Entscheidungsstichwort (Thema)
Unterhalt
Verfahrensgang
AG Pforzheim (Urteil vom 11.07.1991; Aktenzeichen 4 F 130/89) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts – Familiengerichts – Pforzheim vom 11.07.1991 – 4 F 130/89 – aufgehoben und die Klage abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten beider Rechtszüge zu tragen.
Tatbestand
Die jetzt 45 Jahre alte Klägerin nimmt den Beklagten auf nachehelichen Unterhalt in Anspruch. Ihre am 23.05.1970 geschlossene Ehe wurde mit Urteil des Amtsgerichts – Familiengerichts – Pforzheim vom 22.12.1977 – 1 F 168/77 – rechtskräftig geschieden. Aus der Ehe sind keine Kinder hervorgegangen. Der Versorgungsausgleich wurde durchgeführt.
Zum Zeitpunkt des Scheidungsurteils waren beide Parteien berufstätig, die Klägerin allerdings erst seit Mitte November 1977. Der Beklagte erzielte ein monatliches Nettoeinkommen von rund 3.600,00 DM, die Klägerin als Verwaltungsangestellte ein solches von rund 1.250,00 DM. Sie ist gelernte Industriekauffrau und hatte diese Tätigkeit als Stenokontoristin auch mit Unterbrechungen vor und zu Anfang der Ehe ausgeübt. Anfang 1973 beendete sie ihre Erwerbstätigkeit und lebte dann gemeinsam mit ihrem Mann als Hausfrau vier Jahre lang in Afrika. Nach der Trennung von ihm Ende 1976 befand sich die Klägerin im März 1977 erstmals in ambulanter Behandlung wegen einer psychotischen Episode (vgl. Schreiben der Landesklinik Nordschwarzwald vom 19.09.1989; AS I 15). Am 14.11.1977 nahm sie wieder eine Erwerbstätigkeit auf, zunächst sechs Monate auf Probe und dann fest angestellt im öffentlichen Dienst. Im Scheidungstermin vom 22.12.1977 schlossen die Parteien eine Scheidungsfolgenvereinbarung zur Regelung des Unterhalts, zur Zuweisung der Ehewohnung und zur Verteilung des Hausrates und des Vermögens. Die Vereinbarung zum Unterhalt hat folgenden Wortlaut:
- Der Antragsteller verpflichtet sich, an die Antragsgegnerin unabhängig von deren Verdienst ab 01.01.1978 auf die Dauer von zwei Jahren einen Unterhaltsbetrag von monatlich DM 300,00 zu bezahlen.
- Sollte die Antragsgegnerin arbeitslos werden, ohne daß die Voraussetzungen für die Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung bestehen, ist der Antragsteller verpflichtet, ihr während der Dauer der Arbeitslosigkeit einen monatlichen Unterhalt von DM 1.100,00 zu bezahlen, auf den die monatlichen DM 300,00 nach Ziffer 1 anzurechnen sind. Außerdem sind von ihm in diesem Fall die Beiträge zur Krankenversicherung zu bezahlen.
In den auf die Scheidung folgenden Jahren übte die Klägerin zunächst ihren Beruf weiter aus. Ab 01.04.1980 besuchte sie einen Weiterbildungskurs zur Fremdsprachenkorrespondentin und erhielt insoweit Unterhaltsgeld. Infolge einer Verschlimmerung ihrer psychischen Erkrankung wurde sie krankgeschrieben und erhielt vom 07.10. bis 19.10.1980 sowie vom 11.11.1980 bis zum 21.04.1981 Krankengeld, anschließend in der Zeit vom 22.04.1981 bis zum 20.03.1982 Arbeitslosengeld und ab dem 22.03.1982 wieder kurzfristig Unterhaltsgeld. Seit dem 14.04.1982 gilt die Klägerin als erwerbsunfähig und seit dem 14.10.1982 bezieht sie auf ihren Antrag eine Erwerbsunfähigkeitsrente. Diese beläuft sich nach Abzug des anteiligen Krankenversicherungsbeitrags ab 30.06.1990 auf 1.023,80 DM (vgl. AS I 119), ab 01.07.1991 auf 1075,44 DM (AS II 185) und ab 01.07.1992 1.105,93 DM (AS II 187).
Die Klägerin begehrt ab 15.06.1989 einen monatlichen Ehegattenunterhalt in Höhe von 1.100,00 DM. Sie macht geltend, daß sie infolge ihrer psychischen Erkrankung, die noch während bestehender Ehe aufgetreten sei, ihren Unterhalt durch die eigene Erwerbstätigkeit nicht habe nachhaltig sichern können. Sie ist des weiteren der Ansicht, daß die zwischen den Parteien am 22.12.1977 getroffene Unterhaltsvereinbarung ihren Unterhaltsansprüchen nicht im Wege stehe, da damit nach Ablauf der Befristung kein Unterhaltsverzicht bezweckt gewesen sei. Hinsichtlich der Unterhaltsberechnung geht sie weiterhin von einem monatlichen durchschnittlichen Nettoeinkommen des Beklagten von mindestens 3.600,00 DM aus, so daß sich bei Anwendung der Differenzmethode ihr Unterhaltsanspruch unter Berücksichtigung ihrer Erwerbsunfähigkeitsrente auf 1.100,00 DM im Monat belaufe.
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Er ist der Ansicht, daß nach dem ausdrücklichen Willen der Parteien die Unterhaltsleistungen längstens für die Dauer von zwei Jahren hätten erfolgen sollen, wofür insbesondere spreche, daß sich die Klägerin zum fraglichen Zeitpunkt in der Probezeit befunden habe, so daß nur ein noch bestehendes restliches Arbeitsplatzrisiko hätte abgesichert werden sollen. Im übrigen habe die Klägerin nach der Scheidung über vier Jahre in einem Arbeitsverhältnis gestanden und ausreichend Gelegenheit gehabt, ihren Unterhalt nachhaltig zu sichern.
Das Familiengericht hat der Klage ab August 1990 in voller Höhe stattgegeben und für den Zeitraum davor wegen fehlender Verzugsvoraussetzungen abgewiesen. Es hat einen Unterhaltsanspruch der Klägerin gemäß § 1572 Nr. 4...