Leitsatz (amtlich)
1. Beim Verkauf einer an einen Dritten vermieteten Eigentumswohnung liegt ein Rechtsmangel vor, wenn ein zur Wohnung gehörender Kellerraum zum Zeitpunkt des Verkaufs - im Unkenntnis des Käufers - nicht an den Dritten, sondern an eine andere Person vermietet ist.
2. Der Käufer kann in einem solchen Fall die Beseitigung des Rechtsmangels im Wege der Nacherfüllung verlangen (§ 439 Abs. 1 BGB). Im Rahmen der Nacherfüllung ist der Verkäufer verpflichtet, alles in seinen Kräften stehende zu unternehmen, damit der Mieter des Kellerraumes den Raum herausgibt.
Verfahrensgang
LG Waldshut-Tiengen (Urteil vom 26.01.2007; Aktenzeichen 2 O 161/06) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Schluss-Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des LG Waldshut-Tiengen vom 26.1.2007 - 2 O 161/06 - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen abgeändert:
Der Beklagte Ziff. 1 wird verurteilt, der Klägerin an dem im Untergeschoss des Hauses R. str. 37, W. gelegenen Kellerraum, bezeichnet im Aufteilungsplan der Eigentumswohnanlage gemäß Grundbuch von Waldshut, Gemarkung von Waldshut, Blatt ... mit Nr. ..., zugehörig zum Sondereigentum an der im Aufteilungsplan mit Nr. 2 bezeichneten Wohneinheit, unmittelbaren Besitz zu verschaffen.
2. Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen in beiden Instanzen der Beklagte Ziff. 1 zu 1/3 und beide Beklagte gesamtschuldnerisch zu 2/3. Die Beklagten behalten ihre eigenen außergerichtlichen Kosten in beiden Instanzen auf sich.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird auf das Schluss-Urteil des LG Waldshut-Tiengen vom 26.1.2007 Bezug genommen.
Das LG hat im Schluss-Urteil die Klage gegen den Beklagten Ziff. 1 abgewiesen, soweit die Klägerin von diesem verlangt hat, ihr den unmittelbaren Besitz an dem Kellerraum Nr. 2.2 (im 2. Untergeschoss) des Anwesens R. str. 37 in W. zu verschaffen. Zwar sei der betreffende Kellerraum unstreitig Gegenstand des notariellen Kaufvertrages vom 26.1.2006. Der Beklagte Ziff. 1 habe seine Verpflichtungen ggü. der Klägerin aus diesem Kaufvertrag jedoch erfüllt. Die Klägerin sei Eigentümerin der verkauften Wohnung einschließlich des von den Eheleuten K. genutzten Kellerraumes Nr. 2.2 geworden. Eine Verschaffung unmittelbaren Besitzes sei - anders als hinsichtlich der Wohnung Nr. 4 im früheren Kaufvertrag vom 23.5.2002 - nicht geschuldet gewesen. Denn die Parteien seien sich darüber einig gewesen, dass die an die Klägerin verkaufte Wohnung zum Zeitpunkt des Kaufvertrages vermietet war. Der Beklagte Ziff. 1 habe seine Verpflichtungen aus dem Kaufvertrag insoweit erfüllt, als er der Klägerin mittelbaren Besitz nicht nur an der Wohnung Nr. 2 verschafft habe, die damals an den Mieter E. W. vermietet war, sondern auch an dem Kellerraum Nr. 2.2, der von den Eheleuten K. genutzt wurde (und weiterhin genutzt wird). Denn die Klägerin sei durch den Erwerb in das mit den Eheleuten K. bestehende Mietverhältnis (hinsichtlich der von diesen bewohnten Wohnung Nr. 3) und des Kellerraums Nr. 2.2 eingetreten. Mithin sei die Klägerin auch hinsichtlich des Kellerraumes mittelbare Besitzerin geworden. Dass Mieter des Kellerraumes Nr. 2.2 - entgegen der übereinstimmenden Annahme der Parteien bei Abschluss des Kaufvertrages - nicht E. W. (Mieter der verkauften Wohnung Nr. 2), sondern die Eheleute K. waren, sei unschädlich. Ebenso sei es nicht erheblich, dass die Klägerin aus Rechtsgründen (§ 566 BGB) nicht alleinige Vermieterin des Kellerraumes geworden sei, sondern nunmehr kraft Gesetzes gemeinsam mit dem Beklagten Ziff. 2 ggü. den Eheleuten K. Mit-Vermieterin sowohl hinsichtlich der (dem Beklagten Ziff. 2 gehörenden) Wohnung Nr. 3 sei als auch hinsichtlich des (der Klägerin gehörenden) Kellerraumes Nr. 2.2. Diese von den Parteien bei Abschluss des Vertrages nicht beabsichtigte Aufspaltung der Rechtsverhältnisse sei allenfalls als Mangel im Sinne der Gewährleistungsvorschriften des Kaufrechts anzusehen. Aus einem Mangel könne die Klägerin jedoch keinen Anspruch auf Verschaffung des unmittelbaren Besitzes an dem Kellerraum Nr. 2.2 herleiten, sondern allenfalls einen Schadensersatzanspruch. Die Klägerin könne ihren Anspruch auch nicht auf Nacherfüllung (§ 439 Abs. 1 BGB) stützen. Denn nach dem Kaufvertrag sei der Beklagte Ziff. 1 nicht - wie nunmehr im Rechtsstreit von der Klägerin beantragt - zur Verschaffung unmittelbaren Besitzes verpflichtet gewesen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Klägerin. Sie hält die Rechtsauffassung des LG für nicht zutreffend. Entgegen der Auffassung des LG sei die Klägerin hinsichtlich des Kellerraums Nr. 2.2 nicht auf Vermieterseite in ein Mietverhältnis mit den Eheleuten K. eingetreten. Sie sei mithin auch nicht mittelbare Besitzerin des Kellerraumes geworden. Da der Beklagte Ziff. 1 seine Verpflichtungen aus dem Kaufvertrag nicht erfüllt habe, könne sie nunmehr die Verschaffung des unmittelbaren Besitzes v...