Leitsatz (amtlich)
Hinsichtlich des Umfanges der Rechtskraftwirkung eines die Schadensersatzklage eines Kapitalanlegers abweisenden Urteils besteht ein Gleichlauf mit der Beurteilung der Verjährung von Ansprüchen wegen der Verletzung mehrerer Aufklärungspflichten, so dass die einzelnen Pflichtverstöße, auch wenn sie in einem einheitlichen Beratungsvorgang erfolgt sind, als unterschiedliche Streitgegenstände zu behandeln sind.
Normenkette
BGB § 280
Verfahrensgang
LG Mannheim (Urteil vom 08.06.2011; Aktenzeichen 6 O 52/10) |
LG Mannheim (Urteil vom 24.11.2010; Aktenzeichen 6 O 52/10) |
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin werden unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel das Teilurteil vom 24.11.2010 und das Schlussurteil des LG Mannheim vom 8.6.2011 - 6 O 52/10 - letzteres lediglich im Kostenpunkt - aufgehoben, wie folgt abgeändert und neu gefasst:
1. Die Beklagte 1 wird verurteilt, an die Klägerin 218.061 EUR Zug um Zug gegen Übertragung der Rechte aus der Beteiligung an der N. E.. F. -GmbH & Co. KG (Beitrittsnummer ...) nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 8.1.2009 zu bezahlen.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte 1 verpflichtet ist, der Klägerin als Zessionarin alle zukünftigen finanziellen Nachteile zu ersetzen, die der Zedent G. V. oder sie selbst infolge der Zeichnung der vorgenannten Beteiligung erleiden werden, insbesondere solche die mit der Verpflichtung zur Übertragung der wirtschaftlichen Beteiligung an dem streitgegenständlichen Gesellschaftsanteil an die Beklagte 1 in Zusammenhang stehen.
3. Im Übrigen bleibt die Klage gegen die Beklagte 1 abgewiesen.
II. Die Gerichtskosten tragen die Klägerin zu 62,5 % und die Beklagte 1 zu 37,5 %. Darüber hinaus trägt die Klägerin die außergerichtlichen Kosten der Beklagten 2, während die Beklagte 1 von den der außergerichtlichen Kosten der Klägerin 62,5 % und diese 25 % der außergerichtlichen Kosten der Beklagten 1 trägt. Im Übrigen behalten die Parteien ihre Kosten auf sich.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Soweit die Berufung der Klägerin gegen die Beklagte 2 zurückgewiesen wird, ist das angefochtene Schlussurteil ohne Sicherheitsleistung vollstreckbar.
Die jeweiligen Schuldnerinnen dürfen die Zwangsvollstreckung der Gegnerin gegen Sicherheitsleistung von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweilige Vollstreckungsgläubigerinnen vor Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages leisten.
IV. Die Revision wird hinsichtlich der Klage gegen die Beklagte 1 zugelassen.
V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 295.728,81 EUR festgesetzt.
Gründe
A. Die Klägerin nimmt die Beklagten aus abgetretenem Recht ihres Ehemanns (Zedent) auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung in Anspruch.
Der Zedent erwarb auf Empfehlung der Beklagten 1, seiner Hausbank, und der Beklagten 2, Vertriebsbeauftragte der genossenschaftlichen Bankengruppe, durch Beitrittserklärung vom 21.11.2003 Kommanditbeteiligungen i.H.v. insgesamt 240.000 EUR zzgl. 5 % Agio (12.000 EUR) an dem Filmfonds N. E. F.-GmbH & Co. KG (Anlage K 1). Dabei stand der Zweck der Steueroptimierung der Vermögensanlage im Vordergrund, weil der Zedent seine Steuerlast nach Verkauf seines Unternehmens im Jahre 2002 senken wollte.
In der Folgezeit entwickelte sich der Fonds nicht wie geplant. Die Schadensersatzklage des Zedenten gegen die Beklagte 1 wegen behaupteter Falschberatung wurde von dem LG Mannheim durch Urteil vom 23.1.2008 (3 O 40/07) rechtskräftig abgewiesen (Anlage K 5).
Mit der vorliegenden Klage macht die Klägerin erneut Schadensersatzansprüche wegen Prospekthaftung im weiteren Sinne (gegen die Beklagte 2), wegen Aufklärungsmängeln und wegen Verschweigens der den Beklagten zugeflossenen Provisionen i.H.v. 9 % der Anlagesumme (Beklagte 1) und 1,5 % der Anlagesumme (Beklagte 2) geltend. Die Klägerin nimmt die Beklagten als Gesamtschuldner in Anspruch und verlangt Rückzahlung der Anlagebeträge und Erstattung der entgangenen Zinsen aus einer sicheren Anlage, insgesamt einen Betrag von 267.864 EUR nebst Zinsen Zug um Zug gegen Abtretung der Kommanditanteile (Antrag 1a), sowie Ersatz der im Vorprozess aufgewendeten Rechtsverfolgungskosten von 22.864,81 EUR (Antrag 1b), Feststellung der Ersatzpflicht bezüglich des Zukunftsschadens (Antrag 2) sowie Feststellung, dass die Beklagten sich mit der Annahme der Kommanditanteile in Verzug befinden (Antrag 3).
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das angefochtene Teilurteil vom 24.11.2010 Bezug genommen.
Das LG hat die Zahlungsklage (Anträge 1a und b) gegen die Beklagte 1 durch dieses Teilurteil als unzulässig abgewiesen. Dem Klagebegehren gemäß Antrag 1a stehe die materielle Rechtskraft des Urteils des LG Mannheim vom 23.1.2008 entgegen. Der Streitgegenstand des neuen Rechtsstreits sei mit dem des Vorprozesses identisch. Denn die Schadensersatzrechtsfolge werde jeweils aus ein und demselben Sac...