Leitsatz (amtlich)
Auch wenn die besondere Amtspflicht eines in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes mit einer Prüfung betrauten Sachverständigen nur dem Schutz der Allgemeinheit vor Gefahren für Leben und Gesundheit dient, trifft ihn weiter die allgemeine und drittschützende Amtspflicht, das Eigentum dessen nicht zu schädigen, der ihm die Sache zur Prüfung übergeben muss.
Normenkette
GG Art. 34; BGB § 839
Verfahrensgang
LG Mannheim (Urteil vom 21.03.2006; Aktenzeichen 11 O 294/05) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Mannheim vom 21.3.2006 - 11 O 294/05 - wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Zwangsvollstreckung kann durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt den beklagten Technischen Überwachungsverein auf Schadensersatz im Zusammenhang mit der Prüfung einer Maschine in Anspruch.
Die Klägerin setzte zur Produktion von Papierhülsen eine Maschine eines italienischen Herstellers ein, in der 37 beheizte sog. Trockenzylinder für die Trocknung der Papierbahn sorgen. Diese Trockenzylinder wurden zunächst mit einem Überdruck von 5 bar betrieben; auf diesen Druck waren die Zylinder im Jahr 1986 vom Beklagten geprüft worden. Wegen ihrer Absicht, die Zylinder u.a. mit einem höheren Druck von 7,5 bar zu betreiben, ließ die Klägerin 1995 vom Beklagten eine Prüfung der Maschine nach §§ 9, 11 der Druckbehälterverordnung (DruckbehVO) i.V.m. §§ 2 Abs. 2a Nr. 2, 11, 14 Abs. 1 Gerätesicherheitsgesetz (GSG) durchführen. Die Vorprüfung im Mai 1995 führte zu der Mitteilung, dass die Wandungen für den neuen vorgesehenen Betriebszustand - zulässiger Betriebsüberdruck 7,5 bar, zulässige Betriebstemperatur 171 C - ausreichend bemessen seien. Daraufhin erfolgte im Dezember 1995 die eigentliche Druckprüfung, bei der die Sachverständigen des Beklagten die Zylinder, die dabei nicht unterfangen (abgestützt) wurden, mit 6.500 kg Wasser füllten und sie einem Überdruck von 15 bar aussetzten. Nachdem sich bei diesem Test keine Beanstandungen ergaben, erteilte der Beklagte die als Anlage K 2 vorgelegte Bescheinigung über die die Bau- und Druckprüfung.
Als sich im Jahr 2003 ein unrunder Lauf und sog. Schaberbewegungen der Zylinder sowie z.T. Absatzbildungen zwischen Zylinderdeckeln und Zylindermänteln zeigten, ließ die Klägerin die Zylinder durch die Firma I-GmbH untersuchen. Das Gutachten, das als Anlage K 3 vorliegt, kam - zusammengefasst - zu dem Ergebnis, dass die vom Beklagten vorgenommene Druckprüfung zu einer Überbeanspruchung der Schrauben führte, mit denen die Deckel und die Mäntel der Zylinder verbunden waren. Da die Schrauben bereits vom Hersteller mit einem hohen Drehmoment angezogen worden waren und deshalb unter hoher Vorspannung standen, hätten die Last des eingefüllten Wassers und - vor allem - die zusätzliche Belastung durch den hohen Druck die Beanspruchung der Schrauben bis in den Bereich der plastischen Verformung gesteigert, so dass es zu lokalen Überschreitungen der Festigkeit und zu Anrissen in den Schrauben gekommen sei. Diese seien für die Unrundheiten und Absätze verantwortlich.
Die Klägerin ist der Auffassung, der Beklagte hätte im Rahmen der Vorprüfung vor der eigentlichen Druckprüfung untersuchen müssen, welcher tatsächlichen Vorspannung die Schrauben ausgesetzt waren. Bei pflichtgemäßem Verhalten hätte es dann zu der Druckprüfung mit 15 bar gar nicht kommen dürfen. Die Pflicht zur Ermittlung der tatsächlichen Vorspannung der Schrauben folge aus den Technischen Regeln zur Druckbehälterverordnung, hier aus § 511 TRB (Anlage B 3).
Die Klägerin macht im vorliegenden Verfahren als Schaden den Verlust geltend, der sich aus dem Stillstand der Maschine ergibt, der u.a. durch die Schadensermittlung und den Austausch der beschädigten Trockenzylinder bedingt war.
Die Klägerin hat in erster Instanz beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 838.535,09 EUR nebst 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz seit dem 25.6.2005 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Auffassung, er sei nicht passivlegitimiert. Da die in ihm zusammengefassten Sachverständigen in Ausübung eines öffentlichen Amtes tätig gewesen seien, richte sich die Haftung nach den Grundsätzen der Amtshaftung gem. § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG, so dass eine Klage zwingend gegen das Land zu richten sei, welches den Sachverständigen die amtliche Anerkennung erteilt habe. Das gelte auch dann, wenn die nach dem Klägervortrag verletzte Amtspflicht nicht dem Schutz der Klägerin zu dienen bestimmt sei. Die Amtspflicht der TÜV-Sachverständigen diene nicht dem Schutz des Eigentümers oder des Käufers einer geprüften Sache vor Vermögensschäden, sondern nur dem Schutz der All...