Leitsatz (amtlich)
Ein Schadensersatzprozess, in dem der Versicherte sich auf Verletzung von Nebenpflichten des Kreditgebers in Bezug auf die Renditemöglichkeiten einer zu erwerbenden, noch nicht ganz fertiggestellten Immobilie stützt, unterfällt nicht dem Risikoausschluss des § 4 Abs. 1k ARB 75 (Baurisiko).
Normenkette
ARB 75 § 4 Abs. 1k
Verfahrensgang
LG Mannheim (Aktenzeichen 5 O 62/01) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Mannheim vom 8.11.2001 – 5 U 62/01 – wird zurückgewiesen
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin erwarb 1997 eine Eigentumswohnung in einer wohl noch nicht völlig fertiggestellten Anlage. Dem Kreditgeber wirft sie vor, er sei seinen Aufklärungspflichten bezüglich der Risiken einer rentablen Vermietung des Anlageobjekts nicht nachgekommen, und nimmt ihn auf Schadensersatz in Anspruch, da die Anlage ihr einen Verlust eingebracht hat.
Der beklagte Rechtsschutzversicherer hat der Klägerin unter Berufung auf § 4 Abs. 1k ARB 75 Deckungsschutz versagt. Das LG hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben.
Entscheidungsgründe
Die Klägerin kann Gewährung von Versicherungsschutz beanspruchen. Die Deckungsschutzklage ist begründet, weil der von der Klägerin beabsichtigte Rechtsstreit gegen die D. AG … nicht unter den Risikoausschluss des § 4 Abs. 1k ARB 75 fällt. Der Rechtsstreit betrifft die Finanzierung des Erwerbs einer Immobilie und stützt sich auf Verletzung von Nebenpflichten, die nach Ansicht der Klägerin die finanzierende D. AG zu erfüllen hatte. Die Beklagte meint, es handle sich um einen Streit über die vom Risikoausschluss nach ihrer Ansicht mitumfasste Baufinanzierung.
Gem. § 4 Abs. 1k ARB 75 bezieht sich der Versicherungsschutz nicht auf die Wahrnehmung rechtlicher Interessen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Planung, Errichtung oder genehmigungspflichtigen baurechtlichen Veränderungen eines vom Versicherungsnehmer zu erwerbenden Grundstücks, Gebäude oder Gebäudeteils stehen. Bei der Auslegung dessen, was i.S.d. § 4 Abs. 1k ARB in einem unmittelbarem Zusammenhang mit der Planung und Errichtung eines Gebäudes steht, ist von dem Grundsatz auszugehen, dass Ausschlussklauseln nicht weiter ausgedehnt werden dürfen, als ihr Sinn unter Beachtung ihres wirtschaftlichen Zwecks und der gewählten Ausdrucksweise erfordert (BGHZ 65, 142 = 1976, 128; BGH v. 16.10.1985 – IVa ZR 49/84, VersR 1986, 132 = MDR 1986, 296). Zweck der Ausschlussklausel ist es, die erfahrungsgemäß besonders kostenträchtigen und im Kostenrisiko schwer überschaubaren und kaum kalkulierbaren rechtlichen Auseinandersetzungen und Baumaßnahmen aller Art und diese unmittelbar begleitenden Vorgänge von der Versicherung auszunehmen, weil nur für einen relativ kleinen Teil in der Risikogemeinschaft zusammengeschlossener Versicherungsnehmer ein solches Risiko entstehen kann. Ob danach die mit der Baufinanzierung zusammenhängenden Fragen unter den Ausschuss fallen, ist umstritten (BGH v. 16.10.1985 – IVa ZR 49/84, VersR 1986, 132 = MDR 1986, 296 unter Hinweis auf Böhme, ARB, 4. Aufl., § 4 Rz. 34; Harbauer, Rechtsschutzversicherung, 4. Aufl., § 4 Rz. 109).
Auch unter Beachtung dieser billigenswerten Zielsetzung der Ausschlussklausel kann jedoch nicht übersehen werden, dass die Fassung selbst wenig geglückt und in ihrem Wortsinn nicht eindeutig ist (BGH v. 1.2.1989 – IVa ZR 247/87, VersR 1989, 470 = MDR 1989, 619). Einem verständigen Versicherungsnehmer erschließt sich nicht ohne weiteres, dass neben dem erkennbar kostenträchtigen „Baurisiko” auch Finanzierungsstreitigkeiten von der Klausel mitumfasst sein sollen. Sollte der Ausschluss in jedem Fall die Baufinanzierung mit umfassen, so hätte es einer – durchaus möglichen, dem Versicherer abzuverlangenden und mit § 3 Nr. 1d. dd. ARB 94 zwischenzeitlich auch umgesetzten – klareren Fassung bedurft (vgl. auch BGH v. 1.2.1989 – IVa ZR 247/87, VersR 1989, 470 = MDR 1989, 619). Nach Auffassung des Senats kann der Zusammenhang zwischen der Baufinanzierung und der Planung, Errichtung oder genehmigungspflichtigen baurechtlichen Veränderungen eines Gebäudes aus Sicht eines verständigen Versicherungsnehmers, der in den Bedingungen keinen Hinweis auf die Baufinanzierung findet, nur als ein mittelbarer verstanden werden. Allerdings würde sich der Senat damit in Widerspruch setzen zu der ganz überwiegenden Ansicht in Rechtsprechung und Literatur (vgl. BGH v. 16.10.1985 – IVa ZR 49/84, VersR 1986, 132 = MDR 1986, 296; OLG Stuttgart v. 21.1.2000 – 9 W 58/99, MDR 2000, 335 = OLGReport Stuttgart 2000, 87; Harbauer, Rechtsschutzversicherung, 4. Aufl., § 4 Rz. 109; Kurzka, r+s 1999, 511). Für die Entscheidung des vorliegenden Falles folgt der Senat deshalb der Auslegung des BGH.
Danach ist maßgebend für die Anwendung des Risikoausschlusses, ob das im Rechtsschutzfall wahrzunehmende Interesse in einem qualifizierten Zusammenhang s...