Entscheidungsstichwort (Thema)
Unfallbegriff in der privaten Unfallversicherung
Leitsatz (amtlich)
1. Zur Abgrenzung zwischen einem versicherten Unfallereignis und einer nicht unter den Versicherungsschutz fallenden Verletzung durch Eigenbewegung an oder mit einem Gegenstand.
2. Auch wenn sich der Versicherungsschutz in Erweiterung des Unfallbegriffs bedingungsgemäß auch auf die Zerrung oder Zerreißung von "Muskeln, Sehnen, Bändern oder Kapseln" durch "erhöhte Kraftanstrengung" erstreckt, wird hiervon eine durch Eigenbewegung verursachte Meniskusverletzung nicht erfasst.
Zum Sachverhalt (redaktionelle Bearbeitung):
Der Kläger, von Beruf Monteur/Rohrleitungsbauer, macht gegen die Beklagte im Zusammenhang mit einer am 24.07.2014 erlittenen Verletzung (horizontaler Riss im Innenmeniskushinterhorn, Gelenkerguss, Plica suprapatellaris) Ansprüche aus einer bei dieser bestehenden Unfallversicherung geltend.
Der Kläger unterhält seit dem 27.05.2014 bei der Beklagten eine private Unfallversicherung. Die einbezogenen Versicherungsbedingungen (AUB) lauten auszugsweise:
§ 1 AUB:
"1. Ein Unfall liegt vor, wenn die versicherte Person durch ein plötzlich von außen auf ihren Körper wirkendes Ereignis unfreiwillig eine Gesundheitsschädigung erleidet oder wenn durch eine erhöhte Kraftanstrengung ein Gelenk verrenkt, Muskeln, Sehnen, Bänder oder Kapseln gezerrt oder zerrissen werden.
(...)"
§ 23 AUB:
"(...)
2 f) Haben Erkrankungen oder Gebrechen an den Unfallfolgen mitgewirkt, mindert sich der Prozentsatz des Invaliditätsgrades entsprechend dem Anteil der Erkrankung oder des Gebrechens. Beträgt dieser Anteil weniger als 50 %, verzichten wir auf diese Kürzung."
Wegen des Vorfalls vom 24.07.2014 war der Kläger am selben Tag zunächst im Klinikum und sodann in ärztlicher Behandlung. Nachdem der Kläger der Beklagten den Vorfall als versichertes Unfallereignis gemeldet hatte, forderte diese zunächst weitere Unterlagen an und lehnte letztendlich mit Schreiben vom 15.06.2015 Leistungen aus der Unfallversicherung mit dem Hinweis darauf ab, dass kein Unfall vorliege.
Der Kläger hat vorgetragen, er sei am 24.07.2014 für seine Arbeitgeberin auf einer Baustelle gewesen, um dort Pulverbeschichtungsmaschinen aufzustellen und in Betrieb zu setzen. Er habe sich im unteren Teil der Maschine befunden, um etwas zu schrauben, während sein linkes Knie fest in einer "Schiene", d.h. zwischen zwei dort verlaufenden Materialbändern gewesen sei. Weil er ein Werkzeug gebraucht habe, habe er sich umgedreht und den Oberkörper nach rechts gedreht. Dabei habe er einen "Knackser" im linken Knie und sofort Schmerzen gespürt. Das Knie sei angeschwollen. Er sei daraufhin aus der Maschine herausgegangen und auf die Leiter, die zur oberen Etage der Maschine geführt habe, gestiegen. Bereits auf der ersten Sprosse habe sein Knie erneut geknackt. Es liege ein Dauerschaden vor. Er ist der Meinung, das Schadensereignis sei als Unfall im Sinne der Versicherungsbedingungen zu werten. Insbesondere fehle es nicht an einem äußeren Ereignis. Erst durch den Kontakt äußerer Umstände (Schiene) sei die an sich unschädliche Eigenbewegung des Klägers außer Kontrolle geraten. Durch die Verletzung des Innenmeniskus im linken Knie sei eine Invalidität eingetreten. Bei dem vereinbarten Gliedertaxewert von 60 % für das Bein ergebe sich anhand der Versicherungssumme und der vereinbarten Progression eine Leistung aus der Versicherungssumme in Höhe von 305 %, somit in Höhe von 61.000,00 EUR. Hiervon macht der Kläger klageweise 55 % geltend, mithin 33.500,00 EUR.
Die Beklagte hat den vom Kläger vorgetragenen Unfallhergang bestritten, der mit seiner Schilderung beim Durchgangsarzt nicht übereinstimme. Weiter liege kein Unfallereignis im Sinne des § 1 Ziff. 1 AUB vor, da es an einer von außen auf den Körper einwirkenden Kraft im Sinne eines Ereignisses fehle, nachdem der Kläger eine Bewegung vollständig plan- und willensgemäß ausgeführt habe. Sie hat des Weiteren die Kausalität zwischen dem behaupteten Unfallgeschehen und dem behaupteten Dauerschaden des Klägers bestritten. Der Meniskusschaden sei degenerativer Natur. Jedenfalls müsse wegen der degenerativen Vorschädigung eine Kürzung nach § 23 Ziff. 2 f AUB erfolgen.
Das Landgericht Karlsruhe hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass kein bedingungsgemäßer Unfall vorliege. Die vom Kläger hiergegen eingelegte Berufung blieb ohne Erfolg.
Normenkette
VVG § 178
Verfahrensgang
LG Karlsruhe (Urteil vom 22.06.2018; Aktenzeichen 8 O 153/17) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 22.06.2018, Az. 8 O 153/17, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Karlsruhe ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger ist befugt, die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nic...