Entscheidungsstichwort (Thema)
Provisionsanspruch des Reisebüros für vermittelte Flugreisen; IATA-Mustervertrag
Leitsatz (amtlich)
1. § 87b HGB stellt auf die zum Zeitpunkt des jeweiligen Geschäfts übliche Provision ab. Ist nur die übliche Provision nach § 87b Abs. 1 HGB geschuldet, kann der Provisionssatz je nach dem Zeitpunkt des vermittelten Geschäfts schwanken.
2. Nach dem IATA-Mustervertrag steht den Fluggesellschaften zur Provisionshöhe gegenüber den Reisebüros ein Bestimmungsrecht zu.
Verfahrensgang
LG Freiburg i. Br. (Urteil vom 11.07.2007) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Freiburg vom 11.7.2007 wird zurückgewiesen.
2. Soweit die Klägerin die Berufung gegen das Urteil des LG Freiburg vom 11.7.2007 zurückgenommen hat, wird sie des Rechtsmittels der Berufung für verlustig erklärt.
3. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I. Die Parteien streiten um die Auszahlung von Provisionen.
Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird auf das Urteil des LG Freiburg vom 11.7.2007 Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Gegen dieses Urteil hat die Klägerin (ein Reisebüro) Berufung eingelegt, mit der sie die von ihr behaupteten Provisionsansprüche gegen die ehemalige S. (eine Fluggesellschaft) weiterverfolgt.
Die Klägerin macht geltend, das LG habe überraschend angenommen, dass eine Änderung der Provisionshöhe stillschweigend vereinbart worden sei. Dies treffe nicht zu, weil die Buchung ausschließlich über Computer erfolge. Auf die Programme habe die Klägerin keinen Einfluss. Insbesondere könne sie den in der Eingabemaske vorgegebenen Provisionssatz nicht verändern. Änderungen in einem Vertragsverhältnis bedürften einer Kündigung. Eine solche Erklärung habe die Beklagte nicht abgegeben.
Eine Provision von 9 % sei für die Vermittlung von Flugreisen seit den achtziger Jahren üblich gewesen. Sämtliche Fluggesellschaften hätten diesen Provisionssatz gezahlt. Daher habe sich auch die Beklagte darauf berufen, die Provisionen durch Kündigungserklärung vom 1.7.2000 von 9 % auf 7 % bzw. 5 % reduziert zu haben.
Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des Urteils des LG Freiburg vom 11.7.2007 die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 7.424,23 EUR nebst Zinsen i.H.v. acht Prozentpunkten aus
aus 83,96 EUR seit 1.3.2001,
aus weiteren 67,16 EUR seit 1.3.2002,
aus weiteren 1.778,31 EUR seit 1.3.2003,
aus weiteren 4.348,56 EUR seit 1.3.2004 und
aus weiteren 1.207,68 EUR seit 1.3.2005
zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das landgerichtliche Urteil. Es handele sich um keine Überraschungsentscheidung. Das LG nehme zutreffend an, dass der Buchungsvorgang selbst jeweils die Annahmeerklärung durch die Klägerin enthalte, das Geschäft zu dem in der Maske angegebenen Provisionssatz zu vermitteln. Außerdem sei die Behauptung der Klägerin unglaubwürdig, die Absenkung der Provisionssätze nicht bemerkt zu haben. Eine Vereinbarung über die Höhe der Provisionssätze bestehe nicht. Im Jahr 2000 seien lediglich die üblichen Provisionssätze abgesenkt worden.
Entscheidungsgründe
II. Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.
1. Ein Zahlungsanspruch besteht nicht.
a) Der Zahlungsantrag ist hinreichend bestimmt. Die Klägerin gibt zwar nicht an, für welche einzelnen Geschäfte sie Provision verlangt, sondern stützt sich auf einen Jahresbetrag für die in einem jeweiligen Kalenderjahr vermittelten Geschäfte. Dies genügt im Streitfall aber für die Bestimmtheit des Klageantrags, weil die Klägerin behauptet, dies betreffe sämtliche von ihr vermittelten Geschäfte in den jeweiligen Kalenderjahren.
b) Die Zahlungsklage ist aber unbegründet.
aa) Es kann unterstellt werden, dass zwischen der Klägerin und der Beklagten ein Handelsvertretervertrag bestand. Dabei kann weiterhin unterstellt werden, dass die Klägerin grundsätzlich einen Anspruch auf Provisionszahlungen für von ihr vermittelte Flugreisen hat.
bb) Die Klägerin hat aber keinen Anspruch gegen die Beklagte auf eine Provision i.H.v. 9 % für sämtliche in den Jahren 2000 bis 2004 vermittelten Flugreisen der Beklagten.
(1) Eine (ausdrückliche oder konkludente) Vereinbarung über die Provisionshöhe zwischen den Parteien besteht nicht.
Die Klägerin behauptet selbst nicht, dass eine bestimmte Provisionshöhe zwischen den Parteien rechtsgeschäftlich vereinbart worden sei. Die in erster Instanz einmal aufgestellte Behauptung, es gebe eine schriftliche Provisionsvereinbarung zwischen den Parteien, hält die Klägerin nicht mehr aufrecht. Auf den Hinweis zur mündlichen Verhandlung, wonach eine Vereinbarung eines Provisionssatzes nicht schlüssig dargetan sei, hat die Klägerin keine rechtsgeschäftliche Vereinbarung zwischen den Parteien über die Provisionshöhe dargelegt.
Ebenso wenig hat die Klägerin die Voraussetzungen für eine konkludente Vereinbarung zwischen den Parteien dargetan, dass für die vermittelten Flugreisen auf Dauer eine Provision von 9 % gezahlt ...