Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch der überlebenden Ehefrau auf eine VBL-Witwenrente bei Ehedauer von unter einem Jahr
Leitsatz (amtlich)
1. Bei einer Ehedauer von weniger als zwölf Monaten steht der überlebenden Ehefrau eine VBL-Witwenrente in Gestalt einer Betriebsrente zu, wenn nach den von ihr darzulegenden und gegebenenfalls zu beweisenden Umständen die Ehe nicht ausschließlich oder überwiegend dazu gedient hat, ihr diese Betriebsrente zu verschaffen. Auf von anderen Trägern stammende Hinterbliebenenbezüge kommt es insoweit nicht an.
2. Die Feststellung dieser Umstände im streitigen Verfahren ist im Hinblick auf den damit angesprochenen Lebensbereich jeglicher schematischen Herangehensweise entzogen.
Normenkette
VBLS § 38 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Karlsruhe (Urteil vom 05.10.2007; Aktenzeichen 6 O 60/06) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG Karlsruhe vom 5.10.2007 - 6 O 60/06 - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt geändert:
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin Witwenrente in satzungsgemäßer Höhe aus der Versicherung ihres ... 2005 verstorbenen Ehemannes Klaus G zu gewähren.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin macht einen Anspruch auf Betriebsrente für Witwen gegen die beklagte Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) geltend, den die Beklagte unter Hinweis auf § 38 Abs. 2 ihrer Satzung (VBLS)
§ 38 Abs. 2 VBLS
Anspruch auf Betriebsrente für Witwen/Witwer besteht nicht, wenn die Ehe mit der/dem Verstorbenen weniger als zwölf Monate gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, der Witwe/dem Witwer eine Betriebsrente zu verschaffen. zurückwies.
Die Klägerin war seit 1995 Lebensgefährtin und vom ... 1.2005 bis ... 5.2005 Ehefrau des ... 1943 geborenen Klaus G, einem ehemaligen Flugkapitän der Lufthansa AG, der vom ... 1963 bis zum ... 1994 bei der Beklagten zusatzversichert und danach beitragsfrei weiterversichert war.
Etwa im Jahre 2002 begannen die Klägerin und ihr damaliger Lebensgefährte zu erörtern, ob und wann sie heiraten wollten. Da jedoch beide bereits eine gescheiterte Ehe hinter sich hatten, waren sie sich zwar einig zu heiraten, jedoch sollte alles in Ruhe geschehen. Im April 2003 musste sich der Lebensgefährte wegen eines Pankreaskopfkarzinoms einer Operation - einer sog. Whipple-Operation, bei der der Kopf der Bauchspeicheldrüse, die Gallenblase, ¾ des Magens, der Zwölffingerdarm und 32 Lymphknoten entfernt wurden - unterziehen. Der Operation schloss sich eine Chemotherapie an, die der Lebensgefährte, dem es während dieser Behandlung gesundheitlich sehr schlecht ging, im August 2003 abbrach. Im November 2003 wurde eine zweiwöchige Ayurvedakur in Sri Lanka durchgeführt, die gut anschlug.
Am 1.4.2004 folgte eine Nachsorgeuntersuchung bei Prof. Dr. Dr. h. c. B im Universitätsklinikum Heidelberg. Bei der damals vorliegenden, auswärts durchgeführten Magnetresonanztomographie (MRT) des Bauchraumes ergab sich kein Anhalt für das Vorliegen eines Tumorrezidivs oder einer Metastasierung des bekannten Pankreaskopfkarzinoms. Empfohlen wurden damals die Fortsetzung der routinemäßigen Tumornachsorgeuntersuchungen in sechsmonatigen Abständen und eine Kontrolle des Tumormarkers CA 19-9 in zwei- bis dreimonatigen Abständen.
Die Zeit von Mitte April 2004 bis Mitte Oktober 2004 verbrachten die Klägerin und ihr Lebensgefährte am Mittelmeer. Am 17.11.2004 erfolgte in der Gemeinschaftspraxis Dr. K/Dr. R in Würzburg eine MRT-Routineuntersuchung mit folgendem Ergebnis: "Erneut kann ein blander Befund im Restaging festgestellt werden bei Z. n. Pankreasmalignom mit Whipple'scher OP bei Z. n. Morbus Whipple mit Pancreaticoduodenektomie. Insbesondere auch kein Nachweis eines fokalen Rezidives, einer Lebermetastasierung bei unauffälligem intra- wie retroperitonealem Befund des Ober- und Mittelbauches". Am 24.11.2004 folgte eine nuklear-medizinische Untersuchung in der Gemeinschaftspraxis für Nuklearmedizin Dr. E in Würzburg, bei der ein Verdacht auf zwei LK-Metastasen im Bereich der Mesenterialgefäße diagnostiziert wurde. Im November und Dezember 2004 war der Lebensgefährte zur Kontrollen bei seinem Hausarzt Dr. A in A.
Am Donnerstag, dem 13.1.2005 meldeten die Klägerin und ihr Lebensgefährte beim Standesamt A ihre Eheschließung an. Am 20.1.2005 schlossen sie dort vor dem Standesbeamten die Ehe. Vom 23.1.2005 bis zum 28.1.2005 befand sich der Ehemann der Klägerin stationär im Universitätsklinikum Heidelberg. Bei einer Untersuchung am 24.1.2005 wurde eine Weichgewebsvermehrung in einer Größe von 9 × 2 × 2 cm mit Infiltration der großen Bauchgefäße festgestellt, so dass eine Resektion nicht möglich war. Dem stationären Krankenhausaufenthalt schloss sich ab Mitte Februar 2005 eine viereinhalbwöchige St...