Verfahrensgang
LG Heidelberg (Urteil vom 25.04.1995; Aktenzeichen 3 O 286/93) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Heidelberg vom 25. April 1995 – 3 O 286/93 – wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Beschwer des Klägers beträgt weniger als DM 60.000,00.
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
Gründe
Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.
Der Kläger behauptet, ein Mitarbeiter der Beklagten (P. W.) habe schuldhaft den Verlust sämtlicher Kundendaten auf der Festplatte seines – des Klägers – Rechners verursacht. Der Kläger begehrt den Ersatz von 3/4 des Schadens, der ihm dadurch entstanden sei, daß diese – von ihm nicht gesicherten – Daten endgültig verloren gegangen sind (vgl. I 113 ff: Verdienstausfall wegen des Ausbleibens weiterer Aufträge, hilfsweise Mehraufwand für die Ausführung von Nachbestellungen bzgl. der Aufträge der Vergangenheit sowie weitere Auftragsverluste). Die geltend gemachten Schäden wären dem Kläger unstreitig nicht entstanden, wenn er die auf der Festplatte des Rechners gespeicherten Kundendaten zur Sicherheit auf einen weiteren Datenträger (Festplatte; Diskette; Magnetbandstreamer) gespeichert gehabt hätte. In der Unterlassung einer derartigen Datensicherung liegt ein derart grobes Mitverschulden des Klägers, daß demgegenüber die behauptete fahrlässige Datenvernichtung seitens der Beklagten als vernachlässigenswert zurücktritt. Im einzelnen:
Den Geschädigten trifft ein Mitverschulden, wenn er diejenige Sorgfalt außer Acht läßt, die jedem ordentlichen und verständigen Menschen obliegt, um sich vor Schaden zu bewahren. Der Geschädigte muß dann gemäß § 254 Abs. 1 BGB die Kürzung oder den vollständigen Verlust seines Schadensersatzanspruchs hinnehmen (BGHZ 9, 316, 318/319). In § 254 BGB findet insoweit der Grundsatz von Treu und Glauben eine besondere Ausprägung; dem Geschädigten soll es nicht erlaubt sein, auch den Schaden beim Schädiger zu liquidieren, der billigerweise ihm aufgrund seines eigenen Verhaltens zuzurechnen ist (u.a. OLG Bremen VersR 76, 558, 559/560). Daraus ergibt sich, daß der Kläger im vorliegenden Fall den vollständigen Verlust seines (vermeintlichen) Schadensersatzanspruchs hinnehmen muß:
Eine Datensicherung ist bei jedem Betrieb einer Computeranlage „ein Muß”, sie ist „absolut unverzichtbar” (Becker NJW-CoR 4/92, 17) und das „oberste Gebot der Datenverarbeitung” (Mehl NJW-CoR 1/88, 31); denn: Der Datenverlust ist der „EDV-Teufel Nr. 1” (Mehl a.a.O.). Ursache für einen Datenverlust können sein u.a. Stromschwankungen (im Stromnetz oder ausgehend vom Netzteil des Computers), statische Elektrizität im Raum (z.B. der statisch aufgeladene Pullover der Sekretärin verbunden mit einer bestimmten Luftfeuchtigkeit) sowie auch (allgegenwärtige) Softwarefehler (vgl. Becker a.a.O.). Vorliegend kommt darüber hinaus noch folgendes hinzu: Erstinstanzlich haben beide Parteien – insoweit übereinstimmend – vorgetragen, daß es noch bis zum Zeitpunkt der Durchführung der Aufrüstung des Scanner im Rechner des Klägers zu SCSI-Fehlermeldungen gekommen sei (vgl. Klägervortrag I 99, 111; Beklagtenvortrag I 31, 161); die möglicherweise gegenteilige Behauptung des Klägers im Berufungsverfahren (II 15) ist gemäß §§ 288, 290 ZPO unbeachtlich (vgl. Beklagtenvortrag II 59).
Die Datensicherung ist nach alledem – zumindest bei gewerblicher Nutzung – eine allgemein bekannte Selbstverständlichkeit und kann bei Fehlen gegenteiliger konkreter Anhaltspunkte als selbstverständlich erfolgt vorausgesetzt werden. Die Notwendigkeit der Datensicherung war im übrigen auch dem Kläger bekannt (vgl. I 9/11), die Möglichkeit hierzu hatte der Kläger schon aufgrund des vorhandenen internen Diskettenlaufwerks (I 39).
Wird eine EDV-Firma vor Durchführung einer in Auftrag gegebenen Software-Neuinstallation von dem gewerblichen Auftraggeber darauf hingewiesen, daß dieser – entgegen der Selbstverständlichkeit – seine umfangreiche, geschäftlich nicht gerade unbedeutende Kundendatei nicht auf anderen Datenträgern gesichert hat, wird sie von vornherein auf der Nachholung der Datensicherung bestehen oder aber jedenfalls jede Verantwortung für einen bei der Installation – aus welchen Gründen auch immer – eintretenden Datenverlust ablehnen; dafür spricht aufgrund der allgemein bekannten zwingenden Notwendigkeit und absoluten Selbstverständlichkeit einer Datensicherung ein Anschein, da aus dargelegten Gründen nur diese Reaktion der Auftragnehmerin verständlich und vorstellbar erscheint (vgl. zu der über § 286 ZPO begründbaren Zulässigkeit des Anscheinsbeweises auch für individuelle Verhaltensweisen in derartigen Fällen BGH NJW 93, 3259, 3260). Informiert ein EDV-Anwender ein mit der Installation von Software beauftragtes Unternehmen wie vorliegend nicht darüber, daß er seine Daten entgegen der Üblichkeit und Selbstverständlichkeit nicht gesichert hat, verstößt es dann aber...