenangaben wird durch einzelfallbezogene Ausnahmen von der 6-Punkt-Regel hinreichend Rechnung getragen.

2. Nach dieser Maßgabe genügen die beanstandeten Fundstellenangaben nicht den Anforderungen. Sie unterschreiten die 6-Punkt-Schwelle deutlich, ohne diesen Mangel durch lesbarkeitsfördernde Umstände ausreichend zu kompensieren. Trotz Schwarz-Weiß-Drucks und abgesetzter Position sind zwei von drei Senatsmitgliedern auch unter Einsatz von Lesebrillen nur mit Mühe in der Lage, insbesondere die Zahlen aus der Fundstellenangabe richtig zu entziffern. Der Senat gehört dem von der Werbung angesprochenen Leserkreis an. Die Werbebeilage wendet sich an das breite Publikum und will auch ältere Leser erreichen. Gerade die Jahreszahlen aus der Funds...

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