Entscheidungsstichwort (Thema)
Presserechtlicher Unterlassungsanspruch bei Wort- und Bildberichterstattung aus der Privatsphäre absoluter Personen der Zeitgeschichte
Leitsatz (amtlich)
1. Stellt die Veröffentlichung von Äußerungen und Abbildungen durch die Presse einen rechtswidrigen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen dar, so ist dadurch in der Regel Wiederholungsgefahr als Voraussetzung eines presserechtlichen Unterlassungsanspruchs begründet.
2. War die Presseveröffentlichung rechtmäßig, so kommt bei späterem Wegfall der Umstände, die den mit der Presseveröffentlichung verbundenen Eingriff in die Rechtssphäre des davon Betroffenen gerechtfertigt haben, ein Unterlassungsanspruch nicht unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr, sondern nur unter dem der Erstbegehungsgefahr in Betracht.
3. Die Intimsphäre ist absolut geschützt. Ihr sind insb. Vorgänge aus dem Sexualbereich zuzurechnen, wobei es darauf ankommt, wie weit auf Einzelheiten eingegangen wird.
4. Eine die - insb. den häuslichen und familiären Bereich umfassende - Privatsphäre berührende Presseveröffentlichung kann dann zulässig sein, wenn eine alle Umstände des konkreten Einzelfalls berücksichtigende Interessenabwägung ergibt, dass das Informationsinteresse der Öffentlichkeit ggü. den Belangen des Betroffenen überwiegt.
5. Da das Vorhandensein männlicher Nachkommen des Thronfolgers für eine konstitutionelle Erbmonarchie von eminenter Bedeutung ist, überwiegt das Informationsinteresse der - nicht nur auf das betreffende Staatsvolk beschränkten - Öffentlichkeit zu dieser Frage ggü. dem Interesse des Betroffenen an der Wahrung seiner Privatsphäre.
6. Die Veröffentlichung von Bildern aus der Privatsphäre einer absoluten Person der Zeitgeschichte kann dann gerechtfertigt sein, wenn sie geeignet ist, den Wahrheitsgehalt einer zulässigen Berichterstattung zu unterstreichen.
Normenkette
GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1 S. 2; BGB §§ 823, 1004; KUG §§ 22-23
Verfahrensgang
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 14. Zivilkammer des LG Freiburg vom 19.7.2005 - 14 O 199/05 - abgeändert:
a) Der Beklagten wird im Wege der einstweiligen Verfügung auferlegt, das in der Ausgabe Nr. 19 vom 14.5.2005 der Zeitschrift "B." auf S. 24 erschienene Photo, welches den Antragsteller zusammen mit Frau N. C. zeigt, nicht erneut zu veröffentlichen und/oder veröffentlichen zu lassen.
Für jeden Fall der Zuwiderhandlung wird der Beklagten ein Ordnungsgeld bis zu 250.000 EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten angedroht, wobei Ordnungshaft am Geschäftsführer der Beklagten zu vollziehen ist.
b) Im Übrigen wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.
2. Die weiter gehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
3. Der Kläger trägt die Kosten beider Rechtszüge.
4. Der Streitwert der Berufung wird auf 250.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der (Verfügungs-)Kläger, zunächst noch Thronfolger, ist inzwischen aufgrund Erbfolge nach seinem am 6.4.2005 verstorbenen Vater, dem Fürsten R. von Monaco, Staatsoberhaupt des gleichnamigen Fürstentums geworden. Die (Verfügungs-) Beklagte verlegt und vertreibt die wöchentlich erscheinende Zeitschrift "B.". In deren Ausgaben Nrn. 19 und 20 vom 4. bzw. 12.5.2005 hat die Beklagte im Rahmen der Wiedergabe eines Interviews mit der aus Togo stammenden Kindesmutter N. C. ohne Einwilligung des Klägers über deren Beziehungen zum Kläger und dessen auf ihren damals etwa 2 Jahre alten Sohn A. bezogene Vaterschaft berichtet. Die inhaltliche Richtigkeit der veröffentlichten Darstellungen hat der Kläger nicht bestritten. Zusammen mit den Berichten hat die Beklagte Photos veröffentlicht, die die genannten Personen allein oder zu zweit zeigen.
Der Kläger hat nach mehrfacher vorgerichtlicher Abmahnung beantragt, der Beklagten im Wege der einstweiligen Verfügung aufzuerlegen, eine Reihe der in den genannten Artikeln enthaltenen Behauptungen nicht zu wiederholen sowie verschiedene der in diesem Zusammenhang veröffentlichten Photos nicht erneut zu veröffentlichen. Zur Begründung hat er ausgeführt, die von ihm beanstandete Wort- und Bildberichterstattung greife in rechtswidriger Weise in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht und in sein Recht am eigenen Bild ein.
Wegen der vom Kläger verfolgten Ansprüche und des zugrunde liegenden Sachverhalts im Einzelnen, wegen des Vorbringens der Parteien sowie wegen der gestellten Anträge wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen (§ 540 ZPO).
Durch Urt. v. 19.7.2005 hat das LG den Antrag auf Erlass der beantragten einstweiligen Verfügung insgesamt zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, eine Abwägung des Persönlichkeitsrechts des Klägers und seines Rechts am eigenen Bild auf der einen Seite gg...