Leitsatz (amtlich)

1. Die Zuständigkeit der Rheinschifffahrtsgerichte, ebenso wie die der Schifffahrtsgerichte, ist keine (positiv) ausschließliche. Denn Art. 35ter Revidierte Rheinschifffahrtsakte (Mannheimer Akte) lässt in zivilrechtlichen Streitigkeiten die Prorogation sowohl bezüglich der örtlichen als auch der sachlichen Zuständigkeit zu (sofern das innerstaatliche Recht dem nicht entgegensteht). Unzulässig ist lediglich die Vereinbarung der Zuständigkeit eines Rheinschifffahrtsgerichts außerhalb der in der Rheinschifffahrtsakte geregelten Fälle und dies bedeutet, dass für die Zuständigkeit der Rheinschifffahrtsgerichte lediglich eine sog. negative Ausschließlichkeit besteht.

2. Das Rheinschifffahrtsobergericht ist grundsätzlich nur dann Rechtsmittelinstanz, wenn das Urteil eines Rheinschifffahrtsgerichts mit der Berufung angefochten wird.

3. Der Grundsatz, wonach die Verkehrserwartung und die Verkehrssicherungspflicht auch bei Dunkelheit und unsichtigem Wetter es nicht erfordern, neben vorhandenen Warn- und Hinweisschildern und Ausleuchtung der Landerampe zusätzlich eine landseitige Sperre anzubringen, wenn eine Rheinfähre an der Landerampe nicht festgemacht hat (RhSchObG Karlsruhe NZV 1993, 153 = RheinschOG Karlsruhe v. 13.10.1992 - U 7/92 RhSch, NJW-RR 1993, 855 = VersR 1993, 1553), gilt weiterhin auch nach Ablösung der Vorschriften der Rhein-Fährenordnung durch die der Fährenbetriebsverordnung.

 

Normenkette

BGB § 823 Abs. 1; BinnSchiffVerfG §§ 11, 13; Revidierte Rheinschifffahrtsakte (Mannheimer Akte) Art. 35ter FäV § 9 Abs. 1 Zeichen 129 zu § 40 StVO

 

Verfahrensgang

AG Mannheim (Urteil vom 28.09.2006; Aktenzeichen 11 C 230/06)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des AG Mannheim vom 29.9.2006 - 11 C 230/06 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin fordert von der Beklagten Schadensersatz wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht.

Die Klägerin stürzte am 15.11.2004 gegen 20:10 Uhr mit einem von ihr geführten Pkw am Ende der Anlegestelle auf dem geographisch rechten, Mannheimer Ufer der von der Beklagten betriebenen, von der Klägerin regelmäßig genutzten Rheinfähre bei dichtem Nebel in den Rhein.

Die Klägerin hat im ersten Rechtszug vorgetragen, sie sei äußerst vorsichtig zur Anlegestelle hinunter gefahren. Sie habe davon ausgehen dürfen, dass die Fähre bereits die Anlegestelle erreicht habe. Dann habe sie plötzlich nichts mehr gesehen, habe das Fahrzeug angehalten, sei aber bereits mit den Rädern über das Ende der Rampe gerutscht und das Fahrzeug sei langsam vornüber in den Rhein gefallen. Geistesgegenwärtig habe sie das Fenster geöffnet und sei aus dem bereits voll laufenden Fahrzeug herausgeschwommen. Sie sei dann aus dem Wasser gezogen und wegen starker Unterkühlung in ein Krankenhaus gebracht worden. Aufgrund des Unfallgeschehens habe sie einen erheblichen Schock und eine monatelang anhaltende Angstpsychose erlitten. Das Fahrzeug sei nach dem Unfallgeschehen aus dem Rhein geborgen worden.

Die Beklagte sei verpflichtet gewesen, eine Absperrung anzubringen und sei daher zum Ersatz des der Klägerin entstandenen Sachschadens sowie im Hinblick auf die erlittenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen zur Schmerzensgeldzahlung verpflichtet.

Die Klägerin hat beantragt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin ein Schmerzensgeld, dessen Höhe in

das Ermessen des Gerichts gestellt wird, nebst Zinsen aus diesem Betrag i.H.v. 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 2.2.2005 zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 332 EUR nebst Zinsen aus diesem Betrag i.H.v. 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit 2.2.2005 sowie 120,34 EUR nebst 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage kostenfällig zurückzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, eine Absperrung sei nicht erforderlich, da die Führer von Kraftfahrzeugen weit vor der Auffahrt auf das Fährschiff mit einem Stoppschild aufgefordert würden, anzuhalten und die Ankunft der Fähre abzuwarten.

Mit am 29.9.2006 verkündetem Urteil, auf das wegen der Feststellungen und aller weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird, hat das AG die Klage abgewiesen.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer zunächst beim LG Mannheim eingelegten Berufung, das mit Beschluss vom 7.12.2006 mit Zustimmung der Parteien die Sache gemäß 13 BinnSchiffVerfG an das Rheinschifffahrtsobergericht abgegeben hat.

Sie wiederholt und vertieft ihre erstinstanzlichen Ausführungen und trägt ergänzend vor:

Das AG habe die Tragweite der Verkehrssicherungspflicht verkannt. Die in der Entscheidung des Rheinschifffahrtsobergerichts Karlsruhe (RheinschOG Karlsruhe v. 13.10.1992 - U 7/92 RhSch, NJW-RR 1993, 855) herangezogenen Bestimmungen der RhFährO seien durch Verordnung vom 1.7.1995 außer Kraft gesetzt. Die Beklagte habe es unterlassen, die im Fährprüfungsbuch erwähnte Sperrkette am Rampenwagen...

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