Leitsatz (amtlich)
Beim Ausschlusstatbestand des § 4 Abs. 2 Nr. 1 S. 2 AHB muss – anders als bei § 4 Abs. 2 Nr. 1 AHB – der Vorsatz den schädigenden Erfolg nicht mit umfassen.
Verfahrensgang
LG Mannheim (Aktenzeichen 11 O 206/02) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG Mannheim vom 10.10.2002 – 11 O 206/02 – im Kostenpunkt aufgehoben und i.Ü. wie folgt abgeändert:
Es wird festgestellt, dass die Beklagte für die Schadensereignisse vom 19.9.2001, vom 19.11.2001 und vom 8.12.2001 Deckungsschutz aus der Haftpflichtversicherung zu gewähren hat.
2. Von den Kosten des ersten Rechtszuges tragen die Klägerin 20 % und die Beklagte 80 %. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin 9 % und die Beklagte 91 %. Die Beklagte trägt 91 % der Kosten der Streithelfer im Berufungsverfahren, i.Ü. tragen die Streithelfer ihre Kosten selbst.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Zwangsvollstreckung kann durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Die Berufung ist zulässig und hat auch bezüglich der (zuletzt nur noch geltend gemachten) Feststellungsklage Erfolg.
I. (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO)
Die Klägerin verlangt als Versicherungsnehmerin der Beklagten Feststellung von Deckungsschutz aus der Betriebshaftpflicht-Versicherung für Schadensersatzansprüche, die die Firma M. ggü. ihr geltend macht.
Die Klägerin hat bei der Beklagten eine Betriebshaftpflicht-Versicherung (Haftpflicht-Nr. …) abgeschlossen, die die Beklagte zum 28.1.2002 gekündigt hat. Die Klägerin war von der Firma M. für das Bauvorhaben E.-Center in B. mit der Verlegung der Heizrohrleitungen beauftragt worden (Auftrag 24.8.2000, AH II). Die Heizleitungen waren in Versorgungsschächten zu verlegen und sollten in blankem Kupfermaterial ausgeführt werden. Die Abgänge zu den Heizkörpern bildeten eingelötete T-Stücke mit senkrecht hochgeführten Anschlussrohren in DN 15. Am 19.9.2001 (11:00 Uhr), 19.11.2001 (10:00 Uhr) und am 8.12.2001 gegen 23:00 Uhr kam es zu Wasseraustritten infolge undichter Lötnähte aus dem Heizungssystem im E.-Center in der T.-Straße 9 in B.. Nach Meldung der drei Schadensfälle hat die Beklagte ihre Eintrittspflicht u.a. mit der Begründung abgelehnt, die Schäden seien ursächlich darauf zurückzuführen, dass die Klägerin die Arbeiten „bewusst nachlässig und schlampig” ausgeführt habe. Die Verbindungen der zu verlötenden Kupferrohre seien nicht ordnungsgemäß hergestellt worden, so dass der Ausschlusstatbestand des § 4 Abs. 2 S. 1 AHB eingreife.
Das LG hat mit Urteil vom 10.10.2002, auf dessen tatsächliche Feststellungen Bezug genommen wird, die auf Ersatz der geltend gemachten Schadensbeträge gestützte Klage nebst Feststellungsklage auf Ersatz weiteren, zukünftigen Schadens mit der Begründung abgewiesen, dass es am Nachweis der Klägerin dafür fehle, durch welches Schadensereignis welcher Schaden nach Art und Umfang eingetreten sei. Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der diese zuletzt die Feststellung begehrt, dass ihr Deckungsschutz zu gewähren ist.
Die Klägerin trägt im Berufungsrechtszug vor, dass die schadhaften Lötstellen von dem Geschäftsführer der Klägerin selbst und 5 Mitarbeitern durchgeführt worden seien, welcher nicht vorsätzlich gehandelt, sondern versucht hätten, die Lötverbindungen ordnungsgemäß herzustellen.
Wegen der Einzelheiten des Parteivortrags wird auf die vorbereitenden Schriftsätze Bezug genommen.
II. (§ 540 Abs. 1 Nr. 2 ZPO)
Die Berufung ist entgegen der Ansicht der Beklagten zulässig. Die Berufungsbegründung lässt noch hinreichend erkennen, dass die Klägerin die Auffassung vertritt, das LG habe rechtsfehlerhaft Vortrag eingefordert, den vorzubringen sie nicht in der Lage gewesen sei. Damit hätte sich zwar die Berufung nicht begründen lassen, für die Zulässigkeit der Berufung reicht dieser Angriff jedoch aus.
Die Berufung ist mit dem zuletzt noch verfolgten Feststellungsbegehren bereits aufgrund des erstinstanzlichen Vorbringens der Klägerin in vollem Umfang begründet. Das Urteil des LG beruht – wie im Rahmen der Feststellungsklage auszuführen sein wird – auf einer Verkennung des Trennungsprinzips im Haftpflicht-Versicherungsrecht (§§ 513, 546 ZPO). Die nach § 529 ZPO zugrundezulegenden Tatsachen rechtfertigen darüber hinaus – wie ebenfalls auszuführen sein wird – eine andere Entscheidung. Dem Senat ist es danach im Rahmen von §§ 513, 529 ZPO nicht verwehrt, der Feststellungsklage stattzugeben.
1. Die Feststellungsklage ist zulässig.
Nachdem die Klägerin nach Hinweis des Senats ihr Begehren auf Zahlung der Schadensersatzforderung der Firma M. nicht mehr aufrecht erhalten hat, ist nur noch über den Antrag, Deckungsschutz aus der Haftpflichtversicherung zu gewähren, zu entscheiden. Der bis dahin gestellte Leistungsantrag hatte keine Aussicht auf Erfolg, weil im Haftpflicht...