Leitsatz (amtlich)
1. Eine dem Erwerber von Wohnungseigentum im Vorfeld vom Vermittler vorgelegte, formularmäßige (bloße) Zahlungsanweisung an den Notar, aus dem Geldbetrag (= Darlehensvaluta der vorfinanzierenden Bank), der auf dem Notaranderkonto eingeht, "nachfolgend aufgeführte Beträge" zu seinen Lasten und auf seine Rechnung "an die aufgeführten Empfänger weiterzuleiten", kann - auch unter Berücksichtigung der Unklarheitenregel des § 5 AGBG (heute § 305c Abs. 2 BGB) - nicht als abschließende Mitteilung der vom Vertrieb insgesamt erwarteten Provision (Außen- und Innenprovision) verstanden werden.
Denn sie enthält - im Gegensatz zu einem sog. Objekt- und Finanzierungsvermittlungsauftrag (dazu näher BGHZ 186, 96) - keinen auslegungsfähigen Text, der sich mit dem Vermittlungsauftrag des Anlegers/Wohnungskäufers befasst und als abschließende Angabe der vom Vertrieb - neben der vom Käufer zu zahlenden (Außen-)Provision - insgesamt erwarteten Provisionen verstanden werden könnte (Bestätigung des Senatsurteils vom 4.6.2013 - 17 U 186/12).
2. Die Verletzung einer eigenen Aufklärungspflicht durch die finanzierende Bank wegen eines schwerwiegenden Interessenkonflikts durch Verlagerung des eigenen notleidenden Kreditengagements im Rahmen des finanzierten Geschäfts auf die Erwerber (vgl. BGH, Beschl. v. 5.4.2011 - XI ZR 365/09) kommt auch schon für Februar 1998 in Betracht.
3. Der Erwerber muss sich das Wissen des von ihm mandatierten Rechtsanwalts während der Dauer und im Rahmen des erteilten Mandats, jedoch nicht über das Mandatsende hinaus, zurechnen lassen (§ 166 Abs. 1 BGB), auch soweit dieser den möglichen Anspruch wegen eines schwerwiegenden Interessenkonflikts, in dem sich die Finanzierungsbank befunden hat, grob fahrlässig nicht erkennt.
Normenkette
BGB § 311 Abs. 2, § 241 Abs. 2, § 280 Abs. 1, § 305c Abs. 2, § 166 Abs. 1, § 199; AGBG § 5
Verfahrensgang
LG Karlsruhe (Urteil vom 14.09.2012; Aktenzeichen 10 O 767/11) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Karlsruhe vom 14.9.2012 - 10 O 767/11 - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen geändert:
Das die Klage abweisende Versäumnisurteil des LG Karlsruhe vom 18.4.2012 wird aufrechterhalten.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
5. Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird auf 108.168,04 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Kläger verlangen von der beklagten Bausparkasse Schadensersatz wegen Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten im Zusammenhang mit dem Kauf und der Finanzierung einer zu vermietenden Eigentumswohnung in B..-W..
Auf Vermittlung der H. & B. -Gruppe, D.. (im Folgenden H & B), die seit dem Jahre 1990 in großem Umfang von der Beklagten finanzierte Anlageobjekte vertrieb, erwarben die Kläger durch notariellen Kaufvertrag von Februar 1998 von der Verkäuferin D ... Deutsche Gesellschaft zur Förderung des Wohnungsbaus (eine 1924 gegründete gemeinnützige Aktiengesellschaft) eine 73,3 m2 große Eigentumswohnung in B., EStr ... (Aufteilungsplan Nr. 126), zum Kaufpreis einschließlich nachträglicher Herstellkosten (zur Modernisierung des Altbaus) von 183.250 DM. Zur Finanzierung nahmen sie ein Vorausdarlehen i.H.v. 192.000 DM bei der L-B., L. bank B.-W ... (jetzt L. bank B.-W ... - LBBW) auf, diese vertreten von der Beklagten (Darlehensvertrag vom 17./19.2.1998; Anlage K 27).
Den Klägern war im Rahmen der Vermittlungsgespräche eine "Zahlungsanweisung" an das Notariat ..., vorgelegt worden (Anlage K 0), welche die Kläger am 10.2.1998 unterzeichneten und die eingangs vor Nennung der Empfänger und der Beträge den folgenden Text enthält:
"Ich beauftrage unwiderruflich das Notariat, nachfolgend aufgeführte Beträge zu meinen Lasten und auf meine Rechnung aus dem Geldbetrag, der auf dem Notaranderkonto eingeht, an die aufgeführten Empfänger weiterzuleiten ...".
Unstreitig mandatierten die Kläger die Rechtsanwälte E. & Collegen unter dem 10.9.2006 (Anlage K 23) und ihre jetzigen Prozessbevollmächtigten im Jahr 2011.
Mit der am 27.12.2011 beim LG eingereichten und der Beklagten - nach alsbaldiger Einzahlung des angeforderten Gebührenvorschusses - am 31.1.2012 zugestellten Klage haben die Kläger die Feststellung beansprucht, dass sie zu Zahlungen an die Beklagte auf die zur Finanzierung der Immobilie geschlossenen Verträge nicht verpflichtet seien und die Beklagte den Klägern die zur Tilgung aufgewendeten Beträge zurückzahlen müsse Zug um Zug gegen kostenneutrale Abgabe sämtlicher Erklärungen zur Übertragung der finanzierten Eigentumswohnung auf die Beklagte sowie dass sich diese mit der Übernahme der Immobilie in Annahmeverzug befinde und ferner verpflichtet sei, den Klägern sämtlichen weiteren bisher entstande...