Entscheidungsstichwort (Thema)
Zustimmung in die Auszahlung eines hinterlegten Betrages. Lebzeitiges Eigeninteresse
Leitsatz (redaktionell)
Die Höhe des Anspruchs aus § 2287 BGB wird nicht dadurch eingeschränkt, daß der Berechtigte auf sein gesetzliches Pflichtteilsrecht verzichtet hat. In einer solchen Situation ist zwar der Schutz des Vertragserben regelmäßig dem Umfang nach insoweit eingeschränkt, wie dem Erblasser der Weg der Verzichtsaufhebung nach § 2351 BGB offengestanden hätte; der Vertragserbe ist dann nur beeinträchtigt, soweit die Schenkung den Pflichtteil wertmäßig übersteigt
Normenkette
BGB §§ 2287, 2301
Verfahrensgang
LG Mannheim (Urteil vom 11.12.1996; Aktenzeichen 5 O 323/95) |
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 11. Dezember 1996 – 5 0 323/95 – wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsrechtszuges.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet. Die Sicherheitsleistungen können auch durch Bürgschaft eines als Zoll- und Steuerbürge zugelassenen inländischen Kreditinstituts erbracht werden.
IV. Die Beschwer der Klägerin beträgt DM 161.795,72.
Tatbestand
I.
Die Parteien streiten, soweit im zweiten Rechtszug noch von Interesse, vor allem darüber, wem von ihnen der auf dem Anderkonto der Prozeßbevollmächtigten hinterlegte Verkaufserlös in Höhe von DM 150.000,00 nebst Zinsen materiell-rechtlich zusteht.
Die Beklagte ist die Tochter des am 14. Mai 1995 im Alter von 75 Jahren verstorbenen … aus dessen Ehe mit der am 21.09.1992 vorverstorbenen … (geb. …). Sie hat ihren Vater (künftig: Erblasser) aufgrund gemeinschaftlichen Testaments der Eltern vom 04.04.1983 allein beerbt. Der Erblasser war seit Ende 1993 in dritter Ehe mit der Klägerin verheiratet. Nach seinem Tode streiten die Parteien, die auf dem Grundstück des Erblassers in … je ein Wohnhaus bewohnen, über erbrechtliche und nachbarrechtliche Ansprüche.
Die Beklagte ist in dem sog. Berliner Testament ihrer Eltern vom 04.04.1983 zur alleinigen Schlußerbin bestimmt worden. Zu dem Vermögen der Eltern gehörten zwei Grundstücke in … und das Anwesen … (Flst.-Nr. …) welches mit zwei Wohnhäusern, einer Doppelgarage und einer Lagerhalle bebaut ist. In einem der beiden Häuser wohnt die Beklagte mit ihrem Ehemann (dem früheren Beklagten zu 2) und ihren Kindern. Das andere Haus, in dem der Erblasser gewohnt hatte, bewohnt die Klägerin.
Am 21.06.1993 schlossen der Erblasser und die Beklagte einen (am 24.09.1993 wieder aufgehobenen) notariellen Erbvertrag, in dem die Beklagte zur Alleinerbin nach ihrem Vater eingesetzt wurde und in dem zugunsten der damaligen Bekannten des Erblassers (…) ein Wohnrecht nach dessen Tod an dem von der Beklagten bewohnten Haus eingeräumt wurde. Die Beklagte sollte ihrerseits nach dem Tod des Vaters in das von ihm bewohnte Haus ziehen. Der Erblasser, der im Juli 1993 die Klägerin kennengelernt hatte, ließ der Beklagten kurz darauf mitteilen, daß er eine neue Gemeinschaft mit der Klägerin eingehen werde und es dieser nicht zugemutet werden könne, mit ihren Möbeln nach seinem Tod nochmals von seinem Haus in das von der Beklagten bewohnte Haus umzuziehen. Er forderte deshalb von der Beklagten, einer entsprechenden Änderung des Wohnrechts zuzustimmen. Für den Fall, daß die Beklagte dies ablehnen sollte, kündigte er die Anfechtung des Erbvertrages sowie den Verkauf seiner Grundstücke in … und … an und stellte eine Erhöhung des Mietzinses für die von dem Ehemann der Beklagten angemietete Lagerhalle von bisher DM 2.000,00 auf DM 4.000,00 in Aussicht.
Am 24.09.1993 schlossen daraufhin der Erblasser und die Parteien eine mit „Erbvertrag, Zuwendungsverzichts- und Pflichtteilsverzichtsvertrag” bezeichnete notarielle Vereinbarung (Anlage A 2). In dem Erbvertrag zwischen dem Erblasser und der Klägerin (Teil I.) ist unter anderem geregelt:
§ 1
Ich, … vermache hiermit – unabhängig von der Eheschließung … (Klägerin) auf Lebzeiten ein dingliches Wohnrecht, bestehend in dem Recht der Nutzung…. aller Räume meiner Wohnungseigentumseinheit Nr. …
…
Lasten und Kosten, die der Wohnungsberechtigten mit der Ausübung ihres Wohnrechtes entstehen, hat diese nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften zu tragen.
Das Wohnrecht ist nach meinem Tod unverzüglich als beschränkte persönliche Dienstbarkeit… einzutragen.
…
§ 2
Ich, … vermache hiermit Frau … alle mir gehörenden Haushalts- und Einrichtungsgegenstände, meine gesamte persönliche Habe und mein privates Kraftfahrzeug.
Das Vermächtnis ist mit meinem Ableben fällig.
…
§ 3
Die Vermächtnisse … gem. §§ 1 und 2 werden mit erbvertraglicher Bindung getroffen und von Frau … angenommen. Spätere, einseitige, erbrechtliche Verfügungen des Herrn … sind daher insoweit unwirksam als sie gegen diese vertraglich bindenden Verfügungen des Erbvertrages verstoßen…
§ 4
Der heutige Erb...