Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftung des Geschäftsherrn für Unterschlagungen des Handelsvertreters
Leitsatz (amtlich)
Nimmt ein Handelsvertreter, der keine Inkassovollmacht besitzt, Kundengelder entgegen, kommt eine Haftung des Geschäftsherrn für den Handelsvertreter gem. § 278 BGB in Betracht, wenn der Handelsvertreter die Kundengelder unterschlägt.
Verfahrensgang
LG Karlsruhe (Urteil vom 17.10.2001; Aktenzeichen 6 O 153/01) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG Karlsruhe vom 17.10.2001 - 6 O 153/01 - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:
Die Beklagte wird, als Gesamtschuldnerin neben Frau A. An. haftend, verurteilt, an die Klägerin 20.451,68 Euro nebst 4,75 % Zinsen hieraus seit dem 15.3.1998 zu zahlen, und zwar Zug um Zug gegen Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung des Versäumnisurteils des LG Freiburg - 8 O 89/00 - im Verfahren R.W. gegen A. An.
Die weiter gehende Klage wird abgewiesen.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten beider Rechtszüge.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann eine Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung i.H.v. 35.000 Euro abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin gab ihrer Schwester A. An. am 15.3.1998 einen Betrag von 40.000 DM in bar. Das Geld sollte nach dem Willen der Klägerin für sie in einem Investmentfonds angelegt werden. Frau A. An. unterschlug jedoch das ihr übergebene Geld. Ihr Aufenthaltsort war seit März 1998 bis zum 5.5.2004 unbekannt. Mit einem am 28.9.2000 zugestellten Versäumnisurteil wurde Frau A. An. zur Zahlung von 40.000 DM nebst Zinsen an die Klägerin verurteilt. Die Klägerin verlangt nun auch von der Beklagten, der V. GmbH, Schadensersatz in gleicher Höhe, weil diese für das Verhalten der Frau A. An. hafte.
Die Beklagte ist als Vermögensverwalterin für ihre Kunden tätig; außerdem vermittelt sie Finanzanlagen, insb. in Investmentfonds. In der Zeit von November 1997 bis März 1998 war die Schwester der Klägerin, Frau A. An., für die Beklagte als freie Handelsvertreterin tätig.
Frau A. An. gab bei Besuchen bei der Klägerin Anfang 1998 an, dass sie für die V. tätig sei. Bei der Geldübergabe am 5.3.1998 übergab Frau An. der Klägerin ein vorformuliertes Schriftstück mit folgendem Text:
"Hiermit bestätige ich, dass Frau R. W. mir 40.000 DM zur Weiterleitung bzw. zur Geldanlage an die V. GmbH K., übergeben hat.
Die Unterlagen erhält Sie von o.g. Firma."
Im Kopf des Schriftstücks war die Beklagte mit vollständiger Firmenbezeichnung und Anschrift bezeichnet. Frau An. unterschrieb dieses Schriftstück in Gegenwart der Klägerin. Der Betrag von 40.000 DM wurde von Frau An. zu keinem Zeitpunkt an die Beklagte weitergeleitet.
Die Klägerin hat von der Beklagten erstinstanzlich Schadensersatz i.H.v. 40.000 DM nebst 4,75 % Zinsen seit dem 15.3.1998 verlangt. Die Klägerin hat diesen Anspruch insb. auf den rechtlichen Gesichtspunkt der c.i.c. gestützt. Das LG hat die Klage abgewiesen. Das LG hat die Auffassung vertreten, es sei bereits zweifelhaft, ob die Schwester der Klägerin bei der Entgegennahme des Geldes für die Beklagte oder im eigenen Namen aufgetreten sei. Aus dem Schriftstück vom 5.3. 1998 ergebe sich nicht, dass Frau An. den Geldempfang im Namen der Beklagten quittiert habe. Die Klägerin habe erkennen können, dass bei diesem Schriftstück ein Briefkopf der Beklagten von Frau An. zu Täuschungszwecken hineinkopiert wurde. In jedem Fall sei der Beklagten das Fehlverhalten der Frau An. nicht zuzurechnen, da die Entgegennahme von Geld nicht zum Aufgabenkreis der Frau An. im Rahmen ihrer Tätigkeit für die Beklagte gehört habe. Die Beklagte könne auch nicht dafür haften, dass Frau An. ihre verwandtschaftliche Beziehung zur Klägerin - und das daraus resultierende Vertrauen der Klägerin - missbraucht habe.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin. Sie ist der Meinung, aus dem Schriftstück vom 5.3.1998 ergebe sich, dass Frau An. für die Beklagte aufgetreten sei und für diese auch das Geld in Empfang genommen habe. Ohne diese Quittung mit dem Briefkopf der Beklagten wäre die Klägerin nicht bereit gewesen, ihrer Schwester den Betrag von 40.000 DM zu übergeben. Die Klägerin ist der Meinung, die Beklagte hafte für das Verhalten von Frau An. gem. § 278 a.F. BGB.
Die Klägerin beantragt, die Beklagte, als Gesamtschuldnerin neben Frau A. An. haftend, unter Aufhebung des Urteils des LG Karlsruhe vom 17.10.2001 - 6 O 153/01 - zu verurteilen, an die Klägerin 40.000 DM nebst 4,75 % Zinsen seit 15.3.1998 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG kostenpflichtig abzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das Urteil des LG. Sie ist der Auffassung, es habe zwischen ihr und der Klägerin keine Situation einer Vertragsanbahnung bestanden, die eine Haftung aus c.i.c. rechtfertigen könne. Es sei insb. nicht feststellbar, das...