Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Beweislastverteilung für die zu erwartende Reaktion eines Bauherrn, wenn der Architekt seine Beratungspflicht zu einer Frage verletzt, die weder ein bestimmtes Risiko noch die Kernfunktionalität des Gebäudes betrifft und bei der mehrere Handlungsmöglichkeiten gleichermaßen denkbar und vernünftig sind.

 

Leitsatz (amtlich)

Der Streit über die Reichweite eines Vollstreckungstitels kann auch dann in einem neuen (Feststellungs-) Prozess geführt werden, wenn das erste Verfahren mit einem Feststellungsurteil abgeschlossen worden ist.

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 31.05.2019, 21 O 193/17, im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:

1. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtlichen weiteren Schaden zu ersetzen, der ihrem Ehemann N. deshalb entstanden ist oder noch entstehen wird, weil der Beklagte diesen im Rahmen des Architektenvertrages aus dem Jahr 2005 nicht darauf hingewiesen hat, dass die unter der Garage des Grundstückes .... der Gemarkung F., ..., befindlichen Räume nicht zu Wohnzwecken genutzt werden können.

2. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtlichen Schaden zu ersetzen, der ihrem Ehemann N. deshalb entstanden ist, weil der Beklagte den ihm übertragenen Neubau auf dem Grundstück ...der Gemarkung F., S-Straße 25, nicht unmittelbar an die dort befindliche Garage angebaut geplant hat.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien sind befugt, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

V. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen, soweit dem Hilfsantrag zu 2 stattgegeben wird (I. 2. des Tenors).

 

Gründe

I. Die Klägerin begehrt aus abgetretenem Recht die Feststellung, dass der Beklagte aufgrund eines Architektenvertrages mit ihrem Ehemann zur Schadensersatzzahlung verpflichtet ist, insbesondere, dass dies bereits durch das Urteil des Senats vom 24.10.2016 im Verfahren 19 U 188/14 festgestellt wurde.

Der Ehemann der Klägerin, der Zedent, beauftragte im Jahr 2005 den Beklagten, einen Architekten, mit der Planung eines Neubaus auf dem vormals elterlichen Grundstück S-Straße, F.. Der Neubau sollte das im Jahr 1953 errichtete Wohnhaus ersetzen. Ein auf dem Grundstück befindlicher Garagenbau aus dem Jahr 1969 sollte hingegen bestehen bleiben. In diesem befindet sich unter der eigentlichen Garage ein Raum nebst Nasszelle, der von der Hangseite aus zugänglich ist, während die Garage selbst von der (bergseitig) verlaufenden Straße zu befahren ist. Dieser Raum wurde von dem Zedenten während seiner Jugend- und Studentenzeit selbst bewohnt. Ausweislich der Baugenehmigung ist er als Hobby- und Gartengeräteraum ausgewiesen.

Gegenstand des Architektenvertrages aus dem Jahr 2005 war die Planung des Neubaus des Wohnhauses (Leistungsphasen 1 bis 9). Durch weiteren Vertrag aus dem Jahr 2007 beauftragte der Zedent den Beklagten mit dem Ausbau des Raumes unter der Garage.

Im Vorprozess (Landgericht Karlsruhe, 7 O 16/14; Oberlandesgericht Karlsruhe, 19 U 188/14) hatte der Senat durch Urteil vom 24.10.2016 (unter anderem) antragsgemäß festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtlichen weiteren Schaden zu ersetzen, der ihrem Ehemann, N., deshalb entstanden ist oder noch entstehen wird, weil der Beklagte diesen nicht darauf hingewiesen hat, dass die unter der Garage des Grundstücks ... der Gemarkung F., S-Straße 25, befindlichen Räume nicht zu Wohnzwecken genutzt werden können.

Im vorliegenden Verfahren begehrt die Klägerin die Feststellung, dass sich diese Feststellung nicht nur auf den Vertrag aus 2007, sondern auch auf denjenigen aus 2005 bezogen habe und dass dies auch die Feststellung beinhalte, dass der Beklagte für den Schaden daraus hafte, dass er das Wohnhaus nicht unmittelbar an die Garage angebaut geplant habe, hilfsweise begehrt sie nunmehr die entsprechenden Feststellungen.

Das Landgericht hat die Klage durch Urteil vom 31.05.2019, 21 O 193/17, abgewiesen. Wegen der tatsächlichen Feststellungen, des streitigen Parteivorbringens und der erstinstanzlich gestellten Anträge im Einzelnen wird auf das von der Klägerin mit der Berufung angegriffene Urteil des Landgerichts Bezug genommen.

Die Klägerin wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Das Landgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass das Oberlandesgericht Karlsruhe die angestrebten Feststellungen nicht bereits im Urteil vom 24.10.2016 getroffen habe. Die Urteilsformel gebe keinen Anlass zu Zweifeln, weil die Urteilsformel die Pflichtverletzung bereits aus sich heraus bestimmt bezeichne....

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