Entscheidungsstichwort (Thema)
Forderungen
Leitsatz (amtlich)
1. Gegenüber der Honorarklage eines Architekten berechtigt eine Gegenforderung des Auftraggebers aus einem anderen Vertragsverhältnis nur zur Aufrechnung und nicht zur Verrechnung.
2. Ein Fall einer Verrechnung des Honoraranspruchs des Architekten und eines Gegenanspruchs des Auftraggebers aus dem gleichen Vertragsverhältnis ist nach der Differenztheorie nur dann gegeben, wenn der Auftraggeber die mangelhafte Architektenleistung insgesamt zurückweist und Schadensersatz wegen Nichterfüllung des gesamten Vertrages fordert. In allen anderen Fällen handelt es sich um eine Aufrechnung.
3. Die Aufrechnung kann in beiden Fallgestaltungen wirksam in der Weise beschränkt werden, daß eine Aufrechnung nur mit rechtskräftig festgestellten oder unbestrittenen Forderungen zulässig ist.
4. Der Umstand, daß die Gegenforderung des Auftraggebers zum Zeitpunkt der Geltendmachung des Architektenhonorars bereits verjährt ist und deshalb nicht mehr durchgesetzt werden kann, ändert an der Wirksamkeit des Aufrechnungsausschlusses nichts.
Normenkette
HOAI § 8; BGB § § 387 ff., § 9 Abs. 2; AGBG § 11 Nr. 3
Verfahrensgang
LG Karlsruhe (Aktenzeichen 8 O 93/97) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 28.08.1998, Az. 8 O 93/97, im Kostenpunkt aufgehoben und im übrigen wie folgt abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger DM 28.446,29 nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 01.05.1997 zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die weitergehende Berufung der Beklagten und die Anschlußberufung des Klägers werden zurückgewiesen.
III. Von den Kosten des ersten Rechtszuges trägt der Kläger 16 % und die Beklagte 84 %.
Von den Kosten des Berufungsrechtszuges trägt die Beklagte 80 % und der Kläger 20 %.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 2 ZPO abgesehen.
Die zulässige Berufung der Beklagten hat nur zu einem geringen Teil, die Anschlußberufung des Klägers hat keinen Erfolg.
I.
Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Vergütung von Architektenleistungen, die bei der Verwirklichung des Bauvorhabens „Am Landgraben, 2. Bauabschnitt” erbracht wurden, in Höhe von DM 28.446,29 zu.
1. Der Kläger ist Inhaber des Anspruchs auf Vergütung sowohl hinsichtlich der Leistungsphasen 1 bis 4 als auch hinsichtlich der Leistungsphasen 5 bis 8 gemäß § 15 Abs. 2 HOAI, wobei letzteres zwischen den Parteien nicht im Streit ist. Von einer fehlenden Aktivlegitimation hinsichtlich der Leistungsphasen Nr. 1 bis 4 kann nicht ausgegangen werden, obwohl nach den in der Berufungsinstanz vorgelegten Kopien der Baugesuchspläne und der Baubeschreibung – die mit dem Stempel Ingenieurbüro für Bauwesen S. & B. versehen sind – diese bereits Anfang Juni 1991 gefertigt und eingereicht wurden und das damals zwischen dem Kläger und dem Geschäftsführer der Beklagten bestehende Ingenieurbüro für Bauwesen S. & B. GdbR seine Tätigkeit aufgrund der Trennung der Partner erst im August 1991 eingestellt hat. Zum einen wurde der Kläger ausweislich des schriftlichen Architektenvertrages vom 22.10.1991 auch mit den Leistungsphasen Nr. 1 bis 4 gemäß § 15 Abs. 2 HOAI beauftragt. Zum anderen hat der Geschäftsführer der Beklagte und frühere Mitgesellschafter des Klägers bei seiner Anhörung vor dem Landgericht angegeben, der Kläger habe die Leistungen der Leistungsphasen 1 bis 4 erbracht und das sei auch in Ordnung so, daher sei auch bezahlt worden (Protokoll vom 24.03.1998, I 361). Aufgrund dieser Umstände ist davon auszugehen, daß – unabhängig davon, ob der ursprüngliche Architektenvertrag für dieses Bauvorhaben mit dem Ingenieurbüro für Bauwesen S. & B. zustande gekommen ist – aufgrund des neuen Architektenvertrages zwischen den Parteien und aufgrund eines Übereinkommens der früheren Gesellschafter dieses Ingenieurbüros nunmehr nur noch der Kläger Inhaber der Forderung ist und diese somit auch geltend machen kann.
2. Für die Leistungsphasen 1 bis 4 steht dem Kläger ein Honorar einschließlich Mehrwertsteuer in Höhe von insgesamt DM 10.761,12 zu. Gegen diese vom Landgericht errechnete Summe wird von der Beklagten nichts eingewandt.
Für die Leistungsphasen 5 bis 8 steht dem Kläger ein Honorar in Höhe von DM 40.085,34 brutto zu. Dabei ist von folgender Berechnung auszugehen:
Von den vom Landgericht in Ansatz gebrachten anrechenbaren Kosten für diese Leistungsphasen in Höhe von DM 1.040.942,30 sind nicht anrechenbare Kosten in einer Gesamthöhe von DM 64.028,95 in Abzug zu bringen. Die Beklagte weist zu Recht daraufhin (Berufungsbegründung unter 2. bis 5., II 27–33), daß die Kosten für die nichtöffentliche Erschließung sowie die Abwasser-, Versorgungs- und Verkehrsanlagen gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 4 HOAI nicht anrechenbare Grundleistungen darstellen. Der Kläger, der hinsichtlich der Voraussetzungen seines Honoraranspruchs in vollem Umfang darlegungs- und beweispflichtig ist, ist dem nicht entgegen getreten, so daß insoweit ...