Leitsatz (amtlich)
1. Dem Frachtführer steht ein Pfandrecht am Gut wegen inkonnexer Forderungen (Forderungen aus anderen, früheren, Frachtverträgen) nur dann zu, wenn der Absender Eigentümer des Gutes ist oder wenn der Eigentümer den Absender zu einer entsprechenden Verpfändung ermächtigt hatte.
2. Leistet der Empfänger an den Frachtführer eine Zahlung für inkonnexe Forderungen des Frachtführers gegen den Absender, weil der Frachtführer zu Unrecht die Herausgabe des Gutes von der Zahlung abhängig macht, kann der Empfänger Rückzahlung aus ungerechtfertigter Bereicherung von dem Frachtführer verlangen.
Verfahrensgang
AG Rastatt (Urteil vom 25.08.2003; Aktenzeichen 3 C 124/03) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des AG Rastatt vom 25.8.2003 - 3 C 124/03 - wird zurückgewiesen.
I. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
II. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird auf das angefochtene Urteil verwiesen.
II. Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg.
I. Die Berufung ist zulässig. Das AG R. hat die Berufung zugelassen (§ 511 Abs. 2 Ziff. 2 ZPO). Da die Klägerin ihren allgemeinen Gerichtsstand außerhalb der Bundesrepublik Deutschland hat, ist das OLG für die Berufung zuständig (§ 119 Abs. 1 Ziff. 1b GVG). Die Erklärung der Beklagten mit Schriftsatz vom 29.9.2003 an das LG B., sie nehme die Berufung zurück, bezog sich nur auf die zum LG B. eingelegte Berufung und nicht auf die Berufung zum OLG Karlsruhe. Zutreffend hat das LG B. mit Beschluss vom 20.10.2003 darauf hingewiesen, dass die Verlustigerklärung des LG mit Beschluss vom 2.10.2003 sich nur auf das Verfahren vor dem LG B. und nicht auf die Berufung zum OLG beziehen konnte.
II. Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Zahlungsanspruch i.H.v. 487,20 Euro. In dieser Höhe kann die Klägerin Rückzahlung des am 19.9.2002 gezahlten Betrages verlangen gem. § 812 Abs. 1 S. 1 BGB (ungerechtfertigte Bereicherung).
A. Es ist materielles deutsches Recht anzuwenden. Dies gilt für die Beurteilung des Frachtvertrages zwischen der M. Speditions- und Transportgesellschaft mbH (im Folgenden abgekürzt: M. GmbH) und der Beklagten, für die Vereinbarung zwischen der Beklagten und der p. GmbH (im Folgenden abgekürzt: p.) vom 18.9.2002 (I 27), für die Voraussetzungen der Abtretung der Klageforderung an die Klägerin (Artikel 33 Abs. 2 EGBGB) und für den Bereicherungsanspruch selbst.
B. Die Klägerin ist aktiv legitimiert aufgrund der schriftlichen Abtretungsvereinbarung mit der p. GmbH vom 16.4./29.4.2003 (I 25). Abtretungshindernisse sind nach dem anwendbaren deutschen Recht nicht erkennbar.
C. Die Beklagte weist im Ansatz zutreffend darauf hin, dass die schriftliche Vereinbarung vom 18.9.2002 zwischen der Beklagten und der p. (I 27) als Rechtsgrund anzusehen ist für die Zahlung der p. an die Beklagte. Allerdings rechtfertigt die Vereinbarung ein Behaltendürfen der Zahlung nicht. Denn die schriftliche Vereinbarung vom 18.9.2002 ist ihrerseits kondizierbar gem. § 812 Abs. 2 BGB. Die Vereinbarung vom 18.9.2002 stellt keinen gegenseitigen kausalen Vertrag dar; vielmehr handelt es sich um eine selbstständiges Schuldversprechen (§ 780 BGB) welches eines anderweitigen Rechtsgrundes bedurfte. Da dieser Rechtsgrund nicht vorhanden war, ist das Schuldversprechen und damit auch die Zahlung i.H.v. 487,20 Euro kondizierbar.
D. Rechtsgrund der Vereinbarung vom 18.9.2002 ist das von der Beklagten ggü. der p. geltend gemachte Pfandrecht an der Ware. Die Beklagte verweigerte unter Berufung auf das Pfandrecht die Auslieferung an die p. Zu dieser Verweigerung war die Beklagte nur aufgrund eines Pfandrechts berechtigt. Die Zahlung der Beklagten sollte nach dem übereinstimmenden Willen der Beklagten und der p. Voraussetzung für die Auslieferung der Ware an die Beklagte sein. Ohne die Geltendmachung des Pfandrechts durch die Beklagte wäre es zu der Vereinbarung vom 18.9.2002 nicht gekommen.
E. Ein rechtlicher Grund für die Vereinbarung vom 18.9.2002 war nicht vorhanden; denn der Beklagten stand kein Pfandrecht zu, welches sie zur Verweigerung der Herausgabe berechtigt hätte. Maßgeblich für die Beurteilung des Pfandrechts ist § 441 HGB. (Es geht um einen innerdeutschen Transport von K. nach R.)
aa) Der Beklagten stand gem. § 441 Abs. 4 AGB ein Pfandrecht an der Ware zu wegen ihres Anspruchs auf Frachtvergütung gegen die M. GmbH für den betreffenden Transport von K. nach R. (konnexe Forderung). Diese Forderung hat die Klägerin mit 34,80 Euro (brutto) angesetzt. Die Beklagte hat eine höhere Vergütungsforderung, die sich ggf. aus dem Frachtvertrag mit der M. GmbH ergeben könnte, nicht behauptet. Die Klägerin macht eine Rückzahlung dieses Betrages von 34,80 Euro nicht geltend. Die Forderung der Klägerin (487,20 Euro) ergibt sich aus der Differenz der geleisteten Zahlung (522 Euro) und der angesetzten Frachtvergütung (34,80 Euro).
bb) Die Beklagte hat sich auf ei...