Leitsatz (amtlich)
1. Eine Ersatzpflicht für psychisch vermittelte Beeinträchtigungen - wie hier der Unfalltod naher Angehöriger - wird regelmäßig nur da bejaht, wo es zu gewichtigen psychopathologischen Ausfällen von einiger Dauer kommt, die die auch sonst nicht leichten Nachteile eines schmerzlich empfundenen Trauerfalls für das gesundheitliche Allgemeinbefinden erheblich übersteigen und die deshalb auch nach der allgemeinen Verkehrsauffassung als Verletzung des Körpers oder der Gesundheit betrachtet werden. Die Gesundheitsbeschädigung muss also nach Art und Schwere über das hinausgehen, was nahe Angehörige in derartigen Fällen erfahrungsgemäß an Beeinträchtigungen erleiden (im Anschluss an BGH NJW 1989, 2317).
2. Zum - hier gelungenen - Nachweis dass die Nachricht vom Unfalltod der getrennt lebenden Ehefrau einen Schockschaden im Sinne einer akuten Belastungsreaktion, daneben aber auch eine mittelgradige depressive Episode auslöste, für die der Schädiger aus Gefährdungshaftung einzustehen hat.
Normenkette
BGB §§ 823, 253; StVG §§ 7, 18, 11
Verfahrensgang
LG Mosbach (Urteil vom 07.01.2011; Aktenzeichen 1 O 57/09) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers Ziff. 2 wird das Teil-Anerkenntnis- und Schlussurteil des LG Mosbach vom 7.1.2011 - 1 O 57/09 - abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger Ziff. 2 ein Schmerzensgeld i.H.v. EUR 3.000 nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.4.2009 zu zahlen.
2. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger Ziff. 2 EUR 12.021,13 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit 17.4.2009 zu zahlen.
3. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind -die Beklagte Ziff. 1 im Rahmen der Deckungssumme des zugrunde liegenden Versicherungsvertrages (Versicherungsnummer 650/087689/H) -, der Klägerin Ziff. 1 den ihr aus dem Unfall vom 3.8.2003 entstandenen materiellen Zukunftsschaden zu erstatten.
4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Berufung der Klägerin Ziff. 1 und die weitergehende Berufung des Klägers Ziff. 2 werden zurückgewiesen.
III. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz werden wie folgt verteilt: Von den Gerichtskosten trägt die Klägerin Ziff. 1 65 %, der Kläger Ziff. 2 16 % und die Beklagten als Gesamtschuldner 19 %. Die Klägerin Ziff. 1 trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst, von den außergerichtlichen Kosten des Klägers Ziff. 2 trägt dieser selbst 55 %, die Beklagten als Gesamtschuldner tragen 45 %. Von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten tragen diese selbst 19 %, die Klägerin Ziff. 1 trägt 65 % und der Kläger Ziff. 2 16 %.
Von den Gerichtskosten des Rechtsstreits zweiter Instanz trägt die Klägerin Ziff. 1 16 %, der Kläger Ziff. 2 36 % und die Beklagten als Gesamtschuldner 48 %. Die Klägerin Ziff. 1 trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst. Von den außergerichtlichen Kosten des Klägers Ziff. 2 trägt dieser selbst 42 % und tragen die Beklagten als Gesamtschuldner 58 %. Von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten tragen diese selbst 48 %, die Klägerin Ziff. 2 36 % und der Kläger Ziff. 1 16 %.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird auf das Urteil des LG Mosbach vom 7.1.2011 (verwiesen. Zweitinstanzliche Änderungen und Ergänzungen ergeben sich aus den nachfolgenden Ausführungen.
Das LG hat nach durchgeführter Beweisaufnahme der Klage, mit der die Kläger nach dem Unfalltod der Mutter der Klägerin Ziff. 1/Ehefrau des Klägers Ziff. 2 materielle und immaterielle Schadensersatzansprüche gegen die Beklagten, deren Einstandspflicht zu 100 % für die Folgen des Unfalls unstreitig ist, geltend gemacht haben, nur zu einem geringen Teil stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Die Klägerin Ziff. 1 hatte erstinstanzlich einen Betreuungsunterhaltsschaden i.H.v. EUR 37.960,32 geltend gemacht sowie die Zahlung eines Schmerzensgeldes von nicht unter EUR 5.000 begehrt. Der Kläger Ziff. 2 hatte ebenfalls ein Schmerzensgeld von nicht unter EUR 5.000 sowie Verdienstausfall mit EUR 22.820,75 geltend gemacht. Außerdem hatte die Klägerin Ziff. 1 noch auf Feststellung der Einstandspflicht der Beklagten für ihren materiellen Zukunftsschaden geklagt. Den Feststellungsantrag haben die Beklagten anerkannt. Das LG hat dem Anerkenntnis gemäß verurteilt, dem Kläger Ziff. 2 ein Schmerzensgeld i.H.v. EUR 1.000 zugesprochen und die Klage im Übrigen abgewiesen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung beider Kläger, wobei die Klägerin Ziff. 1 in der Berufungsinstanz nur noch ihren Schmerzensgeldanspruch weiter verfolgt, während der Kläger Ziff. 2 seinen Verdienstausfall in vollem Umfang weiterhin geltend macht und ein weiteres Schmerzensgeld begehrt.
Die Klägerin Ziff. 1 rügt, dass das LG kein Sachverständigengutachten über ihre psychischen Beeinträchtigungen aufgrund des Unfalltodes der Mutter eingeholt h...