Entscheidungsstichwort (Thema)
Nutzungsbeeinträchtigung ohne Substanzverletzung
Leitsatz (amtlich)
Eine Rechtsgutsverletzung an einer Sache kann nicht nur durch eine Beeinträchtigung der Sachsubstanz, sondern auch durch eine sonstige die Eigentümerbefugnisse - oder die des berechtigten Besitzers - treffende tatsächliche Einwirkung auf die Sache erfolgen.
Verfahrensgang
LG H. (Urteil vom 30.11.2012; Aktenzeichen 2 O 231/12) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG H. vom 30.11.2012 - 2 O 231/12 - wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund der Urteile vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt Ersatz ihr - nach ihrem Vorbringen - als Betreiberin einer Autobahnraststätte entgangenen Gewinns aufgrund einer durch ein bei der Beklagten versichertes Fahrzeug verursachten Sperrung der Autobahn.
Am 07.04.2012 kollidierte der nicht vollständig abgesenkte und deshalb bis in eine Höhe von 4,83 m ragende Auslegearm eines auf dem Auflieger des bei der Beklagten haftpflichtversicherten, in südlicher Richtung auf der Bundesautobahn A 5 fahrenden Sattelzuges befindlichen Baggers mit einer am Ortsende von E. - bei km 576,500 - über die Autobahn führenden Brücke (Bauwerk Nr. 6617 501). Dabei wurde die Brücke so stark beschädigt, dass Einsturzgefahr bestand. Die Bundesautobahn A 5 wurde daher zwischen den Autobahnkreuzen H. (km 574,6) und H.-S. (km 580,1) in Richtung Süden bis um 07:00 Uhr am 13.04.2012 gesperrt. Im Rundfunk wurde eine großräumige Umfahrung des gesperrten Bereiches bereits ab dem D. Kreuz empfohlen.
Südlich der Unfallstelle - bei km 582,0 und damit nach dem Autobahnkreuz H.-S. - befindet sich an der Fahrbahn in südlicher Richtung die Rastanlage "H.". Während der vorgenannten Sperrung der Autobahn wurde die Rastanlage geschlossen.
Die Klägerin hat behauptet, sie sei die Betreiberin der Rastanlage "H.". Da die Rastanlage für den Durchgangsverkehr in Richtung Süden während der Sperrung der Autobahn nicht mehr erreichbar gewesen sei, habe sie in dieser Zeit - wobei es sich wegen des betroffenen Osterreiseverkehrs um traditionell starke Umsatztage gehandelt habe - keine Betriebsstoffe, kein Reisezubehör und keine Speisen verkaufen können. Ihre Einnahmen seien daher im Vergleich zum Vorjahr nach Abzug des Wareneinsatzes und der ersparten Umsatzpacht um EUR 37.955,00 niedriger gewesen.
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie - die Klägerin -
1. EUR 37.985,00 sowie fünf Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszins seit dem 20.04.2012 sowie
2. EUR 1.192,60 vorgerichtliche Anwaltskosten zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Das LG hat die Klage mit Urteil vom 30.11.2012 - zugestellt an die Klägerin am 04.12.2012 - abgewiesen; auf den dortigen Tatbestand und die Entscheidungsgründe wird verwiesen.
Hiergegen wendet sich die am 03.01.2013 eingegangene und - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 04.03.2013 - am 04.03.2013 begründete Berufung der Klägerin, die mit ihrem Rechtsmittel ihr erstinstanzliches Begehren in vollem Umfang weiterverfolgt. Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Vorschriften über die übermäßige Straßenbenutzung (§ 29 StVO) dem Schutz der Einrichtungen der Rastanlage dienen; die von ihr betriebene Rastanlage falle als Nebenbetrieb im Sinne des Fernstraßengesetzes (§ 15 FStrG) in deren Schutzbereich. Gerade die im Genehmigungsverfahren bei Fahrzeugen, die - wie vorliegend - die allgemein zugelassenen Grenzen überschritten, erforderliche Haftungserklärung zeige, dass ein Unternehmer, der einen genehmigungspflichtigen Sondertransport durchführe, auch die besonderen Haftungsrisiken tragen solle. Dies habe erst recht zu gelten, wenn - wie vorliegend - die Genehmigungspflicht bei einem überhaupt nicht genehmigungsfähigen Transport umgangen werde.
Darüber hinaus liege auch eine zum Schadensersatz verpflichtende Störung ihres - der Klägerin - berechtigten Besitzes an der Rastanlage vor. Allein die Erreichbarkeit der Autobahnraststätte über die in unmittelbarer Nähe befindliche Anschlussstelle S. könne die Besitzstörung angesichts des wegen der ab D. empfohlenen Umleitung ausbleibenden Fernverkehrs nicht beseitigen. Eine Sperrung mit der stattgehabten Dauer im Osterreiseverkehr stelle keine übliche und deshalb hinnehmbare, sondern vielmehr eine existenzbedrohende Beeinträchtigung dar. Eine typische Gefahr des Straßenverkehrs habe sich schon deshalb nicht realisiert, weil eine unzulässige Straßenbenutzung und damit kein zulässiges Verkehrsgeschehen vorgelegen habe.
Schließlich sei in haftungsbeg...