Leitsatz (amtlich)
1. Der Verkäufer einer Eigentumswohnung hat dem Käufer - wenn nichts anderes vereinbart ist - an sämtlichen Räumen der Wohnung den unmittelbaren Besitz zu verschaffen (§ 433 Abs. 1 Satz 1 BGB).
2. Die Pflicht zur Besitzverschaffung ist dem Verkäufer auch dann nicht ohne weiteres unmöglich, wenn sich ein Mieter ggü. dem neuen Eigentümer (Käufer) gem. § 566 Abs. 1 BGB auf sein Recht zum Besitz beruft. Der Verkäufer hat in diesem Fall vielmehr alles in seinen Kräften stehende zu unternehmen, um den Mieter - gegebenenfalls auch unter Einsatz finanzieller Mittel - zum Verzicht auf seine Rechte aus dem Mietvertrag zu bewegen.
Verfahrensgang
LG Waldshut-Tiengen (Urteil vom 27.10.2006; Aktenzeichen 2 O 161/06) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Teil-Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des LG Waldshut-Tiengen vom 27.10.2006 - 2 O 161/06 - wird zurückgewiesen.
I. Die Beklagten tragen die Kosten des Berufungsverfahrens als Gesamtschuldner.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird auf das Teil-Urteil des LG Waldshut-Tiengen vom 27.10.2006 Bezug genommen.
Das LG hat mit Teil-Urteil vom 27.10.2006 über den Klageantrag Ziff. 2 (Verschaffung des Besitzes an den zur Wohnung Nr. 4 gehörenden Kellerräumen Nr. 1.4 und Nr. 2.4) entschieden und die Beklagten als Gesamtschuldner antragsgemäß verurteilt, der Klägerin unmittelbaren Besitz an diesen beiden Kellerräumen zu verschaffen. Zur Begründung hat das LG ausgeführt, der Anspruch ergebe sich aus dem Kaufvertrag vom 23.5.2002. Die Beklagten seien ihrer vertraglichen Verpflichtung, der Klägerin unmittelbaren Besitz an den beiden Kellerräumen zu verschaffen, bisher nicht nachgekommen. Eine Stundung, mit der die Klägerin einem Hinausschieben der Verpflichtung der Beklagten auf einen späteren Zeitpunkt zugestimmt hätte, habe es nicht gegeben. Eine Stundung ergebe sich nicht aus der notariellen Vereinbarung vom 17.9.2003. Auch eine entsprechende mündliche Vereinbarung, mit der sich die Klägerin einverstanden erklärt hätte, es vorläufig bei den gegenwärtigen Besitzverhältnissen zu belassen, sei von den Beklagten zumindest nicht nachgewiesen. Insbesondere ergebe sich eine solche Vereinbarung nicht aus der Aussage der Zeugin E. Die Zeugin habe sich zwar daran erinnern können, dass man über die Besitzproblematik hinsichtlich der verschiedenen Kellerräume gesprochen habe und dass die Beklagten der Klägerin mit der Zuweisung eines anderen Kellerraums (Werkstattraum) entgegenkommen wollten. Die Zeugin habe jedoch nicht bestätigt, dass die Klägerin in irgend einem Zusammenhang eine verbindliche Erklärung abgegeben habe, den derzeitigen Zustand auch weiterhin zu akzeptieren.
Gegen dieses Teil-Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten. Sie weisen darauf hin, dass die Klägerin das Objekt - einschließlich der Kellerräume - vor dem Erwerb der Wohnung Nr. 4 im Mai 2002 mehrfach besichtigt habe, so dass sie unproblematisch habe feststellen können, dass die zu verkaufenden Kellerräume belegt waren. Die Beklagten hätten im Übrigen im Kaufvertrag lediglich zugesichert, dass keine "Fremdnutzungsverhältnisse" hinsichtlich der verkauften Räumlichkeiten bestehen. Diese Zusage hätten die Beklagten auch eingehalten. Zwar seien die Eheleute K. (Mieter der Wohnung Nr. 3) im Besitz der an die Klägerin mitverkauften Kellerräume Nr. 1.4 und 2.4 gewesen; da die Eheleute K. zur Nutzung der beiden Kellerräume im Rahmen des Mietverhältnisses mit den Beklagten nicht berechtigt gewesen seien, habe bei den Kellerräumen für die Klägerin als Käuferin auch kein "Fremdnutzungsverhältnis" i.S.v. § 5 des Kaufvertrages bestanden.
Die Beklagten halten im Übrigen an ihrer Auffassung fest, wonach sich aus der notariellen Vereinbarung vom 17.9.2003 eine Stundungsvereinbarung zu ihren Gunsten ergebe. Dies habe Sinn und Zweck des Vertrages entsprochen. Zum Beweis dafür, dass mit dieser Vereinbarung "jegliche Einschränkungen in der Kellernutzung abgegolten sein sollten", berufen sich die Beklagten im Berufungsverfahren auf das Zeugnis des protokollierenden Notars, Oberjustizrat H.
Selbst wenn die Beklagten nach dem Kaufvertrag an sich verpflichtet wären, der Klägerin Besitz an den beiden Kellerräumen zu verschaffen, komme eine dem Antrag der Klägerin entsprechende Verurteilung der Beklagten nicht in Betracht. Denn die Erfüllung einer solchen Verpflichtung sei den Beklagten unmöglich. Ihnen stehe kein Herausgabeanspruch ggü. den Eheleuten K. zu, so dass sie auch nicht dafür sorgen könnten, dass die Klägerin Besitz an den beiden Kellerräumen erhalte. Zudem hätten die Beklagten sich erfolglos bemüht, die Eheleute K. zu einer freiwilligen Herausgabe (Tausch verschiedener Kellerräume) zu bewegen.
Die Beklagten beantragen, das Teil-Urteil des LG Waldshut-Tiengen vom 27.10.2006 - 2 O 161/06 - aufzuheben und die Klage insoweit abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung der Beklagten gegen das Teil-Urteil 2 O ...